Der Janusmann
Richtung Stadt. Der Himmel blieb grau. Der Wind blies so stark, dass ich manchmal gegenlenken musste. Ich bog auf die 295 ab und kam am Flughafen vorbei, der jenseits des schmalen Meeresarms links von mir lag. Rechts von mir befand sich die Rückseite der Ladenzeile, in der man das Dienstmädchen geschnappt, und die Rückseite des neuen Gewerbegebiets, in dem man sie vermutlich ermordet hatte. Ich fuhr geradeaus weiter und schlängelte mich dann durchs Straßengewirr des Hafenbezirks. Ich kam an dem unbebauten Grundstück vorüber, auf dem Beck seine Lastwagen stehen hatte. Eine Minute später erreichten wir das Lagerhaus.
Heute wimmelte es von Fahrzeugen. Entlang seiner Vorderfront waren fünf Autos eingeparkt. Es waren zwei schwarze Lincolns Town Car, zwei blaue Chevys Suburban und ein grauer Mercury Grand Marquis. Einer der Lincolns war der Wagen, in dem ich mit Harley gesessen hatte. Ich fuhr langsamer und sah mich nach einer Parkmöglichkeit um.
»Setzen Sie mich einfach hier ab«, sagte Beck.
Ich bremste und hielt. »Und?«
»Fahren Sie ins Haus zurück«, sagte er. »Kümmern Sie sich um meine Familie.«
Ich nickte. Vielleicht hatte Richard doch mit ihm gesprochen. Vielleicht hatte seine Zwiespältigkeit sich diesmal zu meinen Gunsten ausgewirkt.
»Okay«, sagte ich. »Wie Sie meinen. Soll ich Sie später abholen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich finde bestimmt jemanden, der mich mitnimmt.«
Er stieg aus und ging auf die verwitterte graue Tür zu. Ich bog ums Lagerhaus ab und fuhr in Richtung Süden zurück.
Diesmal benutzte ich statt der 295 die Route One und fuhr geradewegs zu dem neuen Gewerbegebiet. Lenkte den Wagen dort kreuz und quer über das Netz aus neuen Straßen, an denen sich ungefähr drei Dutzend identische Gebäude mit Blechverkleidungen befanden. Sie wirkten alle sehr schlicht. Dies war kein Gewerbegebiet, das die Aufmerksamkeit von Passanten erregen wollte. Fußgänger waren hier kaum zu sehen. Es gab keine Großmärkte, keine Werbung, keine großen Reklametafeln. Nur diskrete Gebäudenummern, unter denen Firmennamen standen. Aber es gab einen Schlüsseldienst, einen Fliesenhandel und mehrere kleine Druckereien. Ein ganzes Gebäude gehörte einem Großhandel mit Schönheitsprodukten. Im Gebäude 26 war eine Firma untergebracht, die Treppenlifte und elektrische Rollstühle vertrieb. Und nebenan stand Gebäude 27: Xavier eXport Company . Die Buchstaben X waren viel größer als die anderen. Über dem Firmennamen war die Anschrift der Zentrale angegeben, die nicht mit der hiesigen Adresse übereinstimmte. Ich vermutete sie irgendwo im Stadtzentrum von Portland. Also fuhr ich wieder nach Norden, überquerte nochmals den Fluss und fuhr dann kreuz und quer durch die Innenstadt.
Ich kam auf der Route One herein und bog nach rechts auf eine Straße mit Bürogebäuden ab. Aber dies waren die falschen Gebäude. Also kurvte ich weitere fünf Minuten durchs Geschäftsviertel, bis ich die richtige Straße gefunden hatte. Dann achtete ich auf die Hausnummern und hielt neben einem Hydranten vor einem Büroturm aus Stahl und Glas, über dessen Eingang Lettern aus Edelstahl seinen Namen verkündeten: Missionary House . Zu dem Gebäude gehörte eine Tiefgarage. Ich sah mir die Einfahrt an und war mir ziemlich sicher, dass Susan Duffy elf Wochen zuvor mit einer Kamera in der Hand diese Rampe hinuntergegangen war. Dann erinnerte ich mich an eine fünfundzwanzig Jahre zurückliegende Geschichtsstunde in der Highschool, als irgendein alter Lehrer uns von dem spanischen Jesuiten Francisco Javier erzählt hatte. Ich konnte mich sogar an seine Lebensdaten erinnern: 1506 bis 1552. Francisco Javier, spanischer Missionar. Francis Xavier, Missionary House. Ganz zu Anfang hatte Eliot behauptet, Beck mache schlechte Scherze. Aber er hatte sich getäuscht. Quinn war der Mann mit dem seltsamen Sinn für Humor.
Ich verließ meinen Parkplatz am Hydranten, fuhr zur Route One und folgte ihr nach Süden. Obwohl ich schnell unterwegs war, brauchte ich eine halbe Stunde, um den Kennebunk River zu erreichen. Vor dem Motel parkten drei Ford Taurus, alle schlicht und identisch bis auf die Lackierung: grau, graublau und blau. Ich parkte den Cadillac wieder hinter dem Propangastank und klopfte dann an Duffys Tür. Als sie mir öffnete, umarmten wir uns nicht. Hinter ihr im Zimmer sah ich Eliot und Villanueva sitzen.
»Warum kann ich diese andere Agentin nicht finden?«, fragte sie.
»Wo hast du
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