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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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vermutlich auch. Gleich jetzt.«
    »Bald«, sagte ich.
    Villanueva machte die beiden letzten Kisten auf.
    »Noch mehr komisches Zeug«, stellte er fest.
    Ich warf einen Blick in die Kiste. Auf Holzwolle lagen leuchtend gelb lackierte dicke Rohre. An ihren Unterseiten waren Elektronikmodule festgeschraubt.
    »Grails«, sagte ich. »SA-7 Grails. Russische Fla-Lenkwaffen.«
    »Um Flugzeuge abzuschießen?«, wollte Duffy wissen.
    Ich nickte. »Und echt gut gegen Hubschrauber.«
    »Reichweite?«, fragte Villanueva.
    »Bis in fast dreitausend Meter Höhe wirksam«, antwortete ich.
    »Damit könnte man ein Verkehrsflugzeug runterholen.«
    Ich nickte.
    »In der Nähe eines Flughafens«, sagte ich. »Bald nach dem Start. Man könnte die Waffe von einem Boot auf dem East River aus einsetzen. Stellt euch vor, man träfe eine Maschine, die vom Flughafen La Guardia startet. Sie würde auf Manhattan abstürzen. Das wäre dann wieder der elfte September.«
    Duffy starrte die gelben Rohre an.
    »Unglaublich«, sagte sie.
    »Hier geht’s nicht mehr nur um Drogenhändler«, erklärte ich. »Sie haben sich einen neuen Markt erschlossen. Hier geht’s um Terrorismus. Das ist die einzig mögliche Erklärung. Allein mit dieser Lieferung könnte man eine ganze Terroristenzelle bewaffnen.«
    »Wir müssen rauskriegen, welche Leute diese Waffen kaufen. Und was sie damit vorhaben.«
    Dann hörte ich Schritte vor der Tür des Glaskastens. Und das metallische Geräusch, mit dem eine Patrone in die Kammer einer Pistole glitt. Und eine Stimme.
    »Wir fragen nicht, wozu sie das Zeug brauchen«, sagte sie. »Das tun wir nie. Wir nehmen nur ihr verdammtes Geld.«

14
     
    Es war Harley. Sein Mund war ein ausgefranstes Loch über seinem Spitzbart. Ich konnte die gelben Zahnstummel sehen. Er grinste. In der rechten Hand hielt er eine Para Ordnance P14. Die Waffe, ein solider kanadischer Nachbau der Colt-Pistole 1911, war viel zu schwer für ihn. Mit einer Glock 19 wie Duffys wäre er viel besser bedient gewesen.
    »Mir ist aufgefallen, dass hier Licht brennt«, sagte er. »Wollte sicherheitshalber mal nachsehen.«
    Dann starrte er mich an.
    »Ich schätze, Paulie hat Mist gebaut«, fuhr er fort. »Und Sie haben seine Stimme imitiert, als Mr. Xavier angerufen hat.«
    Mein Blick fiel auf seinen rechten Zeigefinger. Er war in Position. Ich war wütend auf mich, weil ich Harley nicht bemerkt hatte, und überlegte, wie ich ihm beikommen konnte. Dachte dabei: Villanueva macht dich zur Schnecke, wenn du ihn umlegst, ohne ihn nach Teresa gefragt zu haben.
    »Wollen Sie mich den anderen nicht vorstellen?«, fragte er.
    »Das hier ist Harley«, sagte ich.
    Schweigen.
    »Wer sind diese anderen Leute?«, erkundigte er sich.
    Ich gab keine Antwort.
    »Wir sind Federal Agents«, sagte Duffy.
    »Was machen Sie denn hier?«, fragte Harley.
    Er stellte diese Frage in einem Tonfall, als interessierte ihn die Antwort wirklich. Diesmal trug er einen Anzug aus glänzend schwarzem Stoff, dazu ein weißes Hemd und eine silbergraue Krawatte. Er hatte sich die Haare gewaschen. Sein Pferdeschwanz wurde von einem neuen braunen Gummiband zusammengehalten.
    »Wir arbeiten hier«, entgegnete Duffy.
    Er nickte. »Reacher weiß, was wir mit Agentinnen machen. Er hat’s mit eigenen Augen gesehen.«
    »Sie sollten aussteigen, Harley«, sagte ich. »Mit Xavier ist’s bald aus.«
    »Glauben Sie?«
    »Ich weiß es.«
    »Diesen Eindruck vermitteln uns die Computer aber nicht. Unsere gemeinsame Freundin in dem Leichensack hatte ihren Leuten noch nichts gemeldet. Sie warten noch immer auf ihren ersten Bericht. Man könnte sogar glauben, sie hätten sie ganz vergessen.«
    »Wir haben nichts mit Computern zu tun.«
    »Umso besser«, sagte er. »Ihr arbeitet auf eigene Faust, niemand weiß, dass ihr hier seid, und ich habe euch alle vor meiner Pistole.«
    »So hat auch Paulie vor mir gestanden«, erwiderte ich.
    »Mit einer Waffe?«
    »Mit zweien.«
    Sein Blick glitt kurz nach unten.
    »Ich bin schlauer als Paulie«, sagte er. »Legt eure Hände auf den Kopf.«
    Wir taten, was er von uns verlangte.
    »Reacher hat eine Beretta«, fuhr er fort. »Da bin ich mir sicher. Und ich vermute, dass auch zwei Glocks im Raum sind. Wahrscheinlich eine 17 und eine 19. Ich möchte sie alle auf dem Fußboden sehen – langsam und vorsichtig, eine nach der anderen.«
    Keiner von uns bewegte sich. Harley zielte mit seiner P14 auf Duffy.
    »Die Frau fängt an«, befahl er. »Daumen und Zeigefinger.«
    Duffy

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