Der Janusmann
Fußboden eingelassene quadratische Klappe. Wäre sie im Flur gewesen, hätte ich vermutet, sie führe in einen Kriechraum unter dem Blockhaus. Aber sie war im Wohnzimmer. Ich holte eine Gabel aus der Küche und stemmte damit die Klappe auf. Unter ihr befand sich zwischen den Balken, die den Fußboden trugen, ein flaches Holzfach. Darin lag ein in einen halb durchsichtigen Plastikbeutel verpackter Schuhkarton, der dreitausend Dollar und zwei Schlüssel enthielt. Ich vermutete, dass sie zu Bank- oder Gepäckschließfächern passten. Ich steckte das Geld ein und ließ die Schlüssel, wo sie waren. Dann schloss ich die Klappe wieder, breitete den Läufer darüber, setzte mich mit der Beretta in der Tasche und der Ruger auf dem Schoß in einen Sessel und wartete.
»Pass auf dich auf«, sagte Duffy.
Ich nickte. »Klar.«
Villanueva sagte nichts. Ich stieg mit einer Beretta in der Tasche und je einer Persuader in beiden Händen aus dem Taurus. Verließ sofort die Straße, passte mich in geduckter Haltung den Felsblöcken an und machte mich auf den Weg nach Osten. Über den Wolken war es noch hell, aber ich war dunkel gekleidet und bewegte mich abseits der Straße, sodass ich vielleicht eine Chance hatte. Der stürmische Wind blies mir ins Gesicht, und ich konnte das Tosen der Brandung hören.
Ich bog um eine Kurve und sah, dass die Scheinwerfer auf der Mauer brannten. Sie leuchteten in bläulichem Weiß vor dem düsteren Himmel und würden mir vermutlich nützen. Der Kontrast zwischen dem elektrischen Licht und der Düsterkeit des Tages würde bedeuten, dass ich umso schwieriger zu erkennen war, je näher ich der Mauer kam. Also kletterte ich auf die Straße zurück und begann zu laufen. Ich näherte mich der Mauer so weit an, wie ich riskieren zu können glaubte, verschwand dann wieder zwischen den Felsen und folgte der Strandlinie. Ich konnte Salz und Seetang riechen. Die Felsen waren glitschig. Einzelne Wogen rollten über den Strand.
Ich stand still. Holte tief Atem. Erkannte, dass ich nicht um die Mauer herumschwimmen konnte. Diesmal nicht. Das wäre verrückt gewesen. Das Meer war viel zu aufgewühlt.
Kann nicht darum herumgehen, kann nicht darüber klettern, muss hindurchgehen.
Ich kletterte wieder zwischen den Felsen hinauf und betrat den hellen Bereich am Fuß der Mauer möglichst weit vom Tor entfernt. Ich befand mich ganz weit außen, wo das Mauerfundament zum Meer hinunter abfiel, und bewegte mich an die Mauer gepresst weiter. Dort war ich in Licht getaucht. Aber niemand, der sich östlich der Mauer aufhielt, konnte mich sehen, weil sie zwischen mir und dem Haus stand und mich weit überragte. Ich musste nur noch darauf achten, keinen der im Erdreich vergrabenen Sensoren auszulösen. Ich trat möglichst leicht auf und hoffte, dass es so dicht am Fuß der Mauer keine mehr gab.
Und das schien zu stimmen, denn ich erreichte das Pförtnerhäuschen, ohne Alarm auszulösen. Ich warf einen Blick durch den Spalt der nicht ganz zugezogenen Vorhänge des vorderen Fensters und sah den hell beleuchteten Wohnraum, in dem Paulies Nachfolger es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte. Es war ein Typ, den ich noch nicht kannte. Ungefähr in Dukes Alter und Größe. Knapp unter vierzig, vielleicht etwas schlanker als ich. Ich brachte einige Zeit damit zu, seine genaue Körpergröße einzuschätzen. Die würde eine Rolle spielen. Er war vermutlich fünf Zentimeter kleiner als ich, trug Jeans, ein weißes T-Shirt und darüber eine Jeansjacke. Also würde er wohl nicht zum Bankett gehen. Ich hoffte, dass er der einzige Mann auf diesem Posten war. Aber ich wollte nicht darauf wetten. Wer auch nur ein Mindestmaß an Vorsicht walten ließ, würde einen weiteren Mann vor der Haustür und vielleicht einen dritten am Fenster von Dukes Zimmer postieren. Sie wussten, dass Paulie seinen Auftrag nicht ausgeführt hatte und ich noch irgendwo hier draußen sein musste.
Ich konnte es mir nicht leisten, Lärm zu machen, indem ich den neuen Wachmann erschoss. Der Schussknall der Beretta hätte trotz des Sturms und des Tosens des Meeres alles übertönt. Also ging ich ein paar Meter weit zurück, legte die beiden Persuaders ab und zog Mantel und Sakko aus. Dann streifte ich mein Hemd über den Kopf und wickelte es mir um die linke Hand. Lehnte mich mit dem bloßen Rücken an die Mauer, schob mich seitlich bis zum Fensterrahmen vor und klopfte mit den Fingern der rechten Hand ganz leicht an die Unterkante der Scheibe, die durch den
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