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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Vorhang verdeckt war – ein kaum hörbares Rascheln und Trippeln wie von einer Maus.
    Das machte ich viermal, als ich aus dem Augenwinkel heraus wahrnahm, dass die Helligkeit hinter dem Vorhang plötzlich abnahm. Das bedeutete, dass der Mann aufgestanden war und sich die Nase an der Scheibe platt drückte und herauszufinden versuchte, was dort draußen dieses lästige Geräusch verursachte. Ich konzentrierte mich also darauf, die richtige Höhe abzuschätzen, drehte mich halb um die eigene Achse und führte mit meiner gepolsterten linken Faust einen gewaltigen Rundschlag, der erst die Scheibe zersplittern ließ und dann das Nasenbein des neuen Wachmanns zertrümmerte.
    Er sackte hinter der Fensterbank zusammen. Ich griff durch das große Loch in der Scheibe hinein, entriegelte das Fenster, stieß es auf und kletterte hinein. Der Kerl lag halb bewusstlos auf dem Boden. Blutete im Gesicht aus mehreren Wunden von Glassplittern. Ich überlegte einen Moment, ob ich versuchen sollte, etwas aus ihm herauszubekommen, aber letztlich konnte er mir nicht viel sagen. Damit er keine Möglichkeit hatte, mich zu verraten, brach ich ihm mit einem kurzen Ruck das Genick. Danach zog ich mein Hemd wieder an, kletterte hinaus, um Sakko, Mantel und Schrotflinten zu holen, stieg wieder ein, durchquerte den Wohnraum und sah durch das rückwärtige Fenster zum Haupthaus hinüber.
    »Scheiße«, sagte ich.
    Vor der Haustür parkte der Cadillac. Eliot war also nicht entkommen. Auch Elizabeth, Richard und die Köchin nicht. Das bedeutete, dass drei Nichtkombattanten die Sache komplizierten. Vier, falls sie Eliot noch nicht umgebracht hatten.
    Hinter dem Cadillac stand ein schwarzer Lincoln Town Car. Dahinter parkten zwei dunkelblaue Suburbans. Der Lieferwagen des Partydienstes war nirgends zu sehen. Möglicherweise stand er auf der anderen Seite neben dem Hintereingang. Oder er kam erst später. Oder auch gar nicht. Vielleicht würde es hier kein Bankett geben. Vielleicht hatte ich Mist gebaut und die Situation völlig falsch eingeschätzt.
    Ich starrte ins Halbdunkel, in dem das Haus lag. Am Eingang war kein Wachposten zu entdecken. Andererseits würde bei diesem Wetter jeder, der auch nur einen Funken Verstand besaß, in der Eingangshalle stehen und durch eines der Fenster nach draußen sehen. Auch am Fenster von Dukes Zimmer war niemand zu erkennen. Doch es stand noch immer so offen, wie ich es zurückgelassen hatte. Wahrscheinlich hing dahinter das NSW weiter an seiner Kette.
    Ich begutachtete nochmals die Fahrzeuge. Der Town Car konnte vier Personen befördert haben. Die beiden Suburbans waren siebensitzig. Maximal achtzehn Personen. Vielleicht zwölf bis fünfzehn Hauptfiguren mit drei bis sechs Leibwächtern. Vielleicht täuschte ich mich aber auch gewaltig.
    Nur eine Möglichkeit, das festzustellen.
    Und das war der schwierigste Teil. Ich musste den taghell ausgeleuchteten Bereich vor der Mauer überwinden. Ich überlegte, ob ich den Hauptschalter suchen sollte, um die Scheinwerfer auszuschalten. Aber damit hätte ich augenblicklich die Leute im Haus alarmiert.
    Also musste ich den angestrahlten Bereich irgendwie überwinden. Es gab zwei Möglichkeiten. Die eine war, geradewegs aufs Haus zuzurennen. Das würde die Zeit minimieren, in der ich tatsächlich in Licht getaucht war. Aber dazu musste ich mich sehr schnell bewegen – und schnelle Bewegungen erwecken sofort Aufmerksamkeit. Die andere Möglichkeit war, der Mauer bis ans Meer hinunter zu folgen. Sechzig Meter weit ganz langsam zu kriechen. Das würde quälend lange dauern. Aber es war vermutlich die bessere Option; denn die Scheinwerfer waren so auf der Mauer montiert, dass sie das Gelände davor beleuchteten. Zwischen dem Mauerfuß und der rückwärtigen Grenze des angestrahlten Bereichs würde eine Schattenzone liegen. Blieb ich in diesem schmalen Dreieck, konnte ich die Mauer entlang- und durch das Schussfeld des NSWs kriechen.
    Ich öffnete vorsichtig die Tür des Pförtnerhauses. Auf seinem Dach waren keine Scheinwerfer angebracht. Die begannen sechs bis sieben Meter weiter rechts, wo die Hauswand in die Mauer überging. Ich trat halb ins Freie und ging in die Hocke. Drehte mich neunzig Grad nach rechts und hielt nach meinem Tunnel Ausschau. Er war da, jedoch in Bodennähe nur knapp einen Meter breit. Und in Kopfhöhe schrumpfte er zu nichts zusammen. Außerdem sah er nicht sehr dunkel aus, denn das Erdreich reflektierte einen Teil des Lichts.
    Ich rutschte auf den Knien

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