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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Navy – hassten sie. Sie behaupteten, ihnen seien schon Dutzende dieser Pistolen um die Ohren geflogen. Mir hatte die M9 jedoch stets gute Dienste geleistet. Meiner Ansicht nach war es eine gute Waffe. Becks Exemplar schien fabrikneu zu sein. Ihr Finish war makellos, mit einem leichten Ölfilm überzogen, das Visier mit Leuchtfarbe markiert. Im Halbdunkel leuchtete es gespenstisch.
    Ich wartete.
    Beck stand unbeweglich mit der Pistole in der Hand da. Dann knallte er den Lauf in die linke Hand und nahm die Rechte vom Griff. Beugte sich über den Eichentisch und hielt mir die Waffe mit dem Griff voraus hin, höflich wie ein Verkäufer im Waffengeschäft.
    »Hoffentlich gefällt sie Ihnen«, sagte er. »Duke besaß eine Vorliebe für exotische Waffen wie die Steyr, die er hatte. Aber Ihnen müsste die Beretta wegen Ihrer früheren Tätigkeit vertrauter sein.«
    Ich stellte meine Kaffeetasse auf den Tisch und nahm die Pistole entgegen. Nahm das Magazin aus dem Griff, kontrollierte die Kammer, zog den Schlitten zurück und sah durch den Lauf. Er war nicht blockiert. Dies war kein Trick. Die Pistole funktionierte. Die Munition war echt, die M9 fabrikneu. Ich setzte sie wieder zusammen und behielt sie noch einen Augenblick in der Hand. Das war, als würde man einen alten Freund begrüßen. Dann lud ich die Pistole durch und steckte sie gesichert in die Tasche.
    »Danke«, sagte ich.
    Er griff in die Tasche und holte zwei Reservemagazine heraus.
    »Die gehören dazu«, sagte er.
    Ich griff danach.
    »Ich besorge Ihnen später weitere«, meinte er.
    »Okay.«
    »Haben Sie schon mal mit einem Laservisier geschossen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Es gibt eine Firma, die sich Laser Devices nennt«, erklärte er. »Sie baut ein Universalvisier für Handfeuerwaffen, das unter dem Lauf angebracht wird. Zum Lieferumfang gehört eine kleine Stablampe, die unter dem Visier angesteckt wird. Ein sehr cooles Gerät.«
    »Es erzeugt einen roten Lichtpunkt?«
    Er nickte lächelnd. »Niemand mag diesen roten Punkt auf sich gerichtet sehen, das steht fest.«
    »Teuer?«
    »Eigentlich nicht«, erwiderte er. »Ein paar hundert Dollar.«
    »Wie viel schwerer wird die Pistole dadurch?«
    »Ein Viertelpfund«, sagte er.
    »Nur vorn?«
    »Das Gewicht ist sogar nützlich«, sagte er. »Es verhindert, dass die Mündung beim Schuss hochschnellt. Die Pistole wird dadurch etwa dreizehn Prozent schwerer. Mit der Stablampe natürlich noch mehr. Je nach Ausführung beträgt das Gesamtgewicht dann elfhundert- bis zwölfhundertfünfzig Gramm. Damit wiegt sie weit weniger als die Anacondas, mit denen Sie hier angerückt sind. Wie schwer waren die – sechzehnhundertfünfzig Gramm?«
    »Ungeladen«, antwortete ich. »Mit sechs Patronen schwerer. Bekomme ich die irgendwann zurück?«
    »Ich hab sie für Sie in Verwahrung genommen«, antwortete er. »Sie bekommen sie später wieder.«
    »Danke«, sagte ich nochmals.
    »Wollen Sie’s mit dem Laservisier versuchen?«
    »Ich brauche eigentlich keines«, entgegnete ich.
    Er nickte wieder. »Wie Sie meinen. Aber ich will den besten Schutz, den ich kriegen kann.«
    »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen.«
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte er. »Allein. Ich habe einen Termin.«
    »Soll ich Sie nicht fahren?«
    »Zu dieser Art Termin muss ich allein hin. Sie bleiben hier. Wir reden später nochmal miteinander. Sie ziehen in Dukes Zimmer um, okay? Ich will meinen Leibwächter mehr in meiner Nähe haben.«
    Ich steckte die Reservemagazine in eine andere Tasche.
    »Okay«, sagte ich.
    Er ging an mir vorbei in die Eingangshalle und verschwand in Richtung Küche.
     
    Dies war ein Wechselbad der Gefühle, das einen vorübergehend bremsen kann. Extreme Anspannung, dann extreme Verwirrung. Ich ging durchs Haus und schaute aus einem der vorderen Fenster. Sah den Cadillac im Regen die Einfahrt in Richtung Tor rollen. Er hielt vor dem Tor, bis Paulie aus dem Pförtnerhäuschen kam und das Tor öffnete. Er trug einen gelben Regenmantel von der Größe eines Zirkuszelts.
    Ich wandte meinen Blick ab und machte mich auf den Weg, um Richard zu suchen. Er saß noch in der Küche bei seinem Kaffee.
    »Haben Sie heute Morgen einen Spaziergang am Strand gemacht?«, fragte ich ihn.
    Das sagte ich harmlos und freundlich, als wollte ich nur Konversation machen. Hatte er irgendwas zu verbergen, würde ich es merken. Er würde rot werden, zu Boden sehen, stottern und mit den Füßen scharren. Aber er tat nichts dergleichen. Er blieb

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