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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Finger auf die Sendetaste, drückte sie aber nicht. Stattdessen benutzte ich die Returntaste, um die Nachricht zu löschen. Sie verschwand von rechts nach links. Der kleine Cursor eliminierte einen Buchstaben nach dem anderen. Das wollte ich nur senden, wenn es sich nicht länger vermeiden ließ, wenn ich es sicher wusste.
    Ich sendete: Möglicherweise ist jemand in deinen Computer eingedrungen.
    Diesmal folgte eine lange Pause. Ich dachte schon, sie würde überhaupt nicht antworten, und stellte mir vor, wie sie ihr Kabel aus der Steckdose riss. Aber vielleicht hatte sie nur gerade nicht an ihrem Laptop gesessen, denn nach ungefähr vier Minuten schrieb sie lediglich: Wieso?
    Ich sendete: Hier ist die Rede von einem Hacker mit teilweisem Zugang zu staatlichen Systemen.
    Sie sendete: Mainframe oder LAN?
    Ich hatte keine Ahnung, was sie meinte, deshalb sendete ich: Weiß ich nicht.
    Sie fragte: Einzelheiten?
    Ich sendete: Nur Gerüchte. Protokollierst du den Ablauf auf deinem Laptop?
    Sie sendete: Nein!
    Ich sendete: Irgendwo?
    Sie sendete: Nein!!
    Ich sendete: Eliot?
    Nun folgte wieder eine mehrere Minuten lange Pause. Dann antwortete sie: Glaube ich nicht.
    Ich fragte: Weißt du’s, oder glaubst du’s?
    Sie sendete: Glaube.
    Ich starrte die gekachelte Wand vor mir an. Atmete langsam aus. Eliot ist schuld an Teresa Daniels Tod. Das war die einzige Erklärung. Aber vielleicht gab es eine andere. Vielleicht war es nicht er gewesen. Ich sendete: Können diese E-Mails mitgelesen werden?
    Schließlich schickten wir seit über sechzig Stunden laufend E-Mails hin und her. Sie hatte sich nach ihrer Agentin erkundigt. Ich hatte nach deren richtigem Namen gefragt und mich sicher nicht geschlechtsneutral ausgedrückt. Vielleicht hatte ich Teresa Daniel auf dem Gewissen.
    Ich hielt unwillkürlich den Atem an, bis Duffys Antwort kam: Unsere E-Mail ist verschlüsselt. Könnte theoretisch als Kode sichtbar gemacht werden, bleibt aber unleserlich.
    Ich atmete aus und sendete: Garantiert?
    Sie sendete: Todsicher.
    Ich sendete: Wie verschlüsselt?
    Sie sendete: NSA-Milliardenprojekt.
    Das beruhigte mich nur ein wenig. Manche Milliardenprojekte der National Security Agency stehen in der Washington Post, bevor sie überhaupt abgeschlossen sind. Und fehlerhafte Nachrichtenverbindungen verursachen mehr Scheiß als alles andere auf der Welt.
    Ich sendete: Eliot sofort nach Protokoll fragen.
    Sie sendete: Wird gemacht. Fortschritte?
    Ich tippte: Keine.
    Dann löschte ich dieses Wort und sendete: Bald. Ich wollte, dass sie sich besser fühlte.
     
    Ich ging ganz bis ins Erdgeschoss hinunter. Die Tür zum Salon stand offen. Elizabeth saß noch immer in ihrem Sessel. Dr. Schiwago lag mit dem Rücken nach oben auf ihrem Schoß, und sie starrte durchs Fenster in den Regen hinaus. Ich öffnete die Haustür und trat ins Freie. Der Metalldetektor piepste laut, weil die Beretta in meiner Tasche steckte. Ich folgte der Einfahrt zum Pförtnerhaus hinunter. Der Regen trommelte auf meinen Rücken und lief mir in den Nacken. Aber der Wind blies mich nach Westen, genau aufs Tor zu. Ich bewegte mich geradezu leichtfüßig. Der Rückweg würde mühsamer werden. Dann musste ich gegen den Wind ankämpfen, vorausgesetzt, dass ich überhaupt noch gehen konnte.
    Paulie sah mich kommen. Er verbrachte offenbar seine ganze Zeit in dem kleinen Gebäude, lief zwischen den vorderen und rückwärtigen Fenstern hin und her und beobachtete das Vorgelände wachsam wie ein Tier in seinem Bau. Jetzt kam er in seinem gelben Regenmantel heraus. Er musste den Kopf einziehen und sich zur Seite drehen, um durch die Tür zu kommen. Er blieb unter dem Dachvorsprung mit dem Rücken an die Hauswand gelehnt stehen. Aber der Dachvorsprung nützte ihm nichts. Der Wind trieb den Regen fast waagrecht vor sich her. Ich konnte hören, wie er auf den Regenmantel prasselte. Paulie trug keine Mütze. Sein Haar klebte klatschnass an seiner Stirn.
    Ich behielt beide Hände in den Manteltaschen, hatte die Schultern hochgezogen und mein Gesicht tief im Kragen vergraben. Meine rechte Hand umklammerte die Beretta. Die Waffe war durchgeladen und entsichert. Aber ich wollte sie nicht benutzen. Paulie zu erschießen, hätte komplizierter Erklärungen bedurft. Und er wäre nur von einem anderen ersetzt worden. Das wollte ich nicht. Nicht, bevor ich es für richtig hielt. Deshalb ließ ich die Beretta in der Manteltasche. Aber ich war darauf gefasst, sie einzusetzen.
    Ich blieb zwei Meter vor ihm

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