Der Jet-set-Dämon
Suchen. Er lag in einem grünen Tal, an dessen Hängen Wein wuchs. Unter dieser Sonne würde er prächtig gedeihen.
Das Schloß war nicht zu sehen, aber dort wollten wir auch nicht hin, sondern zu dem kleinen Dorffriedhof, der eingebettet zwischen den Reben lag und uns wie eine Kulisse vorkam.
Nicht nur die Hänge und die Reben bekamen die Sonnenstrahlen voll mit, der Friedhof ebenfalls. So lagen die Gräber im gleißenden Licht, und das Weiß der Grabsteine strahlte noch mehr ab.
Nur Idioten wie wir bewegten sich um diese Zeit. Die Einheimischen hielten Siesta. Uns war der Ort wie ausgestorben vorgekommen. Wir hatten nicht einen Menschen gesehen. Nur ein paar Hunde, die sich aber in den Schatten gelegt hatten.
Eine ebenfalls weiße Mauer umgab den Friedhof. In ihrem Schatten stellten wir den Wagen ab. Das hohe schmiedeeiserne Tor war nicht verschlossen.
Als wir es aufstießen, quietschte es in den Angeln. Dahinter befand sich ein Weg, der das Gelände in zwei Hälften teilte. Wo wir das Grab oder die Gruft der Damianos finden konnten, war uns nicht bekannt. So blieb uns nichts anderes übrig, als danach zu suchen.
Je ärmer die Menschen waren, um so schöner sahen ihre Friedhöfe aus. Das bekamen wir auch hier wieder einmal bewiesen. Die Grabsteine waren immer etwas Besonderes. Nie schmucklos, zumeist bestanden sie aus Figuren, die Heilige darstellten.
Und wir entdeckten eine Gruft. Sogar ein kleines Haus, das ungefähr in der Mitte des Friedhofs stand. Suko ging vor mir, blieb stehen und streckte den Arm aus. Er deutete auf eine Stelle über der Tür, wo in den grauweißen Stein ein Name eingeschlagen war.
Fulgera!
»Da haben wir es doch«, sagte ich und setzte meine dunkle Brille auf.
»Fällt dir nichts auf, John?«
»Nein.«
»Auf allen Gräbern habe ich Kreuze gesehen, nur auf dieser Gruft nicht. Kein christliches Symbol.«
Wo Suko es sagte, wurde auch ich mißtrauisch. Sicherheitshalber schritt ich um das Totenhaus herum. Es besaß keine Fenster und nur einen Eingang, vor dem Suko auf mich wartete.
»Ich habe mir schon die Tür angesehen.«
»Und?«
Mein Freund lächelte. »Man könnte sie, wenn man es unbedingt wollte, knacken. Das Schloß ist nichts Besonderes.«
»Wäre das zu verantworten?«
»Keine Ahnung.«
Hinter uns hörten wir Schritte. Als wir uns umdrehten, sahen wir die alte Frau, die eine Gießkanne in der rechten Hand trug, einen Hut auf dem Kopf sitzen hatte und uns mißtrauisch beäugte.
Ich grüßte freundlich und behielt mein Lächeln bei. Sie nickte zurück. Flüsternd, als ob sie die Ruhe der Toten nicht stören wollte, sagte sie: »Was wollen Sie an diesem Grab?«
Ich hatte Mühe gehabt, sie zu verstehen und gab meine Antwort sehr langsam. »Wir möchten wissen, wer hier begraben liegt.«
»Coletta Fulgera!«
»Eine Frau also?«
»Ja.«
»Wie lange schon?«
»Sehr lange.«
»Und woran ist sie gestorben?« Da stieß die alte Frau ein Brummen aus.
»Das kann ich Ihnen nicht sagen, nein, das geht nicht.«
»Weshalb nicht?«
»Man spricht davon, daß hier eine Lebendige begraben worden ist. Diese alte Gruft stand zuerst. Man hat die andere Gräber um sie herum geschaufelt und auch die Kreuze gesetzt, damit sie nicht fliehen kann. Versteht ihr?«
»Nein…«
»Sie soll kein Mensch gewesen sein«, flüsterte die alte Frau. »Man hat sie nicht umsonst begraben. Manchmal, wenn ich in der Nacht auf dem Friedhof bin, dann hör ich sie.«
Ihre Stimme wurde zu einem Wispern und war schwer verständlich. Sie deutete mit dem Zeigefinger auf das Haus. »Dann höre ich ihre Stimme. Ihr Jammern und Klagen, aber auch ihr Fluchen, denn sie wartet auf ihre Befreiung.« Nach diesen Worten schaute uns die Frau ernst und warnend an.
Ich nickte, bevor ich eine bestimmte Frage stellte. »Wie kann es dann sein, daß sie, wenn sie schon so lange im Sarg liegt, trotzdem noch lebt?«
»Weil sie kein Mensch ist.«
»Was dann?«
Die Frau faßte nach meinem Arm und zog mich ein Stück zur Seite. »Sie ist ein Vampir, den man in den Sarg gelegt hat, damit er für alle Zeiten still ist.«
»Hat man sie gepfählt?«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein, das hat man nicht getan. Wahrscheinlich fand sich keiner, der die Aufgabe hätte übernehmen können. Sie alle hatten Furcht. Man überraschte sie wohl im Schlaf, legte sie in den Sarg und schloß sie ein.«
Suko hatte sich von mir entfernt und sich das Schloß näher angesehen. Jetzt meldete er sich. Was er sagte, konnte die alte
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