Der Jet-set-Dämon
Skilifte, Seilbahnen und Bergbahnen führten zu den Höhen und Sportstätten hinauf, wo sich die Skiläufer tummelten.
Die Saison war jetzt vorbei. Der Schnee taute allmählich, im Ort selbst lag keiner mehr, und nur auf den Gletschern würde er für alle Zeiten liegenbleiben.
Damiano wollte nicht mehr zurück zu den anderen, die das Lokal unsicher machten. Sie feierten gewissermaßen einen Abschluß. Am nächsten Tag wollten alle St. Moritz verlassen.
Auch Damiano hatte vor, seine Zelte hier abzubrechen. Bisher hatte er sich gut verstellen können, alles war nach Plan gelaufen, bis ihm diese dumme Sache mit dem Spiegel passiert war. Er hoffte nur, daß Rose den Mund halten würde.
In der Hütte feierten sie. Er hörte ihre Stimmen, das Lachen und zwischendurch das Knallen der Champagner-Korken, die raketenartig in die Luft flogen und nicht selten gegen die holzgetäfelte Decke hämmerten.
Es war eben eine Welt für sich, die sich Damiano Fulgera aus bestimmten Gründen ausgesucht hatte. Schon jetzt fühlte er sich als Jet-set-Dämon, und sein großer Plan nahm immer mehr Gestalt an. Wer keine Lust hatte, auf Brettern hinab ins Tal zu gleiten, konnte auch die Kabinenbahn benutzen. Eine Kabine faßte jeweils vier Personen, und Damiano nahm sich vor, mit der Kabine zu fahren. Ein schmaler, gewundener Weg führte zur Station. Der Untergrund war aufgeweicht. Schmelzender Schnee hatte kleine Bäche gebildet, die überall an den Hängen zu Tal flössen. In jeder Sekunde rutschte irgendwo tauender Schnee von den Bäumen und blieb in Klumpen liegen.
Die Station war in den Fels gebaut worden. Sie war die einzige auf dieser Höhe. Wer höher hinaus wollte, mußte eine andere Seilbahn nehmen.
Fulgera wollte hinunter.
Er war nicht allein. Zwei Pärchen hielten sich an einer Kabine auf. Sie schauten ihn an und strahlten. Man kannte sich aus dem Hotel. »Da bist du ja, Damiano«, wurde er begrüßt, »wir haben dich schon vermißt.«
Fulgera lächelte. »Manchmal muß sich der Mensch auch ausruhen, meine Lieben. Die Nacht ist noch lang.«
»Da sagst du was.«
Ein Ruck ging durch die Gondel, doch der Stationsbeamte hatte den kleinen Defekt schnell behoben.
»So, ihr könnt jetzt losfahren. Es ist wieder alles okay.«
Die vier waren schon eingestiegen. Sie saßen sich in der Kabine gegenüber. Zwei winkten dem Zurückgebliebenen zu, und Fulgera winkte zurück.
»Wollen Sie auch fahren?«
»Gleich.«
Damiano schaute der Kabine nach, wie sie anfuhr und allmählich in die Tiefe glitt.
Er wollte sich schon abwenden, als ihn ein sirrendes Geräusch aufschreckte und er plötzlich einen ächzenden Laut vernahm. Etwas peitschte durch die Luft, er duckte sich, wurde nicht erwischt, sah aber den Stationsvorsteher, der taumelte und sich seinen blutenden Hals festhielt, wo er getroffen worden war.
Getroffen von einem Seil, das aus der Rolle gerutscht war und peitschenartig hin und her schwang.
Das würde sich auch auf die Gondel auswirken. Wahrscheinlich war sie nicht mehr zu bremsen. Die Geschwindigkeit erhöhte sich mit jedem Meter, und im Tal würde sie voll in das Haus der Station rammen und dort alles durchschlagen.
Schreckensvisionen erschienen vor dem geistigen Auge des Italieners, der blitzschnell handeln mußte, wenn er noch etwas retten wollte. Der Stationsbeamte war dazu nicht mehr in der Lage. Er lag auf dem Boden und krümmte sich vor Schmerzen.
Damiano kannte sich zwar auch nicht aus, aber er versuchte es wenigstens und tauchte in das kleine Haus, wo er vor der technischen Apparatur stand. Jede Seilbahn war doppelt gesichert. Wahrscheinlich befand sich die Kabine schon auf dem Abfangseil, aber wo sollte er es abstellen?
Seine Blicke irrten über die Apparaturen. Er sah plötzlich einen Hebelarm und glaubte das Richtige zu tun, wenn er ihn umlegte. Mit beiden Händen zog er.
Soviel Kraft brauchte er nicht aufzuwenden, der Hebel ließ sich leicht bewegen. Und er hatte Erfolg: Die Bremsung wurde eingeleitet. Fulgera verließ die Station. Den Weg, den die Kabine bisher zurückgelegt hatte, mußte er zu Fuß bewältigen. Bei diesem steilen, zum Teil mit Schnee bedeckten und auch feuchten Gelände keine einfache Aufgabe für ihn, aber er gab nicht auf, rutschte ein paarmal aus, überschlug sich auch, landete immer weich und konnte, nachdem er einen buckligen Hügel passiert hatte, die Seilbahn bereits erkennen.
Die Kabine stand. Sie schwankte nach der Notbremsung noch immer. Fulgera konnte nicht erkennen, wie
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