Der Jet-set-Dämon
Augen des Deutschen auf. Ein schreckliches Gesicht, eine Fratze, ein gieriger Schlund, eine Schnauze, die zubeißen wollte, und aus deren Oberkiefer die langen Blutzähne hervorstachen.
Straff spannte sich die Haut am Hals. Genau richtig für einen Vampir, der auf Blutjagd war.
Und er biß zu.
Hans Sander gelang es nicht einmal, sich dagegen aufzubäumen. Er versuchte es zwar, aber die Kraft des Vampirs war mit der eines Menschen nicht zu vergleichen.
Als hätte man ihm zwei Spritzen zur gleichen Zeit gegeben, so spürte er die beiden Einstiche an seiner linken Halsseite. Ein Gefühl, das er bisher nicht gekannt hatte, durchströmte ihn plötzlich. Er konnte es sich nicht erklären, aber es war nicht einmal unangenehm.
Ein Vampir bezeichnete es als die Süße des Todes, die den Deutschen auf seinem Weg ins Jenseits begleitete…
***
Kiki erhob sich, ging zur Bar und goß sich noch einen Drink ein. Als sie das Glas anhob, stand Sandra neben ihr und legte ihre Hand auf die der Amerikanerin.
»Du solltest nicht so viel trinken, Kiki.«
»Warum nicht?«
»Weil es sich, sagen wir, nicht schickt, sich dem Gastgeber betrunken zu präsentieren.«
»Das juckt mich nicht.«
»Dann nimm wenigstens weniger Alkohol.«
»Okay, Mummy, okay.« Sie streichelte die Wange der Französin. »Du bist schon in Ordnung, Baby, ehrlich.«
Sandra wandte sich ab. Sie wußte nicht, ob sie sich richtig verhalten hatte, schließlich konnte sie den anderen keine Vorschriften machen, aber im Interesse der Allgemeinheit war es besser, wenn sich Kiki zusammenriß und nicht betrunken durch die Gegend torkelte. Tatsächlich verlängerte sie den Drink mit Mineralwasser. Es bereitete ihr sogar Mühe, die Flasche zu halten, so sehr zitterte sie schon. Sandra schaute zu den anderen hin. Elke Sander, Martina Richmann und deren Mann hockten zusammen. Sie paßten einfach nicht zu den beiden jungen Mädchen und hielten sich auch bewußt abseits. Sandra Ceur kam es vor, als würde zwischen ihnen eine Wand aus Glas stehen, die keiner durchdringen konnte.
Elke Sander hatte ihre Nervosität noch immer nicht ablegen können. Des öfteren schaute sie zur Uhr und fragte zum wiederholten Male: »Was treibt der nur so lange im Cockpit?«
»Es interessiert ihn eben«, antwortete Richmann.
»Das muß doch mal ein Ende haben.«
»Wie willst du das beurteilen können? Außerdem ist nichts passiert. Wir alle haben Fulgeras Durchsage gehört.«
Elke nickte. »Ja, reden kann man viel.« Sie strich ihr Haar zurück, bevor sie wieder damit begann, an den Perlen ihrer Kette zu spielen.
Ihr Blick traf Sandra. Unwillig schüttelte sie den Kopf. »Was starren Sie mich so an?«
»Entschuldigung.« Sandra wandte sich ab.
Elke begann zu flüstern. Was sie sagte, verstanden nur die beiden Richmanns. An der Bar stand Kiki und lächelte Sandra an. »Keine gute Atmosphäre, was meinst du?«
»Nein.«
»Der hat die falschen Leute zusammen eingeladen. Ich bin gespannt, wie das in Rom weitergeht.«
Sandra senkte den Kopf. »Manchmal habe ich das Gefühl, als würden wir die Stadt gar nicht erreichen.«
Kiki lachte. »Wie kommst du denn darauf?«
»Weiß ich auch nicht.«
»Unsinn, nimm einen Drink. Wir müssen ja bald landen. Du kannst ihn schon als Aperitif bezeichnen.«
»Glaube ich auch.« Sandra griff zur Martini-Flasche, nahm aber auch noch Wodka. Sie mixte den Drink nicht, sie rührte ihn, und Kiki stieß einen Pfiff aus.
»Was ist los?«
»Du kennst dich bei Cocktails aus.«
»Ein wenig.« Sandra trank langsam.
Elke Hansen redete noch immer. Sie sprach mit einer flüsternden Stimme, begleitete ihr Sätze mit Handbewegungen und stoppte plötzlich mitten in der Bewegung. Dabei hob sie den Kopf an, schaute gegen die Deckenverkleidung, und auch die anderen hatten etwas bemerkt. Sandra stellte ihr Glas weg.
»Was ist?« fragte Kiki.
»Das Flugzeug, verdammt, da stimmt was nicht. Merkst du die Unruhe? Die Düsen laufen nicht mehr gleichmäßig. Ich weiß es ja auch nicht, aber ich kann mich auf mein Gefühl verlassen.«
Kiki strich über ihre Hüften. Sie versuchte zu lächeln, es wurde ein Grinsen daraus.
Es blieb nicht allein bei diesem unnatürlichen Geräusch der Motoren, plötzlich vibrierte die gesamte Maschine. Das Zittern rann durch den Rumpf und erreichte auch die Tragflächen.
Die Passagiere wollten etwas sehen. Es war Richmann, der einen Vorhang faßte, um ihn zur Seite zu reißen, von den anderen dabei starr beobachtet.
Dazu kam er nicht
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