Der Jet-set-Dämon
wirkenden Bewegungen und einem stumpfen Blick in den glanzlosen Augen, der an den einer Zombies erinnerte. Noch war es Tag, aber bald würde die Sonne sinken, dann erwachte auch die Kraft dieser seelenloser Töter.
Fulgera hatte den Passagierraum erreicht und verteilte dort die Schwimmwesten. Die Menschen waren benommen, er trieb sie mit harter Stimme an, bevor er den Ausstieg öffnete. Noch lag er über der Wasserfläche, aber die Wellen wogten bereits herein.
»Raus!«
Hätte er eine Peitsche besessen, er hätte sie damit nach draußen getrieben. So verließ er sich auf seine Worte und auch auf die Fäuste. Die Gäste gehorchten automatisch. Selbst Elke Sander fiel nicht auf, daß sich ihr Mann wieder in der Nähe befand. Wie auch die übrigen warf sie sich vor und in die Wogen hinein.
Die beiden Blutsauger folgten als letzte. Sie hockten in einem roten Schlauchboot, das sich automatisch aufgeblasen hatte und sogar einen kleinen Hilfsmotor besaß.
Das Wasser war unruhig. Es floß um die Maschine herum, gurgelte, schmatzte und drang fauchend in die Öffnungen. Wenn jetzt das Boot nicht kam, war alles zu spät. Aber das Schnellboot war da. Es huschte und tanzte wie ein schwarzer Pfeil über die Wellen, denn seine Außenhaut war dunkel angestrichen. Innerhalb einer halben Minute hatte es den Ort erreicht. Damiano kletterte an Bord, wo Leinen bereitlagen, die er den im Wasser treibenden Menschen zuschleuderte.
So konnten sich diese an Bord hangeln. Sie stemmten sich auch nicht dagegen, denn es war ihr Überlebenswille, der aufflammte. Keiner von ihnen wollte ertrinken.
Mit voller Fahrt jagte das Schnellboot wieder in Richtung Küste, wo es zahlreiche felsige Buchten gab, in denen es verschwinden konnte. Am Ruder aber stand eine Frau.
Der Vampir ging zu ihr, während die Passagiere völlig erschöpft an Deck lagen und sich Sander in den Bauch des Schiffes verzogen hatte. Die Frau drehte sich um.
Ein uraltes Gesicht, bedeckt mit einer graugrünen Lederhaut starrte dem Ankömmling entgegen.
»Bravo, das hast du gut gemacht, Mutter!« flüsterte Damiano und umarmte die Blutsaugerin…
***
Italien hatte uns wieder!
Diesmal, das schworen wir, würden wir nicht wieder erfolglos nach London zurückkehren.
Damiano Fulgera mußte gestellt und vernichtet werden. Bisher hatte er alle Spuren verwischen können. Wenn wir diesmal auf seine Asche starrten, zeigten wir uns dafür verantwortlich, und dann war es auch endgültig. Wir hatten wieder auf einen Leihwagen zurückgreifen müssen und uns abermals für einen Fiat entschieden.
Wir befanden uns südlich von Neapel, fast auf Höhe von Capri, dieser zauberhaften Insel, auf der ich jetzt lieber faul in der Sonne gelegen hätte, als über staubigen Pistenstraßen zu fahren und nach dem Schloß Ausschau zu halten.
»Sehr agil siehst du auch nicht aus«, meinte Suko.
»Nein, aber ich fühle mich anders.«
»Wie denn?«
Ich schaltete einen Gang höher. »Als Europäer. London, Paris, Neapel innerhalb weniger Tage.«
»Man entwickelt sich eben zum Jet-setter.«
»Das mußt ausgerechnet du sagen.«
»Ich entwickle mich eben auch.«
»Dann würde ich als Endstufe den Vampirkiller vorschlagen. Allmählich brennt mir die Sonne das Hirn aus dem Schädel.«
»Laß mich fahren.«
»Die Idee ist gut.«
Wir wechselten die Plätze. Dabei stiegen wir aus und bewegten unsere Glieder. Gelogen hatte ich nicht. Es war tatsächlich unerträglich heiß. Selbst im Mai wurde Italien zu einem Brutkasten. Aber noch sahen wir hin und wieder das frische Grün der Bäume, wenn kleinere Waldstücke oasenartig aus der karstigen Landschaft hervorstachen. Weiter im Osten wurden die Berge höher. Schnee lag nicht mehr auf den Kuppen. Trotz der dunklen Brille schirmte ich die Augen mit der Hand gegen die Sonnenstrahlen ab und schaute den Windungen der schmalen Straße nach, die sich in die Berge hineinschob. Genau dort, wo sie meinen Blicken fast entglitt, entdeckte ich einige Häuser, die fast in den Berg hineingebaut waren und mit ihren rötlichen Dächern wie Schachteln aussahen.
»Willst du zu Fuß gehen?« fragte Suko. Er saß schon im Wagen und hatte seinen Kopf aus dem Fenster gestreckt.
»Nein, ich komme.«
»Was gab es da denn so Interessantes zu sehen?« Ich hörte seine Frage, als ich neben ihm saß.
»Nur ein Dorf.«
Suko startete. »Und?«
»Wenn mich nicht alles täuscht, müßte es von dort aus nicht mehr weit bis zur Burg sein.«
»Wenn du recht hast, erreichen wir sie
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