Der Jet-set-Dämon
Sukos Ohr. »Allmählich müßten wir das Ziel erreicht haben.«
»Was suchst du denn?«
»Das gleiche wie du.«
Ich sah Sukos grinsendes Gesicht verschwinden, als ich die Lampe zur Seite bewegte. Die Klinke sah blank und abgewetzt aus. Ein Zeichen, daß sie des öfteren in letzter Zeit benutzt worden war. Demnach schien das Schloß bewohnt zu sein.
Behutsam schob ich die Tür nach außen. Ich wollte jedes überflüssige Geräusch vermeiden und hatte genau richtig gehandelt, denn kaum war der Spalt entstanden, als er auch schon von einem rotgelben, unruhigen Licht erfüllt wurde.
Fackelschein…
Ich irrte mich. Es waren keine Fackeln, sondern mehrere Kerzen, die leuchteten. Sie standen in eisernen Haltern, die an den beiden Gangwänden ihren Fiat gefunden hatten, zwischen den Türen. Sie lagen versteckt in kleinen Nischen, und über ihre Oberfläche huschte geisterhaft der Widerschein des Kerzenlichts.
Unsere Schritte wurden von einem abgewetzten, grauem Teppich gedämpft, der teilweise nur aus Fransen bestand. Überhaupt wirkte das Innere des Schlosses schmutzig und staubig. Wenn man genau hinschaute, bewegten sich glitzernd unter der Decke die dünnen Fäden zahlreicher Spinnweben, die vom Luftzug getroffen wurden. Zwar war es im Schloß ruhig, dennoch fühlten Suko und ich, daß wir nicht allein waren.
Da tat sich etwas.
Wir schauten gegen die Türen, dann auch den Gang hinunter, hörten plötzlich Stimmen und auch die gellenden Schreie. Woher sie kamen, wußten wir nicht. Aber wer so schrie, der mußte die Qualen der Hölle erleben…
***
Sie hätte schreien, weinen, sich übergeben und weglaufen können. Nichts davon tat sie. Statt dessen hockte sie in dem durchgesessenen Sessel, hatte die Beine von sich gestreckt und war froh, daß sie noch lebte, ohne es allerdings begreifen zu können.
Elke Sander war am Ende ihrer Nervenkraft. Sie stierte gegen die Decke, wo sich die Lichtkreise der beiden brennenden Kerzen abmalten, ohne sie recht zu sehen. Sie spürte, wie das Blut durch ihre Adern wallte, in ihrem Kopf rauschte und in den Ohren ein dumpfes Brausen hinterließ. Die Reise hierher war für sie unbegreiflich gewesen. Sie kam ihr vor wie ein böser Alptraum, aus dem sie jetzt erwacht war und noch immer darüber nachdachte, wo sie sich befand.
Hatte sie vielleicht als einzige überlebt? Der Gedanke war schrecklich. Er trieb ihren Herzschlag zu einem schnelleren Rhythmus an. Über ihre Lippen floß der Name ihres Mannes als flüsternde Frage.
»Hans…?«
Sie bekam keine Antwort. So lauschte Elke dem Klang ihrer eigenen Stimme, bevor sie es noch einmal versuchte und wieder fragte.
»Ich bin hier!«
Die Stimme klang nicht sehr laut, anders als sonst, aber es war die ihres Gatten. »Wo steckst du?«
»Bei dir im Zimmer.«
Zum erstenmal richtete sich Elke Sander auf. Sie schaute sich in dem geräumigen Schloßzimmer um.
Schatten und Licht wechselten sich in zuckenden Intervallen ab und glitten lautlos über die Einrichtungen. Die alten Bilder, die Kommoden, den ovalen Tisch und dem Stuhl dahinter, auf dem eine Gestalt saß. Sie hockte im Dunkeln. Elke konnte sie nicht genau erkennen, aber sie erinnerte sich, wer gesprochen hatte.
»Hans?«
»Ja.«
»Weshalb sitzt du da? Warum kommst du nicht zu mir?«
»Gleich, meine Liebe, gleich.«
Elke atmete aus. »Sind wir die einzigen, die man gerettet hat?« wollte sie wissen.
»Nein, alle haben es überstanden.«
Die Frau wollte es es nicht glauben. Sie schluckte ein paarmal und erkundigte sich mit rauher Stimme: »Tatsächlich alle Passagiere?«
»Ja.«
Sie lachte auf, wischte über ihr Gesicht und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Das gibt es nicht. Das ist unmöglich. Ich… ich kann es einfach nicht fassen.«
»Wir hatten einen guten Piloten.«
Intervall weise kehrte bei Elke die Erinnerung zurück. »Du warst im Cockpit, Hans?«
»Sicher. Ich habe alles hautnah mitbekommen. Er ist wirklich außergewöhnlich. Noch nie in meinem Leben habe ich eine so außergewöhnliche Person kennengelernt. Für mich ist der Graf einmalig. Ich… ich schwärme direkt für ihn.«
»Dann hat er uns zum zweiten Mal das Leben gerettet!« stellte Elke mit schwacher Stimme fest.
»So ist es.«
Die Frau überlegte einen Moment. Sie hatte den Kopf auf die Lehne gelegt, die Augen verdreht und schaute an die Decke. »Aber wie geht es jetzt weiter?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Hat er nicht von einer Party gesprochen?«
Das folgende Lachen des Mannes
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