Der Joker
Neandertaler.
Wir schauen uns an.
Ich sage: »Pass auf dich auf, wenn du das nächste Mal den Ball fängst.«
Ich gehe weg und mache mir beinahe in die Hosen.
Das Spiel geht weiter und der Neandertaler fängt den Ball.
Er holt tief Luft und läuft auf mich zu, und aus irgendeinem Grund weiß ich genau, was ich tun werde. Er hält den Ball fest und ich stelle mich ihm in den Weg, mache einen Schritt vor - und alles, was ich höre, ist dieses Geräusch. Eine mächtige Erschütterung folgt. Alles bebt. Als die Menge aus dem Häuschen gerät, merke ich, dass ich immer noch aufrecht stehe. Und der Neandertaler liegt als armseliges Häufchen vor mir auf dem Boden.
Schon bald bin ich umringt. Alle sagen, wie großartig ich war und solche Sachen, aber mich überkommt eine plötzliche Übelkeit. Ich fühle mich schrecklich wegen dem, was ich getan habe. Die Nummer zwölf auf dem Rücken des Neandertalers starrt mich verloren und bewegungslos an.
»Lebt er noch?«, fragt jemand.
»Wen kümmert das?«, kommt die Antwort.
Ich muss mich übergeben.
Langsam gehe ich vom Spielfeld, während die anderen darüber diskutieren, wie man den Neandertaler wegschaffen soll, damit das Spiel weitergehen kann.
»Holt die Bahre«, höre ich jemanden sagen.
»Wir haben keine, und außerdem - schau dir den Kerl doch mal an! Er ist viel zu groß. Wir brauchen einen verdammten Kran.«
»Oder einen Bagger.«
Die Vorschläge sind mannigfaltig. Solchen Leuten ist es egal, wenn jemand am Boden liegt. Egal wer es ist. Sie trampeln noch auf dir herum. Größe, Gewicht, Körpergeruch. Was auch immer. Wenn man es hat, bekommt man es unter die Nase gerieben, selbst wenn man schon k. o. gegangen ist.
Die letzte Stimme, die ich höre, gehört dem großen Merv. Er sagt: »Das war das beste Foul, das ich seit langer Zeit gesehen habe.« In diesem Satz liegt eine unbändige Freude und die anderen Spieler stimmen ihm zu.
Ich gehe weiter. Ich fühle mich immer noch schrecklich. Schuldig.
Für mich ist das Spiel vorbei.
Das Spiel ist vorbei, aber etwas anderes beginnt.
Ich gehe zu dem Baum. Der Türsteher ist weg.
Eine vertraute Angst rast in mir empor.
2
Zwanzig Dollar für den Hund und die Karte
Ich stehe da und drehe mich hektisch im Kreis, versuche, meinen Hund und den Jungen ausfindig zu machen.
Hinter dem Spielfeld verläuft ein schmaler Bach, und ich beschließe, dort mit meiner Suche anzufangen. Ich renne, so schnell ich in meinem Zustand rennen kann. Das Spiel ist vergessen, und aus dem Augenwinkel sehe ich, wie ein Mädchen mit gelben Haaren auf mich zukommt.
»Der Türsteher!«, rufe ich Audrey zu. »Er ist weg.« Und ich merke, wie sehr ich diesen Hund liebe.
Eine Zeit lang gesellt sie sich zu mir und macht sich dann in eine andere Richtung davon.
Am Bach finde ich nichts.
Ich kehre zu der weiten Rasenfläche des Spielfelds zurück. Das Spiel nimmt seinen Lauf und ich kann immer noch die Menge hören, irgendwo, weit weg in meinem Hinterkopf.
»Was gefunden?«, fragt Audrey. Sie war weiter unten am Bach.
»Nein.«
Wir bleiben stehen.
Ruhe bewahren.
Das ist elementar. Grundvoraussetzung. Und als ich mich wieder zu dem Baum umdrehe, wo der Türsteher gesessen hat, sehe ich ihn und den Jungen dorthin zurückkehren. Der Kleine hält eine Dose mit einem Getränk in der Hand und eine lange Lakritzstange. Und es ist noch eine dritte Person bei ihnen.
Sie sieht mich.
Es ist eine jüngere Frau. Als sie meinen wütenden Blick bemerkt, kniet sie sich rasch hin und hält den Jungen fest. Sie gibt ihm etwas, sagt ein paar Worte und geht dann schnell in die entgegengesetzte Richtung weg.
»Die nächste Karte«, sage ich zu Audrey und renne los. Ich renne schneller, als ich je zuvor gerannt bin.
Als ich den Jungen und den Hund erreiche, weiß ich, dass ich Recht hatte. Der Junge hält eine Spielkarte in der Hand, aber ich kann noch nicht sehen, welche Farbe sie hat. Ich nehme die Verfolgung auf. Die Frau ist in der Menge verschwunden, aber ich laufe trotzdem weiter, denn ich bin mir sicher. Ich bin mir absolut sicher, dass ich eine Person jage, die wenigstens weiß, wer hinter der ganzen Sache steckt.
Aber sie ist weg.
Sie ist verschwunden und ich stehe atemlos an der Seitenlinie.
Ich könnte weiter nach ihr suchen, aber es wäre sinnlos. Sie ist weg und ich muss wieder zurück zu der Karte. Der Junge könnte sie zerreißen oder was weiß ich damit anstellen.
Glücklicherweise hält er sie immer noch
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