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Der Joker

Titel: Der Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
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Wort, als ich mich auf der Veranda der Tatupus auf einen umgedrehten Eimer stelle. Ich hänge die alte Lichterkette ab, wobei ich die Nägel verbiegen muss, die das Kabel halten. Als das Zeug unten liegt, fällt mir auf, dass der Stecker im Haus eingesteckt ist (was ich mir hätte denken können) und ich daher meine Arbeit nicht ganz zu Ende bringen kann. Also hänge ich die alten Lampen wieder auf und lasse die neuen vor der Tür liegen.
    Ich schreibe keinen Zettel.
    Es gibt nichts mehr zu tun.
    Erst will ich noch »Frohe Weihnachten« auf den Karton schreiben, lasse es aber bleiben.
    Hier geht es nicht um Worte.
    Hier geht es um brennende Lampen und um kleine Sachen, die in Wahrheit große Sachen sind.

5
    Die Kraft und die Herrlichkeit
    Ich esse gerade Ravioli, als ein Van vor meiner Hütte hält. Der Motor kommt knurrend zum Stillstand und ich höre eine Autotür knallen. Als Nächstes hämmern kleine Fäuste an meine Haustür.
    Zur Abwechslung fängt der Türsteher mal an zu bellen, aber ich beruhige ihn und mache die Tür auf.
    Vor mir stehen Lua, Marie und ihre Kinder.
    »Hallo, Ed«, sagt Lua, und der Rest der Bande fällt mit ein. Es klingt wie ein vielfältiges Echo. Er fährt fort. »Wir haben das Telefonbuch nach dir durchsucht, aber du stehst nicht drin. Da haben wir einfach alle Kennedys angerufen. Deine Mutter hat uns deine Adresse gegeben.«
    Stille senkt sich auf uns herab, während ich mir versuche vorzustellen, was meine Mutter zu ihnen gesagt haben mag. Marie durchbricht sie.
    »Komm mit«, sagt sie.
    Dort im Van, eingezwängt zwischen all den Kindern, sitze ich nun und erlebe diese Familie das erste Mal in Schweigen vertieft. Dieser Umstand macht mich reichlich nervös. Die Straßenlaternen huschen vorbei wie Buchseiten aus Licht, die einzeln auf mich zukommen und sich dann wieder von mir abwenden. Ich schaue nach vorn zur Windschutzscheibe und merke, dass Lua mich im Rückspiegel beobachtet.
    Fünf, zehn Minuten später erreichen wir das Haus.
    Marie übernimmt die Regie.
    »Alles klar, Kinder«, sagt sie. »Rein mit euch ins Haus.«
    Sie geht mit ihnen und lässt Lua und mich im Wagen zurück. Allein.

    Wieder schaut er in den Spiegel und wirft mir seine Augen rückwärts ins Gesicht.
    »Bist du bereit?«, fragt er.
    »Wofür?«
    Er schüttelt nur den Kopf. »Versuch nicht, mich auf den Arm zu nehmen, Ed.« Er steigt aus und schlägt die Tür zu. »Komm schon«, ruft er durch das geschlossene Fenster in den Wagen. »Komm raus, Junge.«
    Junge.
    Die Art, wie er das sagt, gefällt mir nicht. Irgendwie unheilschwanger. Ich habe die Befürchtung, dass ich ihn mit den neuen Lampen gekränkt habe. Vielleicht betrachtet er es als Anschuldigung, er könne nicht anständig für seine Familie sorgen. Vielleicht glaubt er, dass ich ihn für einen armseligen Versager halte, der nicht einmal Geld für eine Weihnachtsdekoration aufbringen kann. Ich traue mich nicht, das Haus anzusehen, als ich ihm zu der Straßenecke folge, wo er stehen geblieben ist und mir entgegenschaut. Dort ist es dunkel. Sehr dunkel.
    Lua sieht mich an.
    Ich sehe den Boden zu meinen Füßen.
    Als Nächstes höre ich, wie die Fliegengittertür mehrmals geöffnet und mit einem Knall wieder zugeschlagen wird. Die Kinder kommen auf uns zugerast, gefolgt von Marie mit schnellen Schritten.
    Als ich die Kinder durchzähle, merke ich, dass eines von ihnen fehlt.
    Jessie.
    Ich studiere ihre Gesichter, bevor ich wieder zu Boden sehe. Der laute Ruf aus Luas Mund lässt mich erschrocken hochfahren.

    »Jetzt, Jess!«, schreit er.
    Ein paar Sekunden schieben sich ineinander, und als ich wieder hochsehe, ist das alte Haus hell erleuchtet. Die Lichter sind so wunderschön, dass sie das Gebäude allein durch ihr Strahlen zusammenzuhalten scheinen. Die Gesichter der Kinder und auch die von Lua und Marie sind mit roten, blauen, gelben und grünen Flecken besprenkelt. Ich fühle das rote Leuchten auf meinem eigenen Gesicht und auch mein erleichtertes Grinsen. Die Kinder jubeln und klatschen und sagen, dass dies das beste Weihnachtsfest ihres Lebens wird. Die Mädchen fangen an zu tanzen und halten sich dabei an den Händen. Dann kommt Jessie aus dem Haus gerannt und schaut sich um.
    »Er wollte den Stecker unbedingt selbst einstecken«, sagt Lua zu mir. Ich schaue Jessie an und sein Grinsen ist das breiteste und schönste von allen. Das lebendigste. Das ist sein Moment , denke ich, und der von Lua und Marie . »Als wir die neuen Lampen bekommen haben,

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