Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Joker

Titel: Der Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
Vom Netzwerk:
sagte Jessie, dass er dich dabeihaben wollte, wenn wir sie einschalten. Was konnten wir anderes tun?«
    Ich schüttele meinen Kopf und schaue in die Farben, die über den Vorgarten strahlen.
    Sie schwimmen durch meine Augen.
    Und zu mir selbst sage ich - im Gedenken an Graham Greene - »Die Kraft und die Herrlichkeit«.

6
    Ein Moment der Schönheit
    Während die Kinder unter dem Nachthimmel um die Veranda und die bunten Lichter herumtanzen, sehe ich etwas.
    Lua und Marie halten sich an den Händen.
    Sie sehen so glücklich aus, im Innern dieses einen Moments, während sie ihre Kinder betrachten und die Lampen an ihrem alten Haus.
    Lua küsst sie.
    Ganz sanft auf die Lippen.
    Und sie erwidert den Kuss.
    Manchmal sind Menschen wunderschön.
    Nicht durch ihr Äußeres.
    Nicht durch das, was sie sagen.
    Nur durch das, was sie sind.

7
    Ein Moment der Wahrheit
    Marie drängt mich, hereinzukommen und eine Tasse Kaffee zu trinken. Zuerst lehne ich ab, aber sie besteht darauf. »Du musst einfach, Ed.«
    Ich gebe nach. Wir gehen rein, trinken Kaffee und reden.
    Die Atmosphäre ist gelöst und gemütlich, bis Marie die Worte ausgehen und ihr Mund mitten im Gespräch still steht. Sie rührt in ihrem Kaffee und sagt: »Danke, Ed.« Die Falten um ihre Augen werden ein wenig unruhig und in ihren Augen scheinen Lichter zu tanzen. »Vielen Dank.«
    »Wofür?«

    Sie schüttelt den Kopf. »Bring mich nicht dazu, es auszusprechen, Ed. Wir wissen, dass du es warst - Jessie könnte niemals ein Geheimnis bewahren, selbst wenn wir ihm den Mund zukleben würden. Wir wissen, dass du es warst.«
    Ich ergebe mich. »Ihr habt es verdient.«
    Sie gibt sich damit nicht zufrieden. »Aber warum? Warum wir?«
    »Das…« - und ich muss die ganze Wahrheit sagen - »weiß ich nicht.« Ich nippe an dem Kaffee. »Das Ganze ist ziemlich kompliziert und eigentlich unmöglich zu erklären. Ich weiß nur, dass ich vor diesem Haus stand. Der Rest ist einfach passiert.«
    Jetzt stapft Lua in die Worte hinein und schiebt sie vorwärts. Er sagt: »Weißt du, Ed, wir wohnen hier jetzt seit fast einem Jahr, und niemand - wirklich niemand - hat jemals auch nur einen kleinen Finger gerührt, um uns das Gefühl zu geben, willkommen zu sein.« Er trinkt. »Nein, ich beklage mich nicht. Wir können heutzutage nicht mehr erwarten. Die Menschen haben genug mit sich selbst zu tun...« Seine Augen halten meine fest, nur für eine Sekunde. »Aber dann kommst du daher, scheinbar aus dem Nichts. Wir begreifen es einfach nicht.«
    Und da nimmt ein Moment voller Klarheit Gestalt in mir an.
    Ich sage: »Versucht es erst gar nicht - ich begreife es ja selbst nicht.«
    Marie nimmt meine Worte hin, nimmt sie mit und trägt sie ein Stück weiter.
    Sie sagt: »Also schön, Ed. Aber wir möchten uns bei dir bedanken.«
    »Ja«, sagt Lua.

    Marie nickt ihm zu. Er steht auf und geht zum Kühlschrank. Mit einem Magneten ist ein Umschlag an der Tür befestigt. Darauf steht der Name »Ed Kennedy«. Er kommt zurück und gibt ihn mir.
    »Wir haben nicht viel«, sagt er. »Aber das ist das Beste, was uns eingefallen ist, um uns bei dir zu bedanken.« Er legt mir den Umschlag in die Hand. »Irgendwie glaube ich, dass es dir gefallen wird. Nur so ein Gefühl.«
    In dem Umschlag steckt eine selbst gebastelte Weihnachtskarte. Alle Kinder haben etwas darauf gemalt. Weihnachtsbäume, bunte Lichter, spielende Kinder. Einige von den Zeichnungen sind ziemlich schräg, aber trotzdem ganz vorzüglich. Wenn man die Karte aufklappt, liest man die folgenden Worte, auch von einem der Kinder geschrieben:
    Lieber Ed!
Fröhliche Weihnachten! Wir hoffen, dass du auch so
schöne Lichter hast wie die, die du uns geschenkt hast.
Alles Liebe
wünscht die ganze Tatupu-Familie
    Ich muss lächeln. Dann stehe ich auf und gehe ins Wohnzimmer, wo sich die Kinder vor dem Fernseher ausgebreitet haben.
    »He, danke für die Karte«, sage ich zu ihnen.
    Sie antworten mir alle gleichzeitig, aber Jessie spricht am lautesten. »Gern geschehen, Ed.« Nach wenigen Sekunden richtet sich ihrer aller Aufmerksamkeit wieder auf den Fernseher. Sie schauen sich ein Video an, irgendein Tierabenteuer. Sie kleben an dem Bild einer Katze, die in einem Karton den Fluss hinuntergespült wird.
    »Bis dann«, sage ich, aber keiner hört mir zu. Ich schaue mir noch einmal zufrieden die Karte an und gehe wieder in die Küche.
    Doch die Bescherung ist noch lange nicht vorbei.
    Lua hat einen kleinen dunklen Stein mit einem kreuzförmigen

Weitere Kostenlose Bücher