Der Judas-Code: Roman
auf die Stimme aus dem Ohrhörer. Er hatte sich einen Überblick über den Zugang zu Ryder Blunts Privatdock verschafft.
Das Boot war unbewacht. Nur wenige wussten von der Startrampe.
»Ich habe einen elektronischen Schlüssel für das Dock«, sagte Ryder. »Sobald ich meine Bewacher los bin, gehe ich runter, tanke das Boot auf und mache es startklar. Aber werden Sie es alleine schaffen, Dr. Cummings zu befreien?«
»Ja«, sagte Monk ins Mikro. »Je unauffälliger, desto besser.«
»Und Sie haben alles vorbereitet.«
»Ja, Mama.« Monk seufzte. »In einer halben Stunde bin ich so weit. Ich gebe Ihnen Bescheid. Sie wissen ja, was Sie zu tun haben.«
»Verstanden. Ende.«
Monk stieg zum nächsten Treppenabsatz hoch, öffnete ein Wartungsdepot und nahm die Decken, Kissen und Klamotten mit, die er zuvor darin versteckt hatte.
Das Funkgerät schaltete sich wieder ein. »Monk?«
»Lisa?« Er sah auf die Uhr. Es war noch zu früh. Sein Herzschlag beschleunigte sich. »Was ist passiert?«
»Nichts. Jedenfalls noch nicht. Wir müssen unseren Plan ändern. Wir müssen noch jemanden mitnehmen.«
»Wen?«
»Meine Patientin. Sie ist bei Bewusstsein.«
»Lisa...«
»Wir können sie nicht hierlassen«, beharrte Lisa. »Ihr Krankheitsverlauf ist entscheidend für den Fortgang der Krise. Das Risiko, dass die Gilde vor unserer Rückkehr mit ihr verschwindet, dürfen wir nicht eingehen.«
Monk atmete heftig durch die Nase und überlegte angestrengt. »Wie mobil ist sie?«
»Schwach, aber einigermaßen beweglich, glaube ich. Da die Krankenpfleger nebenan sind, kann ich mir kein genaues Bild machen. Ich bin in meine Kabine gegangen, um mit dir zu sprechen. Ich habe sie dortgelassen und sie gebeten, weiterhin so zu tun, als wäre sie noch immer katatonisch.«
»Bist du dir sicher, dass sie für uns wichtig ist?«
»Ganz eindeutig.«
Monk stellte noch einige Fragen, besprach die Einzelheiten und
überarbeitete eilends den Fluchtplan. Dann meldete Lisa sich ab, um sich bereit zu machen.
»Ryder?«, sagte Monk.
»Ich hab’s gehört«, antwortete der australische Milliardär. »Mein Funkgerät war noch eingeschaltet.«
»Wir müssen den Zeitplan straffen.«
»Was Sie nicht sagen. Wann werden Sie hier sein?«
Monk entsicherte seine Waffe. »Ich bin schon unterwegs.«
20:16
Lisa ging zum Krankenzimmer zurück. Sie hatte einen Pullover angezogen. Zuvor hatte sie den Krankenpflegern gegenüber geklagt, ihr sei kalt, ein Vorwand, um mal eben auf ihr Zimmer zu gehen und mit Monk zu sprechen.
Bei ihrem Eintreten sahen Tweedledee und Tweedledum immer noch fern. Im Fernsehen war eine Schießerei im Gange. Das Leben war im Begriff, die Kunst nachzuahmen.
Falls alles nach Plan lief.
Lisa ging ins Schlafzimmer hinüber - dann prallte sie erschreckt zurück.
Am Fußende des Betts stand Dr. Devesh Patanjali, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Susan lag mit geschlossenen Augen und schwer atmend unter dem Isolierzelt.
Devesh hätte nicht hier sein sollen.
»Ah«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Dr. Cummings, wie geht es Ihrer Patientin?«
20:17
Die Aufzugtür öffnete sich auf Höhe der Präsidentensuite. Müde und nervös trat Monk auf den Gang. Er hatte ein Bündel Decken und Kissen dabei.
Er näherte sich den beiden Wachposten vor der Flügeltür.
Der eine saß auf einem Stuhl, der andere lehnte an der Wand und straffte sich, als er Monk bemerkte.
»Jetzt«, flüsterte Monk ins Mikrofon.
Das war das verabredete Zeichen.
Hinter der Tür war ein gedämpfter Schuss zu vernehmen; Ryder hatte seinen Bewacher niedergeschossen.
Der Mann, der an der Wand gelehnt hatte, fuhr zur Tür herum.
Im nächsten Moment hatte Monk ihn erreicht. Er riss beide Arme hoch, in jeder Hand eine Pistole; die eine hatte er unter einem Kissen versteckt, die andere in einer Decke. Er drückte dem Mann das Kissen gegen den Rücken, zielte aufs Rückgrat und drückte ab. Als der Wachposten zusammenbrach, schoss er ihm zur Sicherheit noch in den Kopf.
Ehe der Mann auf dem Boden aufprallte, wirbelte Monk zu dem sitzenden Wachposten herum und hob die in eine Decke eingewickelte Pistole.
Er drückte ab - zweimal.
20:19
Lisa trat ins Zimmer.
»Dr. Patanjali, ich freue mich, dass Sie gekommen sind«, sagte sie, wobei sie ihre Erbitterung hinunterschluckte. Sie musste dafür sorgen, dass Devesh sich wieder verzog, denn Monk hatte sie gesagt, es wären nur zwei Krankenpfleger zugegen.
Devesh wandte sich zu ihr um.
Lisa streifte sich eine
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