Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
Vom Netzwerk:
Gesicht aus, das aus den Knochen zu kommen schien. Ihre Haut glühte.
    Doch das war kein Fieber.
    Als Lisa die Hand wegnahm, brannte sie immer noch.
    Was zum Teufel hatte das zu bedeuten?
    Eilig wusch sie sich die Hand mit Wasser aus einer Feldflasche und trocknete sich mit der Feuerdecke ab. Das Brennen ließ nach.
    Lisa musterte Susans Haut, während sie sich die noch immer leicht gereizten Fingerspitzen massierte. Das war neu. Die Cyanobakterien produzierten anscheinend eine ätzende Substanz. Während Lisas Haut bei Berührung zu brennen begann, war Susan entweder dagegen immun oder auf spezielle Weise davor geschützt.
    Was ging da vor?
    Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, schob Susan einen Arm unter der Decke hervor. Sie streckte die Hand nach dem Sonnenschein aus, der durch das Fenster fiel. In der Helligkeit war das Leuchten nicht mehr wahrnehmbar.
    Der Kontakt schien Susan zu beruhigen. Sie stieß einen gedehnten Seufzer aus.
    Sonnenlicht.
    War das die Erklärung?
    Neugierig geworden, fuhr Lisa mit der Fingerspitze über die sonnenbeschienene Haut. Im nächsten Moment riss sie den Arm zurück und schüttelte die Hand. Es hatte sich angefühlt, als hätte sie ein heißes Bügeleisen berührt. Abermals wusch sie die Finger. An der Spitze des Zeigefingers bildeten sich bereits Blasen.
    »Es ist das Sonnenlicht«, sagte Lisa laut.
    Sie dachte an Susans Anfall, der sich ereignet hatte, als sie in die aufgehende Sonne geblickt hatte. Und an eines der einzigartigen Merkmale von Cyanobakterien. Sie waren die Vorläufer der heutigen Pflanzen. Die Bakterien enthielten rudimentäre Chloroplaste,
mikroskopische Maschinen, die Sonnenlicht in Energie umwandelten. Bei Tageslicht luden sich die Cyanobakterien auf.
    Aber aus welchem Grund?
    Lisa blickte auf die auf dem Boden ausgebreitete Navigationskarte nieder. Susan hatte bei ihrem Anfall einen Namen geflüstert und auf die Karte getippt.
    »Angkor«, murmelte Lisa.
    Zunächst hatte sie angenommen, es handele sich um einen Zufall. Jetzt war sie sich da nicht mehr so sicher. Als sie auf dem OP-Tisch festgeschnallt gewesen war, hatte sie eine Unterhaltung belauscht. Devesh hatte ein Telefonat auf Arabisch geführt. Sie hatte nur ein einziges Wort verstanden.
    Einen Namen.
    Angkor.
    Und wenn das nun kein Zufall war?
    Was wusste Susan sonst noch?
    Lisa hatte eine Vermutung, wie sie es herausfinden könnte. Sie fasste Susan um die Schultern, wobei sie darauf achtete, dass sie nur die Decke berührte. Dann hob sie Susans Oberkörper an, sodass sie vom Sonnenschein getroffen wurde, der durch die Windschutzscheibe fiel.
    Kaum dass Susan die Helligkeit auf dem Gesicht spürte, erschauerte sie. Ihre Lider flatterten, die schwarzen Pupillen richteten sich aufs Licht aus. Doch anstatt sich zusammenzuziehen, weiteten sich Susans Pupillen, um noch mehr Licht aufzunehmen.
    Die Bakterien waren in die Netzhaut vorgedrungen und konzentrierten sich um den Sehnerv, dem direkten Zugang zum Gehirn.
    Susan spannte sich an. Erst hing ihr Kopf noch schlaff herab - dann hob er sich.
    »Lisa«, sagte sie mit schwerer Zunge.
    »Ich bin da.«
    »Ich muss... bring mich... ehe es zu spät ist.«
    »Wohin?« Doch Lisa kannte die Antwort bereits.
    Nach Angkor.
    »Die Zeit wird knapp«, murmelte Susan und wandte das Gesicht Lisa zu. Ihre Augen zuckten, scheuten vor dem Sonnenschein
zurück. Sie wirkte verängstigt. Und das nicht nur wegen der drohenden Gefahr. Lisa sah das in ihren Augen. Susan fürchtete sich vor dem, was mit ihrem Körper geschah. Sie kannte die Wahrheit, vermochte den Lauf der Dinge aber nicht aufzuhalten.
    Lisa ließ Susan in den Schatten zurückgleiten.
    Susans Stimme klang vorübergehend ganz normal. Sie fasste Lisa beim Handgelenk. Jetzt, da sie keiner direkten Sonneneinstrahlung mehr ausgesetzt war, brannte die Berührung zwar noch, doch es entwickelten sich wenigstens keine Brandblasen mehr. »Ich bin... ich bin nicht das Heilmittel«, sagte Susan. »Ich weiß, was ihr alle denkt. Aber ich bin es nicht... noch nicht.«
    Lisa runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
    »Ich muss dorthin. Ich spüre das in den Knochen. Das ist eine Gewissheit. Als wäre das Wissen tief in mir verankert. Ich weiß, dass ich recht habe. Ich kann nur nicht erklären, warum ich das weiß.«
    Lisa dachte an eine Unterhaltung, die sie an Bord des Schiffes geführt hatte. Es war um Junk-DNA gegangen, um die alten Virensequenzen in den Genen, das kollektive genetische Gedächtnis der Menschheit.

Weitere Kostenlose Bücher