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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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»Ich stelle es Ihnen frei, Dr. Cummings, anstelle des kleinen Mädchens ein anderes Kind auszuwählen.«
    Lisa stockte der Atem.
    »Ich bin nicht grausam, nur praktisch. Dies ist eine Lektion, die Sie alle sich zu Herzen nehmen sollten.« Er schwenkte die Hand. »Wählen Sie, Lisa.«
    Lisa schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht...«
    »Wählen Sie, oder ich lasse sie alle erschießen, um Ihnen eine Lektion zu erteilen. Wir stehen vor einer zu großen Aufgabe, als dass ich auch nur den kleinsten Ungehorsam dulden dürfte.«
    Auf ein Zeichen des tätowierten Anführers hin zerrte ein Wachposten Lisa vor.
    »Entscheiden Sie sich für ein Kind, Dr. Cummings.«
    Lisa unterdrückte ein Schluchzen und blickte den vier Kindern ins Gesicht. Keines sprach Englisch, doch sie hatten von ihrer Gewissensqual offenbar etwas mitbekommen, und das machte ihnen Angst. Tränen flossen. Sie drängten sich dichter zusammen.
    Lisa fing Deveshs Blick auf. »Bitte, Dr. Patanjali. Das war mein Fehler. Bestrafen Sie mich.«
    »Ich glaube, genau darum geht es hier.« Ungerührt erwiderte er ihren Blick. »Und jetzt wählen Sie.«
    Lisa musterte die vier Gesichter. Das kleine Mädchen und dessen Bruder konnte sie nicht auswählen. Sie hatte keine Wahl. Mit zitternder Hand zeigte sie auf den ältesten Jungen, einen Zehnjährigen.
    Gott sei mir gnädig.
    »Sehr schön. Rakao, du weißt, was du zu tun hast.«
    Der Maori trat vor den verängstigten Jungen hin, der erwartungsvoll zu ihm hochschaute.
    Lisa stöhnte auf. Sie trat einen Schritt vor, wollte ihre Entscheidung rückgängig machen. Ihr Bewacher krallte die Finger um ihren
Ellbogen. Ihre Beine zitterten - dann auf einmal war sie auf den Knien, von Angst und Grauen überwältigt.
    Der Mann hob die Pistole und zielte auf den Kopf des Jungen.
    »Bitte nicht...«, keuchte Lisa.
    Er drückte ab - doch der Schuss blieb aus. Der Hahn klickte laut gegen die leere Trommel.
    Rakao senkte die Waffe.
    In der nachfolgenden Stille ertönte an der anderen Seite des Gangs auf einmal ein gurgelnder Schrei. Dr. Lindholm war auf die Knie gesunken und nahm jetzt eine ähnliche Haltung wie Lisa ein. Er erwiderte ihren Blick, die Augen vor Bestürzung und Schmerz geweitet. Er hatte sich an den Hals gefasst. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor.
    Surina, Deveshs Begleiterin, trat an ihr vorbei. Den Kopf hatte sie demütig geneigt, als habe sie soeben Tee serviert. Ihre Hände waren leer, doch Lisa hatte keinen Zweifel, dass sie dem Arzt die Gurgel durchgeschnitten und den Dolch anschließend ebenso schnell hatte verschwinden lassen, wie sie ihn gezogen hatte.
    Lindholm sackte zusammen und kippte auf den Bauch. Blut sickerte in den weichen Teppich und bildete eine Lache. Seine Hand zuckte, dann rührte er sich nicht mehr.
    »Du Arschloch...«, knurrte Ryder und wandte sich mit versteinerter Miene ab.
    Devesh wandte sich wieder Lisa zu.
    »W-warum?«, stotterte sie, innerlich frierend.
    »Wie ich schon sagte, Dr. Cummings, unserer Aufmerksamkeit entgeht nichts. Das gilt auch für Dr. Lindholms Fähigkeiten. Oder vielmehr seinen Mangel an Fähigkeiten, wenn es um die Forschung und die praktische wissenschaftliche Arbeit ging. Jetzt, da er mit seinem Anruf die WHO beruhigt hat, hat sich sein Daseinszweck erfüllt; ansonsten war er eher eine Belastung als ein Aktivposten. Sein Tod hat wenigstens noch einen Nutzen. Das war eine Demonstration, die Ihnen unter anderem die Folgen des Ungehorsams klarmachen sollte.« Devesh durchbohrte Lisa mit seinem Blick. »Darf ich davon ausgehen, dass Sie sich jetzt über die Folgen im Klaren sind, Dr. Cummings?«
    Sie nickte langsam, den Blick auf die Blutlache gerichtet.

    »Ausgezeichnet.« Er wandte sich an den Rest der Gruppe. »Dr. Lindholms Tod soll Ihnen außerdem zeigen, um was es bei dieser Unternehmung geht. Ihr aller Leben hängt davon ab, dass Sie sich als nützlich erweisen. So einfach ist das. Wer nicht spurt, der stirbt. Ich empfehle Ihnen, diese Lektion auch Ihren Kollegen zu vermitteln, bevor weitere Demonstrationen notwendig werden.«
    Devesh klatschte in die Hände. »jetzt, da die Unannehmlichkeiten hinter uns liegen, können wir uns der Arbeit zuwenden.« Er deutete auf den Maori-Anführer. »Rakao, bitte führen Sie alle auf ihre Posten. Ich werde Dr. Cummings persönlich zu ihrer Patientin geleiten.«
    Rakao steckte die Pistole ins Halfter und teilte seine Männer ein. Devesh geleitete Lisa über den Gang, während die anderen zurückblieben. Sie kam

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