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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Kardinalschnitten. Damit versorgt sie bei den Feuerwehrfesten den gesamten Ort.«
    »Was ist mit der Bar?«
    »Die Gaslight Bar sperrt nur am Samstagabend auf, wochentags ist das Lokal geschlossen. Der Besitzer ist ein gewisser Chuck Rainer, ein DJ, der weitere Lokale in der Steiermark hat und nur am Wochenende nach Grein kommt. Er wohnt in der Nähe von Graz. Das ist nicht weit entfernt, er könnte unser Mann sein.« Berger klappte den Block zu.
    »Es ist Montagmorgen und die Kleine müsste auf dem Weg zur Schule sein«, überlegte Körner laut. »Was wollte sie um acht Uhr morgens in der Bar? Wie kam sie rein? Wie kam der Täter hinein? Warum war die Tür offen, als die Reporter kamen? Wer hat einen Schlüssel zum Lokal?« Er nickte seiner Kollegin zu. »Das sind die Fragen, die wir beantworten müssen. In der Zwischenzeit geben wir eine Fahndung nach Chuck Rainer an alle Dienststellen.«
    Berger schrieb in ihrem Block.
    »Was sagt Ihnen Ihr Instinkt?«
    Sie sah auf, als habe sie nicht mit dieser Frage gerechnet. »Die Leute im Ort sind merkwürdig: der Gendarm, der Dorfarzt und die Wirtin vom Gasthaus gegenüber. Es ist komisch, ich komme mir vor wie in einer kleinen verschworenen Gemeinde, als hätten hier alle etwas zu verbergen … als fürchteten sie die Polizei.«
    Körner lächelte gequält. »Da erzählen Sie mir nichts Neues. Die fürchten sich vor allem, was von außerhalb in ihr kleines Dorf kommt.«
    »Im Ort erzählt man sich …« Berger zögerte, als überlege sie, ob sie überhaupt weitersprechen solle. Schließlich gab sie sich einen Ruck. »Dass es um die kleine Krajnik nicht schade sei, die hatte sowieso eine Macke, ihre Eltern sind angeblich miteinander verwandt.«
    »Das darf doch nicht wahr sein!«, entfuhr es Körner. Er schüttelte den Kopf. Wieder einmal die alten Gerüchte, dass in diesem Ort jeder mit jedem ins Bett stieg. In Grein verging kein Tag, an dem nicht ein neuer Klatsch am Stammtisch erfunden wurde.
    Irgendjemand hatte immer eine Affäre mit jemand anderem, und es war die Rede von Kuckuckskindern und inzestuösen Verbindungen. Nichts hatte sich verändert, die Menschen wurden einfach nicht schlauer. »Beschränken wir uns auf die Fakten«, sagte er schließlich.
     
    Als die Mittagsglocken läuteten, kamen Basedov, Jana Sabriski und Rolf Philipp aus der Diskothek.
    »Frische Luft!« Philipp streckte die Arme von sich und bog das Kreuz durch. Seine Rückenwirbel knackten, und er stöhnte gequält auf, als habe er die letzten Stunden kriechend auf dem Boden verbracht, was der Wahrheit ziemlich nahe kam.
    Die Gendarmen ließen den Leichenwagen vorfahren, und Sabriski unterzeichnete das Protokoll. Sabine Krajniks Leiche wurde der Gerichtsmedizin überstellt und zur Wiener Pathologie in die Sensengasse abtransportiert. Wie üblich machte Philipp seine blöden Scherze über das Wortspiel Pathologie - Sensengasse, doch niemand lachte.
    Jana Sabriski hob die Hand zum Gruß. »Mein Wagen parkt hinten. Ich fahre gleich los.«
    »Wie lange wirst du brauchen?« Körner blickte auf die Uhr.
    »Kommst du zur Obduktion?«
    »Ja.«
    »Dann brauche ich zwei Monate.«
    »Gönnt euch mal eine Pause«, fuhr Philipp dazwischen. »Das ist ja ekelhaft, euch beiden zuzuhören. Jana, ich fahre auch gleich mit, und Basedov soll die Fotos machen. In drei Stunden sind wir fertig. Ist das okay für dich, Lady?«
    Sabriski nickte widerwillig. »Du bekommst den Bericht noch heute«, sagte sie zu Körner.
    »Kommt der große Detektiv zur Obduktion?« Philipp zuckte anzüglich mit der Augenbraue, als wolle er Körner mit Sabriski verkuppeln.
    Körner stieg in das Geplänkel nicht ein. »Mal sehen. Berger und ich haben hier noch einiges zu erledigen. Wir hören uns im Ort um. Ich möchte wissen, wer das Mädchen zuletzt lebend gesehen hat.«
    »Das kann ich dir sagen.« Philipp kam auf Tuchfühlung heran.
    Erst jetzt roch Körner Philipps aufdringliche Mischung aus Rasierwasser, Eau de Cologne und Pfeifentabak.
    »Wer?«
    »Der Mörder.« Philipp grinste und klopfte Körner auf die Schulter. Dieser sparte sich aber einen Kommentar darauf.
    Philipp deutete zur Diskothek und erklärte: »Wir lassen das Eisengestänge morgen abmontieren und schicken es ins Labor. Die Gendarmen sollen die Eingänge zur Bar plombieren.«
    Ein Blitz zuckte am Horizont, Sekunden später grollte ferner Donner. Körner fuhr zusammen, und eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken. Er spürte, wie ihm der nasse Pullover am Körper

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