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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Schweiß und muffigen Kleidern. In den Kochtöpfen brodelten alte Putzlappen, die ausgekocht wurden, aus dem Backrohr drang der Mief von heißem Bratenfett und auf dem Fenstersims standen Dutzende Marmeladegläser, auf denen sich eine Schar von Fliegen tummelte. An den beschlagenen Fensterscheiben lief das Kondenswasser herunter und sammelte sich in der Mauerecke, wo bereits schwarzer Schimmel wucherte. Körner ekelte sich, er wollte so rasch als möglich verschwinden. Tief durchatmen! Er stand neben dem Fenster und beobachtete Bert und Marga Krajnik, während Berger sie kurz über die Fakten des Falls informierte. Der Bürgermeister hatte ihr bestimmt die meiste Arbeit abgenommen, denn die Eltern reagierten mit einer unerwarteten Lethargie auf Bergers knappe Worte.
    Sabine Krajniks Vater war ein Bär von einem Mann, dem Körner zutraute, dass er allein ein Schwein niederhalten und mit dem Bolzenschussapparat töten konnte. Er trug nichts weiter als fleckige Jeans, ein Stoffhemd mit aufgerollten Ärmeln und eine blaue Schürze. Seine Unterarme waren dicht behaart, und die Brustbehaarung reichte ihm bis zum schlecht rasierten Hals. Schwarze Ringe lagen unter seinen Augen, als sei er in den letzten Wochen nur zu wenigen Stunden Schlaf gekommen. Nachdem Sonja Berger ihren Bericht beendet hatte, ließ er einen Schluck Leitungswasser in eine Kaffeetasse laufen und trank davon. Körner traute seinen Augen nicht: Von einem kristallklaren Wasser konnte nicht die Rede sein, es hatte einen trüben Grau ton.
    Berger räusperte sich. »Ich würde das Wasser vorher abkochen.«
    »Ach was«, brummte der Metzger. Er nippte wieder an der Tasse.
    Körner wurde übel. Wo war er hier? Merkte der Mann nicht, dass die Schmeißfliegen die Tasse umschwirrten und über ihren Rand krochen, während er davon trank? Er machte keine Anstalten, die Insekten zu verscheuchen, als gehörten sie zu seinem Lebensalltag dazu.
    Seine Frau war einen Kopf kleiner als er und hatte eine stämmige Figur. Ihre rosigen Backen glänzten, und sie wischte sich ständig die Hände in die Schürze. Sie war jene Frau, die sämüiche Besucher der Feuerwehrfeste mit Keksen und Kardinalschnitten versorgte, erinnerte sich Körner. Er glaubte Mehl und Teigreste auf ihrer Schürze zu erkennen. Als sie auf ihren Mann zuging, sah er, dass sie auffällig humpelte, als habe sie eine schiefe Hüfte oder ein verkrümmtes Rückgrat. Vielleicht war es auch nur ein eingeschlafenes Bein, das sie so merkwürdig auftreten ließ.
    »Lass das, du bekommst Kopfschmerzen davon.« Sie nahm ihrem Mann die Tasse aus der Hand und stellte sie zu dem restlichen Geschirr in die Abwasch. Dort türmten sich Teller, Töpfe und Essbesteck. Auf Grund der Schmutzränder vermutete Körner, dass sich das Geschirr schon seit Tagen in der Spüle stapeln musste. Er schielte zu Berger. Sie hatte es ebenfalls bemerkt. Er selbst war nicht so zart besaitet, aber mit Sicherheit drehte es Berger gerade den Magen um.
    »Ich kann verstehen, dass es Ihnen schwer fällt, über Ihre Tochter zu sprechen, doch was können Sie mir über Sabine erzählen?« Berger hielt den Block in der Hand und klopfte sich mit dem Kugelschreiber auf die Zähne.
    Sie warteten. Schließlich begann Marga Krajnik zu reden. »In der Schule war sie gut, es war nie notwendig, zum Elternsprechtag in die Stadt zu fahren. Am Wochenende half sie Bert im Stall, später einmal hätte sie den Hof übernehmen sollen. Wir wollten, dass sie dienstags und donnerstags in den Kirchenchor geht, doch da sie dort niemanden kannte, haben wir sie nicht länger gedrängt. Bert meinte, wir müssten Sabine nur Zeit lassen.«
    »Womit beschäftigte sie sich in ihrer Freizeit?«
    »Oh, sie konnte wunderbar malen.« Die Mutter lächelte. »Das konnte sie wirklich gut.«
    »Zeitverschwendung«, brummte der Vater.
    Berger ignorierte den Einwurf. »Hatte sie Freunde im Ort?«
    Die Mutter schüttelte den Kopf. »Aber mit Tieren konnte sie gut umgehen. Wir haben fünf Katzen am Hof, ein Pferd und einen Hund. Ja, einen Hund auch, das war ihr Liebling.«
    »Etwa der Setter, der draußen streunt?«
    »Jimbo«, brummte der Vater. »Er ist ein guter Hund.«
    »Wann hat sie heute Morgen das Haus verlassen?«, mischte sich Körner in das Gespräch. Er merkte, dass das Gerede zu nichts führte.
    »Um sieben Uhr, wie immer.«
    »Wohin?«
    »Zum Bus.«
    »Wann ging der Bus?«
    »Fünf nach sieben.«
    »Wohin fährt er?«
    »Nach Neunkirchen.«
    »Hatte sie ihre Schultasche

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