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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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also seinen Fluchtweg nur durch die Bar, an den Toiletten vorbei über den Hof nach draußen nehmen. Da er mit keiner Überraschung rechnete, hätte er sein Fahrzeug ohne Probleme am Hauptplatz vor der Bar parken können. Dort stand aber keines. Möglich, dass er und Sabine zu Fuß zur Bar gingen. Oder traf er sich dort mit ihr? Vielleicht gibt es Augenzeugen. Mit ziemlicher Sicherheit konnte er sein Verbrechen nicht so durchführen, wie er es gern getan hätte. Er konnte sein Kunstwerk nicht vollenden, es ist nicht perfekt, und das macht ihn wütend. Möglich, dass es sein erster Mord war, aber wenn wir ihn nicht fassen, bestimmt nicht sein letzter.« Sie öffnete die Augen und blinzelte. Ihre Wangen waren blass, und sie sah Körner erstaunt an. Möglicherweise war sie von sich selbst überrascht.
    Körner nickte langsam. »Sie haben mehr drauf, als bloß Artikel zu schreiben.« Sie lächelte leicht.
    »Was schließen Sie daraus?«, fragte Körner.
    »Er ist ein Ortsansässiger! Ich bin mir sicher, er wohnt in Grein und kennt Sabine Krajnik verdammt gut. Er hat das Verbrechen vorbereitet. Außerdem …« Ihr Gesicht erhellte sich, als sei ihr ein brillanter Gedanke gekommen. »Außerdem ging er so weit, selbst die Presse anzurufen, um sie von seiner Tat zu informieren.«
    Körner sah sie mit großen Augen an. »Sie glauben, er war der anonyme Anrufer?«
    »Er braucht den Nervenkitzel. Für ihn ist es ein Spiel. Er möchte schlauer sein als die Polizei.«
    Körner bemerkte, wie sie plötzlich aufgeregt wurde und mit den Fingern durch die Luft fuhr.
    »Wenn wir eine Bürgerversammlung im Ort einberufen, um mit der örtlichen Polizei Schutzmaßnahmen zu diskutieren, und die Einwohner über den Fall informieren, bin ich mir sicher, der Mörder wird unter den Besuchern sein. Eine solche Gelegenheit würde er sich nicht entgehen lassen. Vielleicht mischt er sich sogar in die Ermittlungen ein. Wir könnten eine versteckte Videokamera im Saal installieren oder …«
    Er schüttelte den Kopf. »Stopp!«
    Sie brach abrupt ab und zog die Schultern hoch. »Sie stimmen nicht mit mir überein?«
    »Grundsätzlich schon.« Er sog die Luft tief ein. Mit einem Mal hatte er Zweifel an der gesamten Theorie, die Berger binnen Minuten aus dem Ärmel gezaubert hatte. »Nur meine ich, dass alles zu glatt läuft. Zu typisch! Es sieht verdammt noch mal so aus, als seien die Spuren am Tatort so arrangiert worden, als wolle man die Tat eines Serienkillers darstellen, als sollten wir genau das denken, was wir gerade denken. Und wir fallen prompt drauf rein.«
    »Sie glauben, es war kein Serienkiller am Werk?«
    »Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie meinen, in diesem Ort leben genug Verrückte, doch die sind nicht verrückt genug, um so etwas durchzuziehen. Nein! Ich vermute, jemand wollte die Kleine zum Schweigen bringen. Vielleicht wusste sie etwas über einen Mitschüler, einen verheirateten Lehrer, mit dem sie eine Affäre hatte oder einen Onkel, der sie sexuell missbrauchte. Orte wie Grein sind voll von solchen Gerüchten.«
    Berger ließ die Schultern hängen, sie wirkte enttäuscht, beinahe frustriert. Er merkte, wie sehr sie an der Serienkiller-Theorie festhielt und sich innerlich gegen seinen Einwand sträubte. Er konnte es ihr nicht einmal verdenken. Alles passte zu gut in ihren psychologischen Theoriekasten. Doch auch weniger schlaue Killer kannten dieses Instrumentarium und legten gezielt falsche Spuren. Dazu musste man kein Genie sein.
    »Wenn Sie Recht haben sollten, müsste es ein Motiv geben.«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Genau.« Er stand auf und ging durch das Zimmer. »Finden wir es raus: Wer kommt in Frage? Wem nützt die Tat? Irgendwelchen Verwandten? Einem Onkel, einer Tante? Nachbarn, Lehrern, Schülern, Freunden? Sie war kein Mitglied eines ortsansässigen Vereins, vielleicht aber in einem Neunkirchener Aerobicclub oder einer Tanzschule. Mit wem ging sie ins Kino und vor allem auf Konzerte?« Er nickte zu den Marilyn Manson- und Kylie Minogue-Postern an der Wand. »Wer war ihr Gitarrenlehrer?« Er deutete auf die Gitarrentasche in der Ecke. »Was trieb sie in den letzten Wochen? Mit wem war sie zusammen? Außerdem möchte ich wissen, was sie so zeitig in der Früh in der Bar gesucht hat. Kannte sie das Lokal? War sie schon früher einmal dort gewesen? Überprüfen Sie das, ich möchte alles über die Kleine wissen.«
    »Ja«, seufzte Berger. Sie hockte sich vor das Bett und räumte die Bücher in die

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