Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
Vom Netzwerk:
dem stillgelegten Bergwerk vorbei aus dem Ort führte. »Da lang kommt ihr nach Heidenhof. Dort ist ebenfalls eine Brücke, die zur Bundesstraße geht.«
    Philipp warf die Arme in die Luft. »Ach, was! Die Heidenhofer Brücke ist schon vor zwei Stunden gesperrt worden.«
    Im selben Moment brauste ein Feuerwehrauto an ihnen vorbei in den Nachbarort. »Idioten!«, brüllte Philipp dem Wagen hinterher.
    Berger schlug den Kragen der Regenjacke hoch. »Weshalb regt er sich auf?«
    »Wir sitzen fest«, bemerkte er, warf den Kopf in den Nacken und starrte in den Himmel, der greifbar nah schien. Die schwarzen Wolken hingen so tief, dass sie das Land bis zum Horizont verdunkelten. Er öffnete den Mund und schmeckte den sauren Regen. Es war wie ein schlechter Witz! Nach siebenundzwanzig Jahren kehrte er ein einziges Mal an den Ort seiner Kindheit zurück, um von Berufs wegen einen Fall zu lösen, und ausgerechnet dabei wurde er eingeschlossen und hockte fest. Nur zwei Brücken führten auf die Bundesstraße, eine in Grein und die zweite in Heidenhof. Er wusste, was das bedeutete. Beide Orte lagen in einer Senke, die auf der einen Seite von der Trier in weitem Bogen umschlossen wurde. Auf der anderen Seite lag der Hohe Gschwendt, der erste Berg des Rosaliengebirges. Es gab nur zwei Möglichkeiten, um die Dörfer zu verlassen: durch die Trier zu schwimmen oder über das Gebirge zu klettern.
    »Alex, was machen wir?«, rief Basedov aus dem Wagen.
    Körner wischte sich den Regen aus dem Gesicht. »Abwarten.« Er wählte Jutta Korens Nummer.
    Noch bevor er ein Wort sagen konnte fuhr sie ihn an. »Körner, Sie haben Nerven! Warum zum Teufel haben Sie die Zünder nicht abgegeben?«
    Die verdammten Zünder in seinem Kofferraum kümmerten ihn im Moment am wenigsten. »Wir haben eine zweite Leiche im Ort«, eröffnete er ihr. »Ein Mord! Um in beiden Fällen schneller voranzukommen, brauchen wir dringend eine Exhumierung von Sabine Krajniks älteren Geschwistern.«
    Er erläuterte Koren die Zusammenhänge und bat sie, Staatsanwalt Hauser in dieser Angelegenheit zu bearbeiten. Währenddessen trat Philipp neben ihn und wedelte aufgebracht mit den Armen.
    Körner hielt ihn mit einer Geste zurück und fuhr fort: »Aber ich rufe nicht nur deswegen an …« Er berichtete ihr über die Wetterverhältnisse, die gesperrten Brücken und dass er mit seinem kompletten Ermittlerteam im Ort festsaß. Berger, Basedov und Sabriski hörten schweigend mit. »Wir müssen hier so schnell wie möglich raus«, schloss er.
    »Wie stellen Sie sich das vor? Soll ich Sie etwa mit einem Hubschrauber evakuieren lassen?«
    »Ein Boot könnte …«
    »Körner, warten Sie ab, bis der Wasserstand sinkt und quartieren Sie sich so lange im Ort ein. Mehr kann ich im Moment nicht für Sie tun. Wenn es sein muss, mieten Sie ein öffentliches Lokal als Ermittlungsbüro. Das Landesgendarmeriekommando bezahlt das. Philipp und Sabriski sind bei Ihnen, was wollen Sie mehr? Treiben Sie die Ermittlungen voran. Halten Sie mich auf dem Laufenden.« Sie legte auf.
    »Und?«, rief Philipp.
    »Wir bleiben vorerst hier.«
    »Oh, ich liebe dieses Kaff!« Philipp schlug mit der Faust auf die Motorhaube. »Wären wir nur eine Minute schneller gewesen, befänden wir uns jetzt schon auf der Bundesstraße und ich müsste meinen Feierabend nicht in diesem feuchten Loch verbringen.«
    Sabriski kletterte aus dem Wagen. Sie lächelte gelassen. »He, nimm es als Abwechslung. In dieser netten, ruhigen Gegend wollte ich schon immer mal Urlaub machen.«
    Berger sah sie entgeistert an. »Das ist nicht Ihr Ernst? Ich bin klitschnass und habe nur eine Garnitur zum Umziehen dabei. Und so ein Hochwasser kann Tage dauern.«
    »Tage - wir sollen tagelang hier rumsauern?« Philipp bekam große Augen.
    Die Gerichtsmedizinerin kramte in ihrer Sporttasche nach einem Gummiband und flocht sich das offene Haar zu einem Zopf. »Schätzchen, ich kann Ihnen einen Pullover borgen.«
    »Nein danke«, entgegnete Berger entschieden.
    Körner konnte es ihr nicht verdenken. Die stets modisch gekleidete Kriminalpsychologin würde nie im Leben einen von Sabriskis abgetragenen Pullis überziehen - und außerdem musste sie es mittlerweile hassen, ständig Schätzchen genannt zu werden. »Dieses Angebot sollten Sie nicht ausschlagen«, sagte er schlichtend. »Sonst ist unsere Chirurgin nicht so großzügig.«
    »Jana hat die größte Rollkragenpulloversammlung, die es gibt«, kommentierte Philipp.
    »Nur dir passt keiner

Weitere Kostenlose Bücher