Der jüdische Krieg.
schauspielerte, schmeichelte, paktierte, daß es für den Kenner eine Lust war, solche Hemmungslosigkeit mit anzusehen. Sein eigenes Judentum ist geistiger als das des Josef, es wird Zusammenstöße geben. Es wird ein harter Wettlauf sein, es wird nicht immer leicht sein, fair zu bleiben: aber er wird fair bleiben. Er wird dem andern jede Chance geben, die ihm zukommt.
,Ich würde Ihnen raten, Josef Ben Matthias«, sagte er, sich an den Schauspieler Demetrius Liban zu wenden.« Und wieder schauten alle auf den gelbgesichtigen jungen Herrn. Wieso waren die andern nicht auf diese Idee gekommen? Demetrius Liban, der populärste Komiker der Hauptstadt, verhätschelter Liebling des Hofs, ein Jude, der sein Judentum bei jedem Anlaß betonte, ja, das war der rechte Mann für Josefs Sache. Die Kaiserin sah ihn gern, lud ihn allwöchentlich ein zu ihren Gesellschaften. Beide stimmten zu: Demetrius Liban war die richtige Adresse für Josef.
Eine kleine Weile später trennte man sich. Josef ging hinauf in sein Zimmer. Er schlief bald ein, sehr befriedigt. Justus von Tiberias ging allein nach Haus, beschwerlich durch die dunkle Nacht. Er lächelte; der Gemeindepräsident Cajus Barzaarone hatte es nicht einmal für der Mühe wert gehalten, ihm einen Fackelträger mitzugeben.
Sehr bald nach Tagesanbruch stellte sich Josef, begleitet von einem Leibeigenen des Gemeindepräsidenten Cajus Barzaarone, am Tibur-Tor ein, wo ihn ein Fuhrknecht der Handels gesellschaft für Überlandverkehr erwartete. Der Wagen war klein, zweirädrig, ziemlich eng und unbequem. Es regnete. Der mürrische Fuhrknecht veranschlagte die Dauer der Fahrt auf etwa drei Stunden. Josef fröstelte. Der Leibeigene, den ihm Cajus vor allem als Dolmetscher mitgegeben hatte, zeigte sich wenig redselig, döste bald ein. Josef hüllte sich fester in seinen Mantel. In Judäa könnte er es jetzt noch schön warm haben. Trotzdem, es ist besser, daß er hier ist. Diesmal muß es gut hinausgehen, er glaubt an sein Glück.
Die Juden hier in Rom bringen seine drei Unschuldigen immer in Zusammenhang mit der Politik der »Rächer Israels«, mit der Sache Cäsarea. Gewiß, es ist von Bedeutung für das ganze Land, ob man die Juden durch Schiebung ihrer Herrschaft in der Stadt Cäsarea berauben wird; aber er will nicht, daß man diese Frage mit seinen drei Unschuldigen verquickt. Er findet das zynisch. Ihm geht es nur um das ethische Prinzip. Den Gefangenen helfen, das ist eine der ersten sittlichen Forderungen jüdischer Lehre.
Wenn man ehrlich sein will, so ganz von ungefähr sind die drei Unschuldigen wahrscheinlich nicht in Cäsarea gewesen gerade zur Zeit der Wahlen. Von seinem Standpunkt aus hatte der damalige Gouverneur Anton Felix schon seine Gründe gehabt, die drei zu packen. Immerhin, er, Josef, hat keine Ursache, sich mit den Gründen des jetzt glücklicherweise abberufenen Gouverneurs zu befassen. Für ihn sind die drei unschuldig. Den Gefangenen helfen.
Der Wagen stößt. Die Straße ist verdammt schlecht. Sieh da, man ist bereits im Bereich der Ziegelei. Es ist eine graugelbliche Ödnis, ringsum Pfähle und Palisaden und dahinter nochmals Pfähle und Palisaden. Vor dem Tor schauen ihnen lungernde Wachsoldaten entgegen, mißtrauisch, neugierig, froh der Abwechslung. Der Leibeigene parlamentiert mit ihnen, zeigt die Ausweise vor. Josef steht unbehaglich daneben.
Sie werden zum Verwalter geführt, einen trüben, drückenden Weg. Ringsum ist dumpfer, monotoner Singsang; bei der Arbeit muß gesungen werden, das ist Vorschrift. Die Aufseher haben Knüppel und Knuten, sie schauen verwundert auf die Fremden.
Der Verwalter ist unangenehm erstaunt. Sonst wenn Besucher kommen, pflegt man ihn rechtzeitig zu benachrichtigen. Er wittert Kontrolle, Unannehmlichkeiten, versteht Josefs Latein nicht oder will es nicht verstehen, sein eigenes Griechisch ist schwach. Man muß, um sich zu verständigen, immerzu die Hilfe des Leibeigenen anrufen. Dann kommt ein Unterbeamter, flüstert mit dem Verwalter, und sofort ändert sich das Benehmen des Mannes. Er erklärt auch offen, warum. Um die Gesundheit der drei steht es nicht zum besten, er hat gefürchtet, man habe sie gleichwohl zur Arbeit geschickt, jetzt hat er erfahren, daß man sie humanerweise in der Zelle gelassen hat. Er freut sich, daß das so gut ging, taut auf, er versteht jetzt das Latein des Josef viel besser, auch sein eigenes Griechisch wird besser, er wird gesprächig.
Da sind die
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