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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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waren beide abgezehrt, verwahrlost, verbittert von vielen Mühen, Pein und Enttäuschung. Wie kann man so jung sein und so mürrisch? dachte Johann. Es sind noch nicht drei Jahre, da war um diesen Mann ein Strahlen wie um den Tempel selbst. »Sie können meine ganzen Geschütze haben«, sagte er, offen, beinahe zart. »Ich will nicht gegen Simon Bar Giora bestehen, ich will gegen die Römer bestehen.« – »Ich danke Ihnen«, sagte Simon, und jetzt war in seinen engen, braunen Augen etwas von der alten, wilden Zuversicht. »Dies ist ein guter Passahabend, an dem Jahve Ihren Sinn für mich geöffnet hat. Wir werden Jerusalem halten, und die Römer werden zerschmettert werden.« Er saß schlank und aufrecht vor dem breiten Johann, und man sah, daß er sehr jung war.
      Johann von Gischalas klobige Bauernhand spielte mit dem großen Weinbecher. Er war leer, und mehr als die vier Becher durfte man nicht trinken. »Wir werden Jerusalem nicht halten, mein Herr Simon, mein Bruder«, sagte er. »Nicht die Römer, sondern wir werden zerschmettert werden. Aber es ist gut, daß es Männer gibt mit einem solchen Glauben wie Sie.« Und er sah freundschaftlich auf ihn, herzlich.
      »Ich weiß«, sagte leidenschaftlich Simon, »daß Jahve uns den Sieg geben wird. Und Sie glauben es auch, Johann. Warum sonst hätten Sie diesen Krieg angefangen?« Johann schaute nachdenklich auf die Feldbinde mit den Initialen Makkabi. »Ich will nicht mit Ihnen rechten, mein Bruder Simon«, sagte er nachgiebig, »warum mein Glaube in Jerusalem nicht so fest ist wie in Galiläa.« Simon bezwang sich. »Schweigen Sie von dem Blut und Feuer«, sagte er, »das zwischen uns war. Nicht Sie waren schuld und nicht ich war schuld. Die Aristokraten und Doktoren waren schuld.« – »Nun«, stieß ihn Johann vertraulich an, »denen haben Sie es ja gegeben. Gesprungen wie syrische Seiltänzer sind sie, die Herren Doktoren in ihren langen Röcken. Der alte Erzpriester Anain, der sich im Großen Rat ein Ansehen gab wie der zürnende Gott Jahve selber, damals lag er tot und bloß und schmutzig und keine Augenweide mehr. Der wirft Sie kein zweites Mal aus der Quadernhalle hinaus.« – »Nun«, sagte Simon, und jetzt ging selbst über sein zerarbeitetes Gesicht ein kleines Lächeln, »Sie, mein Johann, waren auch der Zahmste nicht. Wie Sie die letzten aristokratischen Erzpriestersöhne erledigten, und wie Sie dann den Bauarbeiter Phanias zum Erzpriester auslosten, und wie Sie den dummen, tölpischen Burschen die Einkleidungszeremonien und den ganzen Kram zelebrieren ließen, das kann man auch nicht gerade in einer Lehrstunde für fromme Lebensart als Beispiel anführen.« Johann schmunzelte. »Sagen Sie nichts gegen meinen Erzpriester Phanias, mein Bruder Simon«, sagte er. »Er ist ein bißchen schwerfällig, zugegeben, aber er ist ein guter Mann, und er ist ein Arbeiter, kein Aristokrat. Er gehört zu uns. Und schließlich hat das Los ihn bestimmt.« – »Haben Sie bei der Auslosung nicht ein wenig nachgeholfen?« fragte Simon. »Wir stammen aus einem Land«, lachte Johann. »Dein Gerasa und mein Gischala liegen nicht weit auseinander. Komm, mein Bruder Simon, mein Landsmann, küsse mich.« Simon zögerte einen Augenblick. Dann machte er die Arme auf, und sie küßten sich.
      Dann, es ging gegen Mitternacht, machten sie einen Rundgang, um Mauern und Wachtposten zu inspizieren. Oft stolperten sie über schlafende Wallfahrer; denn die Häuser boten nicht Raum, und in allen Torwegen, auf allen Straßen lagen die Pilger, manchmal unter primitiven Zelten, oft nur gehüllt in ihre Mäntel. Die Nacht war frisch, in der Luft lag dick der Gestank von Menschen, Rauch, Holz, gebratenem Fleisch, Spuren des Bürgerkriegs waren überall, um die Mauern stand der Feind, die Straßen Jerusalems waren kein bequemes Bett. Aber die Pilger schliefen gut. Dies war die Nacht der Obhut, und wie einstmals die Ägypter, so wird Jahve jetzt die Römer mit Mann und Roß und Wagen ins Meer schmeißen. Simon und Johann bemühten sich, ihre Schritte zart zu setzen, und machten wohl auch um einen Schlafenden einen umständlichen Bogen. Sie waren fachmännisch neugierig einer auf die Verteidigungsmaßnahmen des andern. Sie fanden überall gute Zucht und Ordnung, die Anrufe der Wachtposten kamen, wie sie sollten.
      Der Morgen schritt vor. Von jenseits der Mauern klangen die Signale der Römer. Aber dann kam vom Tempel her das ungeheure Getöse, mit dem das Tor zum Heiligen Raum sich

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