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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Dorion zusammen sein«, sagte Josef, »solange ich an dem Buch schreibe.« Regin sah hoch. »Das ist merkwürdig«, meinte er. »Dabei ist eigentlich die Dame der Grund Ihres Buches.« – »Ein Anlaß vielleicht«, lehnte Josef ab.
      »Wenn Sie bei mir wohnen wollen, mein Haus steht zu Ihrer Verfügung«, sagte der Verleger. Josef zögerte. »Ich möchte allein sein«, sagte er, »solange ich an dem Buch schreibe.« – »Ich glaube«, sagte Claudius Regin, »der Kaiser wird Ihnen das Haus einräumen, das er früher bewohnt hat. Das Haus ist ein wenig kahl, die Majestät war immer sparsam, das wissen Sie.«
      Josef bezog das Haus. Es war groß, dunkel, verwahrlost. Er wohnte dort mit einem einzigen Leibeigenen. Er pflegte sich nicht, aß nur das Notwendigste. Er zeigte keinem Menschen an, daß er in Rom sei. Er strich durch die Straßen, wenn sie am leersten waren, sah die Vorbereitungen zu dem Triumphzug. Überall schon arbeitete man an Gerüsten, Tribünen. An den Mauerwänden, an den Toren tauchten riesige Bilder des Vespasian, des Titus auf, Spruchbänder um sie, die die Imperatoren feierten, das besiegte Judäa verhöhnten. In gigantischer Vergrößerung stierten dem Josef die Fratzen des Kaisers und des Prinzen entgegen, leer, grob, verzerrt; alles Vertraute war fort, es waren Gesichter des Pedan.
      Eines Tages, in den Kolonnaden des Marsfelds, begegnete dem Josef die Sänfte des Senators Marull. Josef wollte rasch vorbei, aber der Senator hatte ihn erspäht. »Sie haben Karriere gemacht, junger Herr«, konstatierte er. »Sie haben sich verändert. Ja, Schicksale machen Köpfe.« Er betrachtete ihn durch seinen blickschärfenden Smaragd. »Erinnern Sie sich, wie ich Sie über Rom informierte, in der Großen Rennbahn? Das war vor fünf Jahren. Ich habe damals schon gesehen, daß es sich lohnt, Sie zu informieren. Sie haben sich im rechten Augenblick auf die richtige Seite gelegt.«
      Er ließ ihn nicht gehen, nahm ihn mit sich, erzählte ihm. Er schrieb an einer Posse, die zu Beginn der Triumphwoche im Marcell-Theater in Szene gehen sollte. Held der Posse sollte der Jude Secharja sein, ein Gefangener, verurteilt zu den Spielen. Der Schauspieler Demetrius Liban wird ihn darstellen. Der Gefangene Secharja soll im Einzelkampf mit einem andern sterben. Die Todesangst des Juden, seine Bitten, seine Erwartung, trotz allem begnadigt zu werden, sein Fechten, sein Nichtfechten, das alles gab Anlaß zu sehr vielen komischen Szenen, Witzen, Tänzen, Couplets. Die Frage war nur der Schluß. Es wäre reizvoll, einen Doppelgänger des Liban zu suchen – man hat jetzt ja reichliche Auswahl –, so ähnlich, daß die eigene Mutter ihn nicht von dem Schauspieler wegkennt, und ihn von einem Berufsfechter abtun zu lassen. Andernteils ist das Publikum mit Kreuzigungen und toten Juden übersättigt. Vielleicht läßt man doch besser den Gefangenen Secharja begnadigt werden. Seine Freude am neuen Leben ist kein schlechtes Motiv, und zum Schluß könnte er aus Dankbarkeit Schätze aus seinem Versteck holen und sie unters Publikum verteilen. Man kann es vielleicht so wenden, daß man ihn am Schluß am Kreuz hängen läßt und daß dann einer kommt und ihn herunterholt, haben nicht Sie was Ähnliches gemacht, Flavius Josephus?, und daß er dann Geld vom Kreuz aus unters Publikum wirft, neugeprägte Siegesmünzen.
      Josef mußte über den Abend bei dem Senator Marull bleiben, mit ihm essen. Der hagere, gescheite Herr interessierte sich für eine Menge abliegender Details aus dem Feldzug, er holte den Josef gründlich aus. Auch er konnte dem Josef Neuigkeiten mitteilen. Es stand nun fest, daß von den drei Repräsentanten der Juden, die im Triumphzug aufgeführt werden sollten, nur an Simon Bar Giora die während des Triumphs übliche Hinrichtung vollzogen werden wird. Die beiden andern, Johann von Gischala und der Erzpriester Phanias, sollten nach dem Triumph als Leibeigene verkauft werden. Es sind drei Reflektanten da: Mucian, der Minister Talaß und er selber. Er hat Grund anzunehmen, daß man ihn berücksichtigen wird. Die Dame Cänis ist nicht billig, aber er ist kein Knauser. Zu wem Josef ihm mehr rate, zu dem Feldherrn oder zu dem Erzpriester?
      Am andern Tag überwand sich Josef und suchte den Schauspieler Demetrius Liban auf. Er fand ihn überraschend gealtert und nervös. »Ah, da sind Sie ja«, empfing er ihn. »Natürlich, Sie durften nicht fehlen. Eigentlich habe ich Sie schon längst erwartet.« Er war

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