Der jüdische Krieg.
mitgebracht, laß sie mich dir zeigen. Komm zu mir, Cornel.« Der Knabe strahlte.
Mittlerweile war Titus in Italien angelangt. Es waren im Osten noch mancherlei Anfechtungen an ihn herangetreten. Im Namen der Fünften und der Fünfzehnten Legion, die in unbeliebte Quartiere an der untern Donau gelegt werden sollten, hatte der Hauptmann Pedan ihn gebeten, bei diesen Legionen zu bleiben oder sie mit sich nach Rom zu nehmen. Der Prinz hatte sogleich begriffen, was hinter den schlau naiven Worten des alten, ehrlichen Soldaten stak, das Angebot nämlich, an Stelle des alten Vespasian ihn zum Kaiser auszurufen. Das war für Titus verlockend, aber sehr riskant, und er hatte nicht gezögert, in ebenso naiven, spaßhaften Worten abzulehnen. Der Osten aber hatte ihn auch weiterhin gefeiert wie einen Selbstherrscher, und Titus hatte sich’s nicht versagen können, sich in Memphis bei der Weihe des Apis-Stieres das Diadem Ägyptens aufs Haupt zu setzen. Das war unvorsichtig gewesen, es konnte mißdeutet werden, und der Prinz hatte sich beeilt, seinem Vater brieflich zu versichern, er habe es natürlich nur in Stellvertretung getan. Anders habe auch er es natürlich nicht aufgefaßt, hatte Vespasian postwendend erwidert, hatte aber in aller Freundschaft mehrere zehntausend Mann gegen den Osten in Bereitschaft gestellt.
Daraufhin also kam Titus, sehr schnell, sehr schlicht, fast ohne Gefolge. Rom durfte er, wollte er seinen Triumph haben, nach altem Brauch erst am Tage des Zuges betreten. So kam Vespasian dem Sohn auf der Appischen Straße entgegen. »Da bin ich, Vater, da bin ich«, begrüßte ihn Titus treuherzig. »Es wäre dir auch nicht gut bekommen, mein Junge«, knarrte Vespasian, »wenn du dich noch länger im Osten herumgetrieben hättest.« Dann erst küßte er ihn.
Gleich nach dem Essen, in Gegenwart Mucians und der Dame Cänis, kam es zu der notwendigen Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn. »Sie haben Ihrem Vater«, fing die resolute Cänis an, »nicht immer nur Freude bereitet, Prinz Titus. Wir haben gewisse Nachrichten über Ihre Krönung bei der Weihe des Stieres Apis nicht ohne Sorge angehört.« – »Ich will aus dem Stier keinen Elefanten machen«, meinte gemütlich Vespasian. »Was uns hier mehr interessiert, ist eine andere Frage. War es wirklich nicht möglich, den Judentempel zu retten?«
Sie schauten sich an, beide mit harten, engen Augen. »Wünschtest du, daß es möglich gewesen wäre?« fragte nach einer Weile Titus zurück.
Vespasian wiegte den Kopf. »Wenn die Polizeiaktion gegen Jerusalem«, sagte er schlau und bedächtig, »wirklich als Feldzug aufgezogen werden und mit dem Triumph endigen sollte, den ich uns beiden vom Senat bewilligen ließ, dann war es vielleicht nicht möglich.«
Titus lief rot an. »Es war nicht möglich«, sagte er kurz.
»Stellen wir also fest«, konstatierte grinsend der Kaiser, »es war nicht möglich. Sonst hättest du den Bau wohl schon um der Dame Berenike willen geschont. Und damit wären wir bei dem zweiten Punkt, der uns alle hier interessiert. Die Dame Berenike ist ein beachtliches Stück Weib. Daß du sie während dieser langweiligen Polizeiaktion bei dir haben wolltest, kann ich verstehen. Nur: mußt du sie auch in Rom bei dir haben?« Titus wollte erwidern. Vespasian, nur ganz leise schnaufend, die harten, grauen Augen fest auf ihm, ließ ihn nicht zum Sprechen kommen. »Sieh einmal«, fuhr er fort, gut zuredend, kameradschaftlich, »hier meine Cänis ist eine einfache Person, nicht wahr, alter Hafen? Ohne Ansprüche, ohne große Titel. Sie bringt mir einen Haufen Geld ein; vieles, was meine alten Augen nicht mehr sehen, das erlinsen die ihren. Trotzdem sieht ganz Rom sie gern, soweit es ihr nicht Provision hat zahlen müssen. Sie ist eine Römerin. Aber deine Jüdin, diese Prinzessin, gerade weil sie so großartig ist mit ihrem Gang und ihrem ganzen östlichen Gewese: wir sind noch eine junge Dynastie, mein Sohn, ich bin der erste, und du bist der zweite, wir können uns diese extravagante Dame nicht leisten. Ich sag es dir im Guten, aber in allem Ernst. Ein Nero hätte sich das leisten können, einer aus einer alten Familie. Aber wenn du oder ich es tun, dann nehmen sie Ärgernis. Sie nehmen es, mein Junge. Sag du, Cänis, sagen Sie, alter Mucian: nehmen sie oder nehmen sie nicht? Da hörst du es, sie nehmen.«
»Ich will dir einmal etwas sagen, Vater«, fing Titus an, und in seine Stimme kam jenes harte Schmettern
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