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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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empfingen. Wer zu feig war, wurde mit Peitschen und glühenden Eisen in den Kampf getrieben. Gegen einzelne, die durchaus nicht dazu gebracht werden konnten, aufeinander loszugehen, schickte man gelernte leibeigene Fechter vor. Theaterdiener in der Maske des Unterweltgottes Hades nahmen die Gefallenen in Empfang, prüften mit Feuerbränden, ob sie den Tod nicht etwa nur simulierten. Die Arena war voll von Geschrei: Höre, Israel, Jahve ist einzig. Viele starben den Zuschauern zu langweilig. Man schrie ihnen zu: »Was ist das für eine waschlappige Art, einen umzulegen. Das ist ja gekitzelt, nicht gefochten. Los, du Bärtiger, los, du Alter! Ein bißchen fixer, wenn’s gefällig ist! Nicht so tranig gestorben, ihr Schisser!« Josef hörte die Rufe. Je nun, man hatte diesem Publikum gesagt, die Juden seien im ihrem Kampf ernst und anständig gestorben, und jetzt war es enttäuscht, daß man ihm dieses anständige Sterben nicht vormachte.
      Es war nicht leicht, auf die Dauer Monotonie zu vermeiden. Man schickte gegen die Gefangenen afrikanische Löwen vor, indische Elefanten, deutsche Auerochsen. Die todbestimmten Juden waren zum Teil in Festgewändern, andere mußten Gebetmäntel tragen, weiß, mit schwarzen Kanten und blauen Quasten, und es war hübsch anzusehen, wie die sich rot färbten. Viele auch, Männer wie Frauen, jagte man nackt in die Arena, damit die Zuschauer das Spiel der Muskeln während des Sterbens beobachten könnten. Ein paar sehr kräftige Männer stellte man gut bewaffnet einem Elefanten gegenüber. Die Männer, finster und verzweifelt, brachten dem Tier ernstliche Wunden bei, ehe es, trompetend und gereizt, sie zertram pelte, und das Publikum hatte Mitleid mit dem Elefanten. Man hatte Sinn für Humor. Viele mußten in lächerlichen Masken sterben. Eine Anzahl von Greisen hatte man auf der einen Seite rasiert und kahlgeschoren, auf der andern Seite hatte man ihnen ihre langen Haare und ihre langen weißen Bärte gelassen. Andere mußten rennen, mit leicht entzündlichen Stoffen bekleidet; ihre Gewänder entzündeten sich während des Laufs, zweihundert Meter vor ihnen war ein Wasserbassin, und wenn sie es erreichten, waren sie, vielleicht, gerettet. Es war possierlich anzusehen, wie sie die Beine warfen, wie sie japsten, wie sie sich ins Wasser schmissen, auch wenn sie nicht schwimmen konnten. Viel Spaß machte auch eine Leiter, die man an eine zu stürmende Mauer anlegte. Die aufgeputzten Todbestimmten mußten sie erklettern, die Leiter aber war mit glitschiger Masse beschmiert, und sie fielen in aufgestellte Spieße.
      Zwei Tage starben die Juden, ihrer zweitausendfünfhundert, auf diese Art, den Unbeschnittenen zum Spaß, im Stadion der Stadt Cäsarea. Zwei Tage sah und hörte Josef sie sterben. Oft glaubte er bekannte Gesichter zu sehen, aber das war wohl Irrtum, denn Fronto hatte für diese Zwecke im wesentlichen namenloses Volk bestimmt, Kleinbauern und Proletarier aus der Provinz. Ich habe es gesehen, konnte Josef hinzufügen, wenn er diese Spiele später schilderte. Meine Augen haben es gesehen.
      Es war nun an dem, daß Josef in kurzer Zeit Judäa, und vermutlich für immer, verlassen mußte. Lange schwankte er, ob er mit Mara zusammentreffen sollte. Er versagte es sich. Er wies ihr eine auskömmliche Rente an und stellte ihr anheim, auf einem der Güter in der Ebene Jesreel zu wohnen, die Titus ihm überlassen hatte.
      Die Juden hatten Josef gesehen, wie er zu den Spielen ging. Sie haßten und verachteten ihn und hielten die sieben Schritte Abstand. Keiner geleitete ihn, als er sich nach Italien einschiffte.
      Der Hafen von Cäsarea versank, die Kolossalstatuen der Göttin Rom, des Kaisers August. Dann versank das Fort Strathon, dann das violette Gebirge Judäas, zuletzt der grüne Gipfel des Berges Karmel. Josef war auf dem Weg nach Rom. Von Judäa führte er mit sich nichts als das Gedächtnis dessen, was er gesehen hatte, siebzig Rollen der Heiligen Schrift und einen kleinen Kasten Erde, hervorgekratzt unter dem Schutt von Jerusalem.

    Auf der Höhe der Appischen Straße, wo das Grabmal der Cäcilia Metella stand, machte der Fuhrmann den üblichen Halt, und Josef sah hin auf das große Bild der Stadt, das sich hier öffnete. Es war ein kühler Märztag, die Stadt lag hell im Licht, Rom, Kraft, Gewurah, sie dehnte sich kräftiger als damals, da er sie verlassen hatte, um Jerusalem aufzusuchen. Was er damals geträumt hat, als er zum erstenmal vom Capitol aus über die

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