Der jüdische Krieg.
griechische Kultur nach dem fernsten Osten zu tragen, konnte nicht erschlossen werden, solange das hochfahrende, hartnäckige Volk nicht endgültig niedergetreten war.
Leider hatte man bei Hof kein Aug für die Gefahr Judäa. Es wehte durch das kaiserliche Palais ein verdammt freundlicher Wind für die Juden. Sein dicker Kollege Junius Thrax von der Justiz begönnerte sie. Auch in der Finanzverwaltung saßen sie. Allein in den letzten drei Jahren waren ihrer zweiundzwanzig in die Liste des Adels eingetragen worden. Sie drängten auf die Bühne, in die Literatur. Spürte man nicht geradezu körperlich, wie sie mit ihren läppischen, abergläubischen Büchern das Reich zersetzten? Dieser Claudius Regin wirft das Zeug jetzt in Schiffsladungen auf den Markt. Der alte Minister, wie er den Namen Regin denkt, zieht die Beine noch höher. Vor der Schlauheit dieses Mannes, so zuwider er ihm ist, hat er Respekt. Und dann hat dieser Regin eine Perle in seiner Truhe, ein mächtiges, fehlerloses, zartrosiges Stück. Er möchte ihm diese Perle gern abkaufen. Er glaubt, wenn er sie an seinem Finger trägt, dann wird seine Haut weniger trocken. Wahrscheinlich würde die Perle auch auf die vernarbten Stellen an der Schulter günstig einwirken; aber der Stinkjud ist reich, Geld lockt ihn nicht, er gibt die Perle nicht.
Der Minister Talaß überlegt hin und her. Die Unruhen in Cäsarea. Regin und sein Ring. Soll man den Senat mobil machen? Man kann auf den Partherkrieg hinweisen. Und es heißt doch Nablion.
Plötzlich wirft er sich auf den Rücken, streckt sich gerade, starrt aus seinen geröteten, trockenen Augen zur Decke. Seine Magenschmerzen sind weg, auch sein Frostgefühl ist verschwunden. Er hat eine Idee, eine ausgezeichnete Idee. Nein, er gibt sich nicht mit Kleinlichem ab. Was hat er schon erreicht, wenn die drei Hunde in der Ziegelei von Tibur verrecken? Sollen sich die Herren Juden ihre Lieblinge herausholen. Sollen sie sich die drei in Knoblauch einmachen oder in ihren Sabbatkochkisten. Er weiß was Besseres. Er wird den Juden für die Freilassung dieser drei eine Rechnung schreiben, gesalzener, als irgendein Herr vom Finanzministerium sie auskalkulieren könnte. Das Edikt, das Edikt über Cäsarea. Er wird die Sache Cäsarea verquicken mit der Amnestierung der drei. Er wird das Edikt über Cäsarea dem Kaiser morgen von neuem vorlegen. Seit sieben Monaten wartet er auf die Unterschrift: bei dieser Gelegenheit wird er sie bekommen. Man kann den Juden nicht alles konzedieren. Man kann ihnen nicht ihre drei Verbrecher herausgeben und die Stadt Cäsarea dazu. Entweder das eine oder das andere. Da die Kaiserin es wünscht, wird man ihre geschätzten Märtyrer freilassen. Aber auf ihre Forderungen für Cäsarea müssen sie dann endgültig verzichten.
Er läßt sich den Sekretär kommen, verlangt seine Denkschrift über Cäsarea. Wie er sie in Erinnerung hat, ist sie kurz und schlagend. So liebt es der Kaiser; denn er will sich nicht lang mit Politik abplagen, ihn interessieren andere Dinge. Übrigens kapiert er gut, der Kaiser, er hat einen raschen, scharfen Verstand. Wenn man ihn nur dahin bringt, daß er die Denkschrift einmal richtig überliest, dann hat man auch seine Unterschrift für das Edikt. Und diese Sache mit den drei Zwangsarbeitern kann gar nicht erledigt werden, ohne daß endlich die ganze Angelegenheit Cäsarea entschieden wird. Ja, diesmal muß der Kaiser sich entschließen. Es war ein gesegneter Einfall Poppäas, die Freilassung der drei zu verlangen.
Der Sekretär kommt, überbringt ihm die Denkschrift. Talaß überfliegt sie. Ja, er hat die Sache klar und überzeugend dargestellt.
Die nicht leibeigene Einwohnerschaft von Cäsarea setzt sich zusammen aus vierzig Prozent Juden und sechzig Prozent Griechen und Römern. Im Stadtmagistrat haben aber die Juden die Majorität. Sie sind reich, und das Wahlstatut staffelt das Stimmrecht nach ökonomischen Prinzipien. Das auf solchen Prinzipien basierende Wahlrecht hat sich im allgemeinen in den Provinzen Syrien und Judäa bewährt. Warum sollen diejenigen, die den größeren Teil der Gemeindeumlagen aufbringen, nicht auch über die Verwendung dieser Umlagen bestimmen? In Cäsarea aber bringt dieses Wahlrecht für die Majorität der Bevölkerung außerordentliche Härten mit sich. Denn die Juden nützen ihre Macht im Stadtmagistrat mit unerhörter Willkür aus. Sie verwenden die öffentlichen Gelder nicht für die Bedürfnisse der
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