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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Wahrscheinlich stammt sie selbst aus irgendeiner Hurerei mit Juden trotz ihres altadeligen Namens. Diese hochmütigen römischen Aristokraten sind ja seit Urväterzeiten verseucht mit allen Lastern und verderbt bis in die Knochen.
      Immerhin, viel kann man gegen die Laune der Kaiserin nicht vorbringen. Nur sehr allgemeine Gesichtspunkte: die Lage im Orient verlange äußerste Energie auch in scheinbar geringfügigen Dingen und dergleichen.
      Der kleine, geiernäsige Herr ärgert sich. Er schickt den Masseur fort, der Idiot kann ihm doch nicht helfen. Er legt sich auf die Seite, zieht die spitzen Knie hoch bis zur Brust, denkt scharf nach, übellaunig.
      Immer diese Juden, überall kommen sie einem in die Quer.
      Die Orientpolitik ist seit den Erfolgen des Feldmarschalls Corbulo an der parthischen Grenze erfreulich aktiv. Den Kaiser stachelt der Ehrgeiz, ein neuer Alexander zu werden, die Einflußsphäre des Reichs bis an den Indus auszudehnen. Die großen, geheimnisvollen Feldzüge nach dem fernen Osten, von denen Rom seit einem Jahrhundert träumt, vor einer Generation noch läppische Knabenphantasien, sind in das Stadium ernsthafter Erwägung getreten. Die autoritativen Militärs haben Pläne ausgearbeitet, das Finanzministerium hat nach sorglicher Prüfung die Bereitstellung der Mittel für möglich erklärt.
      Nur einen wunden Punkt hat das kühne Projekt dieses neuen Alexanderzugs: eben die Provinz Judäa. Sie liegt mitten im Aufmarschgebiet, man kann das große Werk nicht beginnen, solange man diese unsichere Stelle nicht dicht und fest gemacht hat. Die andern Herren des kaiserlichen Kabinetts lächeln, wenn der Minister Talaß darauf zu sprechen kommt, sie halten seinen Judenhaß für eine fixe Idee. Aber er, Philipp Talaß, kennt die Juden aus seiner asiatischen Vergangenheit. Er weiß, man kann mit ihnen keinen Frieden halten, sie sind ein fanatisches, abergläubisches, irrsinnig hochmütiges Volk, und sie werden nicht ruhen, ehe sie endgültig gezüchtigt sind, ehe ihre freche Hauptstadt dem Erdboden gleichgemacht ist. Immer wieder fallen die Gouverneure auf ihre versöhnlichen Versprechungen herein, aber immer wieder erweist sich hinterher, daß diese Beteuerungen Lügen waren. Niemals hat sich die läppische, kleine Provinz loyal in die Herrschaft des Reichs gefügt wie so viele andere größere und mächtigere Gebiete. Ihr Gott verträgt sich nicht mit den andern Göttern. Eigentlich ist Krieg in Judäa seit dem Tod des letzten in Jerusalem residierenden Königs, und Judäa wird unruhig bleiben, es wird dort Krieg sein, der Alexanderzug wird nicht möglich sein, solange nicht Jerusalem zerstört ist.
      Der Minister Talaß weiß, diese Erwägungen stimmen. Aber er weiß auch, nicht sie allein sind schuld, daß, sooft er von Juden hört, ihm der Magen brennt und ihn das Zwerchfell sticht. Er denkt an seine Vergangenheit: wie er als Zugabe zu einem kostbaren Kandelaber in den Besitz eines kultivierten griechischen Herrn geriet; wie er mit äußerster Zähigkeit durch sein Gedächtnis und sein Sprachentalent hochkam, so daß sein Herr ihn ausbilden ließ; wie er in die engere Konkur renz derer kam, die in den kaiserlichen Dienst übernommen werden sollten; wie dann, als der Personalchef des Kaisers Cajus ihn examinierte, der jüdische Dolmetsch Theodor Zachäus sich über sein Aramäisch lustig machte, so daß die kaiserliche Kanzlei ihn um ein Haar abgelehnt hätte. Dabei war es ein winziger Fehler gewesen, man konnte streiten, ob es überhaupt ein Fehler war. Der Stinkjud stritt aber nicht, er verbesserte bloß. »Nablion«, hatte er gesagt, aber der Jud verbesserte: »Nabla« oder vielleicht »Nebel«, aber bestimmt nicht »Nablion«, und dabei hatte er ein so gemeines, niederträchtiges Lächeln. Und was dann, wenn nach soviel Jahren des Schweißes und der Kosten die Übernahme nach Rom nicht erfolgt wäre, was dann hätte sein Herr mit ihm angefangen? Totpeitschen hätte er ihn lassen. Der Minister, wenn er daran dachte, wie der Jud gelächelt hatte, wurde kalt vor Angst und Wut.
      Aber es war wirklich nicht allein persönliches Ressentiment, es war guter politischer Instinkt, der ihn gegen die Juden scharfmachte. Die Welt war römisch, die Welt war befriedet durch das einheitliche, römisch-griechische System. Nur die Juden muckten auf, wollten die Segnungen dieser gewaltigen völkerverbindenden Organisation nicht erkennen. Die große Handelsstraße nach Indien, bestimmt,

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