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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Handlung komponiert, fruchtbare Situationen. Besonders auch dem merkwürdigen mechanischen und resignierten Schaukeln, das die Leiber der drei Unschuldigen in ihren Kerkern angenommen hatten, verdankte er manchen grotesk schauerlichen Einfall. Was er zeigen wollte, war ein kühnes Gemisch von Tragik und Komik. Vorsichtig, in den volkstümlichen Kneipen des Geschäftsviertels, des Speicherviertels, der Baracken gab er einzelne Szenen zum besten, ihre Wirkung zu prüfen. Aber dann wieder versank er in Trauer, daß er wahrscheinlich das Spiel doch nicht werde zeigen können, sein Gewissen verbiete es ihm. Mit Befriedigung nahm er wahr, wie allmählich ganz Rom davon sprach: wird der Schauspieler Demetrius Liban den Juden Apella spielen? Wo sich seine Sänfte zeigte, entstand vergnügtes Geschrei, das Volk applaudierte und rief: Sei gegrüßt, Demetrius Liban, spiel uns den Juden Apella.
      Er sprach auch der Kaiserin davon,» in welch trübes, gewag tes Unternehmen er sich da einlassen solle, und wie schwer seine Skrupel seien. Die Kaiserin lachte, lachend schaute die Kaiserin dem Schwankenden zu. Es war Weisung an die Ziegelei von Tibur gegangen, die drei jüdischen Zwangsarbeiter gut zu halten, daß sie ja nicht inzwischen verstürben. Im übrigen erwartete Poppäa ein Gutachten des Ministeriums für Bitten und Beschwerden. Die Freilassung der drei war keine große Sache; immerhin, die Orientpolitik Roms war verwickelt, und Poppäa war Römerin genug, um die Amnestierung der drei sogleich fallenzulassen, wenn die leisesten politischen Bedenken dagegen sprachen. Sie wird lächelnd, wenn es nötig sein sollte, ihr Versprechen kassieren.
      Vorläufig jedenfalls hatte sie ihren Spaß daran, den Schauspieler immer wieder in sein Vorhaben hineinzujagen. Sie erzählte ihm, schon arbeite die hocharistokratische Opposition im Senat gegen die Amnestierung. Er solle sich also entscheiden, es sei unrecht, die Leiden der drei armen Kerle unnötig zu verlängern. Sie lächelte: »Wann werden Sie uns den Juden Apella spielen, Demetrius?«

    Der Minister Philipp Talaß, Chef der Orientabteilung der kaiserlichen Kanzlei, läßt zum zweitenmal den Masseur kommen, daß er ihm Hände und Füße reibe. Es ist noch früh im Herbst, die Sonne ist kaum hinunter, niemand sonst friert; aber der Minister kann nicht warm werden. Er liegt, der kleine, geiernäsige Herr, auf dem Ruhebett, dick in Polster und Decken eingepackt, vor sich ein Kohlenbecken für die Hände, eines für die Füße. Auf der andern Seite des Ruhebettes reibt der leibeigene Masseur ängstlich bemüht die uralte, verschrumpfte Haut, aus der blau und trocken die Adern hervorstehen. Der Minister schimpft, droht. Der Masseur strengt sich an, über die vernarbten Stellen auf den Schultern des Greises wegzugleiten; diese Stellen, das weiß er, rühren von Peitschenhieben her, die der Minister Talaß bekommen hat, als er noch in Smyrna Leibeigener war. Die Ärzte haben tausend Mittel versucht, diese Narben zu entfernen, sie haben operiert, der große Spezialist Scribon Larg hat alle seine Salben angewandt, aber die alten Narben wollen nicht weggehen.
      Es ist ein schlechter Tag heute, ein schwarzer Tag, die ganze Dienerschaft im Haus des Ministers Talaß hat das schon zu spüren bekommen. Der Sekretär weiß, was an dieser schlechten Laune schuld ist. Sie flog den Minister an, als er ihm einen Brief aus dem Ministerium für Bitten und Beschwerden vorlegte, eine kleine, formelle Anfrage. Die Herren in diesem Ministerium, vor allem der dicke, schlaue Junius Thrax, würden den Minister Talaß gern übergehen, sie lieben ihn nicht; aber unter diesem Kaiser ist die Orientabteilung zum Mittelpunkt der gesamten Reichspolitik geworden, und sie wissen, was für wüsten Stank Philipp Talaß zu machen pflegt, wenn er in irgendeiner Angelegenheit nicht gehört wird, die von fernher in sein Ressort reicht. Und so haben die Herren eine gewisse Anfrage aus dem Kabinett der Kaiserin nicht endgültig verabschiedet, bevor sie nicht auch von ihm begutachtet ist.
      An sich ist es keine große Sache. Es handelt sich um ein paar alte Juden, vor Jahren im Zusammenhang mit Unruhen in Cäsarea zu Zwangsarbeit verurteilt. Die Kaiserin hat offenbar wieder eine ihrer Launen, die wievielte?, sie will die Verbrecher amnestieren, Ihre Majestät hat eine bedenkliche Schwäche für jüdisches Gesindel. Hure, verdammte! denkt der Minister und gibt dem Masseur einen unwilligen Stoß mit dem Ellbogen.

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