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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Es mußte möglich sein, die Geschichte der Makkabäer mit ihrem Glauben und ihren Wundern in die harte, klare Form zu bringen, die die Theorie der jüngeren Prosaisten verlangte. In den alten Büchern lebte er mit die Martern jener Früheren, die sie auf sich genommen hatten, um die Gebote Jahves nicht zu verletzen, und auf dem Forum, in den Kolonnaden der Livia, des Marsfelds, in den öffentlichen Bädern, im Theater lebte er mit die Schärfe und die »Technik« dieser Stadt Rom, die ihre Bewohner bezauberte, so daß alle sie beschimpften und alle sie liebten.
      Ganz aus kostete er die große Versuchung der Stadt, als die Gelegenheit kam, für immer zu bleiben. Es war an dem, daß Cajus Barzaarone seine Tochter Irene verheiraten wollte. Er hatte auf Wunsch der Mutter als Schwiegersohn den jungen Doktor Licin von der Veliasynagoge in Aussicht genommen, aber es war nicht sein Herz, das diese Verbindung wünschte, und die Augen des Mädchens Irene hingen mit der gleichen schwärmerischen Begeisterung wie am ersten Tag an Josefs hagerem, fanatischem Gesicht. Man zögerte mit der Heirat, es hätte Josef nur ein Wort gekostet, und er hätte sich für alle Zeiten als Schwiegersohn des reichen Mannes in Rom hinsetzen können. Das war verlockend, das bedeutete ruhiges, breites Leben, Ansehen und Fülle. Aber es bedeutete auch Stillstand und Sichbescheiden. War es nicht ein zu kleines Ziel?
      Er warf sich mit doppelter Inbrunst auf die Bücher. Bereitete mit unendlicher Gewissenhaftigkeit seine »Geschichte der Makkabäer« vor. Verschmähte es nicht, wie ein Schuljunge lateinische und griechische Grammatik zu treiben. Übte seine Handfertigkeit an schwierigen Details. So, auf kleine und mühselige Art, arbeitete er das ganze Frühjahr hindurch, bis er sich endlich reif fühlte, das Werk selbst zu beginnen.
      Da trat ein Ereignis ein, das seine Fundamente erschütterte.
      In diesem Frühsommer nämlich, sehr plötzlich und sehr jung, starb die Kaiserin Poppäa. Sie hatte gewünscht, früh zu sterben, unverwelkt, sie hatte oft vom Tode gesprochen, nun war ihr Wunsch erfüllt. Noch nach dem Tode bewies sie ihre Neigung für den Osten; denn in ihrem Testament hatte sie angeordnet, daß ihr Leib nicht verbrannt, sondern nach der Sitte des Ostens einbalsamiert werde.
      Der Kaiser machte aus seiner Trauer und seiner Liebe ein ungeheures Fest. Der riesige Leichenzug bewegte sich durch die Stadt, Musikkorps, Klageweiber, Sprechchöre. Endlos die Prozession der Ahnen, die jetzt die Kaiserin als Letzte in ihren Zug aufnahmen. Die Wachsmasken der toten Urväter waren zu diesem Zweck aus ihren heiligen Schränken genommen worden. Schauspieler trugen sie, angetan mit der prunkhaften Amtstracht dieser toten Konsuln, Präsidenten, Minister, jeder der Toten seine Liktoren voran mit Beilen und Rutenbündeln. Dann, grotesk, kam der ganze Zug nochmals, dargestellt wiederum von Tänzern und Schauspielern, die die vorangehenden parodierten. Auch die tote Kaiserin war darunter. Demetrius Liban hatte sich’s nicht nehmen lassen, seiner Protektorin diesen letzten grausigen Liebesdienst zu erweisen, und die Juden, wenn dieses springende, hüpfende, schmerzhaft lächerliche Abbild ihrer mächtigen Gönnerin vorbeikam, heulten vor Lachen und vor Kummer. Dann folgte die Dienerschaft der Verstorbenen, der riesige Zug ihrer Beamten, Leibeigenen, Freigelassenen, dann die Offiziere der Leibgarde, endlich die Tote selbst, getragen von vier Senatoren, sitzend auf einem Lehnstuhl, wie sie es geliebt hatte, gekleidet in eines jener ernsthaft geschnittenen, doch verrucht durchsichtigen Gewänder, wie sie sie geliebt hatte, von jüdischen Ärzten kunstvoll einbalsamiert, umwölkt von Wohlgerüchen. Hinter ihr der Kaiser, das Haupt verhüllt, in einfachem schwarzem Kleid, ohne Kennzeichen seiner Gewalt. Und hinter ihm Senat und Volk von Rom.
      Vor der Rednerbühne des Forums machte der Zug halt. Die Ahnen stiegen von ihren Wagen und setzten sich auf die elfenbeinernen Stühle, und der Kaiser hielt die Leichenrede. Josef sah Poppäa, sie saß auf ihrem Stuhl, wie sie damals vor ihm gesessen war, bernsteinfarben von Haar und ein wenig spöttisch, und dann war der Kaiser zu Ende, und zum letzten Male grüßte Rom seine Kaiserin. Die Zehntausende standen, den Arm mit der geöffneten Hand ausgestreckt, auch die Ahnen erhoben sich von ihren Stühlen und streckten den Arm mit der geöffneten Hand aus, und so verharrten sie grüßend, eine Minute lang,

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