Der jüdische Krieg.
rechten, ihn zu widerlegen.
Josef wandelte hoch und glücklich durch diesen galiläischen Winter. Jerusalem wagte nicht, mit Gewalt gegen ihn vorzuge hen; ja, man ließ es stillschweigend zu, daß er sich nach einigen Wochen wieder als Kommissar der Zentralregierung bezeichnete. Mühelos hielt er seine Grenzen gegen die Römer, dehnte sie aus in ihr Gebiet hinein, nahm auch aus dem Bereich des Königs Agrippa das Westufer des Sees Genezareth und besetzte und befestigte seine Städte. Er organisierte den Krieg. Aus der heiligen Luft des Landes wehten ihm überraschende, große Einfälle zu.
Rom schwieg, es kam keine Nachricht aus Rom. Der Oberst Paulin hatte jeden Verkehr mit seinen Jerusalemer Freunden abgebrochen. Dieser erste Sieg war sehr leicht gefallen. Die Römer beschränkten sich auf Samaria und die Küstenstädte, wo sie, gestützt auf die griechische Majorität der Bevölkerung, im sichern Besitz der Macht waren. Auch die Truppen des Königs Agrippa wichen jedem Geplänkel aus. Stille war im Land.
Wer immer beweglichen Besitz hatte, suchte, sofern er nicht im Herzen den »Rächern Israels« anhing, sich mit seiner Habe in den Schutz römischen Gebiets zu bringen. Bei einer solchen Flucht wurde die Frau eines gewissen Ptolemäus, eines Intendanten des Königs Agrippa, von den Leuten des Josef aufgegriffen. Es geschah dies in der Nähe des Dorfes Dabarita. Die Dame hatte viel Gepäck bei sich, wertvolle Dinge, offenbar auch aus dem Besitz des Königs, gute Beute, und die sie gemacht hatten, freuten sich auf ihren Anteil. Sie wurden schwer enttäuscht. Josef ließ die Sachen auf römisches Gebiet schaffen, mit einem höflichen Brief, zu treuen Händen des Obersts Paulin.
Es war nicht das erstemal, daß er so verfuhr, und seine Leute murrten. Sie beschwerten sich bei Johann von Gischala. Es kam zu einer erbitterten Unterredung zwischen Johann, Sapita und Josef. Josef wies darauf hin, daß oftmals in früheren Kriegen Römer und Griechen solche Beweise von Ritterlichkeit gegeben hätten. Allein Johann raste. Seine grauen Augen funkelten bösartig, blutunterlaufen, sein Knebelbart stieß wild vor, der ganze Mann war ein Berg, der in Bewegung geraten ist. Er schrie: »Sind Sie verrückt, Herr? Glauben Sie, wir machen hier Olympische Spiele? Sie wagen es, einem Mann mit Ihrem Gesäusel von Ritterlichkeit zu kommen, wenn es gegen die Römer geht? Das ist hier ein Krieg, Herr, keine sportliche Veranstaltung. Hier geht es nicht um einen Eichenkranz. Hier sind sechs Millionen Menschen, die diese von den Römern verpestete Luft nicht mehr atmen können, die daran ersticken. Verstehen Sie, Herr?« Josef kam nicht auf gegen die wüste Erbitterung des Mannes, er war erstaunt, fühlte sich zu Unrecht gekränkt. Er schaute auf Sapita. Allein der stand finster daneben, er sagte nichts, aber es war klar: Johann sprach nur aus, was er selber spürte.
Im übrigen waren die drei Männer zu vernünftig, um ihre Aufgabe durch ihren Zwist zu gefährden. Sie nützten den Winter, um die Verteidigung Galiläas nach Kräften auszubauen.
Es blieb still im Land, aber die Stille begann drückend zu werden. Josef hielt sein Glück und seine Sicherheit fest. Allein manchmal durch diese frohe Sicherheit hindurch hörte er die haßvollen Worte des Justus. Immer öfter, trotzdem er seine Tage bis an den Rand mit Arbeit füllte, durch die Sätze seiner Beamten und Offiziere, durch das Gebraus seiner Volksversammlungen hörte er es klar, leise, bitter: Ihr Doktor Josef ist ein Lump, und er verwahrte die Worte in seinem Herzen, ihren Tonfall, ihre Verachtung, ihre Resignation, ihr mühsames Aramäisch.
In der Mitte der Welt lag das Land Israel, Jerusalem lag in der Mitte des Landes, der Tempel in der Mitte von Jerusalem, das Allerheiligste in der Mitte des Tempels, der Nabel der Erde. Bis zu König Davids Zeit war Jahve gewandert, im Zelt und in einer provisorischen Hütte. König David beschloß, ihm ein Haus zu bauen. Er kaufte die Tenne Arawna, den urheiligen Berg Zion. Aber er durfte nur die Fundamente legen; den Tempel selbst zu bauen blieb ihm versagt, weil er in seinen vielen Schlachten viel Blut vergossen hatte. Erst sein Sohn Salomo wurde gewürdigt, das heilige Werk auszuführen. Sieben Jahre baute er. Keiner der Arbeiter starb während dieser Zeit, keiner erkrankte auch nur, kein Werkzeug wurde beschädigt. Da Eisen zu dem heiligen Bau nicht verwendet werden durfte, sandte Gott dem König einen
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