Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
wunderbaren Steinwurm, Schamir genannt, der die Steine spaltete. Oft auch legten sie sich von selbst an ihren Platz, ohne menschliches Zutun. Wild und heilig prangte der Opferaltar, neben ihm das Waschbecken für die Priester, das Eherne Meer, ruhend auf zwölf Stieren. In der Vorhalle ragten zwei seltsame Bäume aus Bronze gegen den Himmel, Jachin und Boas genannt. Das Innere war mit Zedernholz vertäfelt, der Boden mit Zypressenbohlen ausgelegt, Mauerwerk und Stein vollständig verdeckt. Fünf goldene Leuchter standen an jeder Wand, dazu die Schaubrottische. Im Allerheiligsten aber, alle Augen durch einen Vorhang verhüllt, standen riesige Flügelmenschen, Cherube, geschnitzt aus dem Holz des wilden Ölbaums, grausig starrten ihre Vogelköpfe. Mit den ungeheuren, goldbedeckten Flügeln überspannten sie schützend die Lade Jahves, die die Juden durch die Wüste begleitet hatte. Mehr als vierhundert Jahre stand dieses Haus, bis König Nebukadnezar es zerstörte und die heiligen Geräte nach Babel verschleppte.
      Zurückgekehrt aus der Gefangenschaft Babels, bauten die Juden einen neuen Tempel. Aber er blieb kümmerlich, verglich man ihn mit dem ersten. Bis ein großer König aufstand, Herodes mit Namen, und im achtzehnten Jahr seiner Regierung den Tempel zu erneuern begann. Mit Tausenden von Arbeitern verbreiterte er den Hügel, auf dem der Bau stand, untermauerte ihn mit einer dreifachen Terrasse, verwandte so viel Kunst und Arbeit an das Werk, daß sein Tempel unbestritten als der schönste Bau Asiens, vielen als der schönste Bau der Welt galt. Die Welt ist ein Augapfel, sagten sie in Jerusalem, das Weiße darin ist das Meer, die Erde ist die Iris, Jerusalem die Pupille: das Bild aber, das in der Pupille erscheint, ist der Tempel.
      Nicht der Pinsel des Malers noch der Meißel des Bildhauers schmückte ihn; nur der Harmonie seiner großen Maße, der Erlesenheit des Materials dankte er seine Wirkung. Mächtige Doppelhallen umgaben ihn von allen Seiten, sie boten Schutz vor dem Regen und Schatten vor der Sonne, in ihnen erging sich das Volk. Die schönste dieser Hallen war die Quadernhalle, wo der Große Rat tagte. Auch eine Synagoge war da, viele Läden, Verkaufsräume für die Opfertiere, für. heilige und unheilige Parfüms, ein großer Schlachthof, ferner die Banken der Geldwechsler.
      Ein Steingitter trennte diese profanen Räume von den heiligen. Griechische und lateinische Inschriften drohten unübersehbar, bei Todesstrafe dürfe kein Nichtjude weitergehen. Immer enger wurde der Kreis derer, die vordringen durften. Kranken waren die heiligen Höfe verboten, auch Krüppeln, auch solchen, die in der Nähe von Leichen geweilt hatten. Den Frauen war ein einziger, großer Raum erlaubt; auch ihn durften sie in der Zeit der Menstruation nicht betreten. Die inneren Höfe waren den Priestern vorbehalten, auch unter ihnen nur den fehllos Gewachsenen.
      Weiß und golden hing der Tempel auf seinen Terrassen über der Stadt; aus der Ferne erschien er wie ein schneebedeckter Hügel. Seine Dächer starrten von scharfen, goldenen Spießen, damit er nicht von Vögeln verunreinigt werde. Die Höfe und Hallen waren mit Mosaik kunstvoll ausgelegt. Terrassen, Tore, Säulen überall, marmorn die meisten, viele überkleidet mit Gold und Silber oder mit dem edelsten Metall, korinthischem Erz, jener einmaligen Legierung, die bei dem Brand von Korinth aus dem Zusammenschmelzen kostbarer Metalle entstanden war. Über dem Tor, das zum Heiligen Raum führte, hatte Herodes das Emblem Israels anbringen lassen, die Weinrebe. Üppig strotzte sie, ganz aus Gold, ihre Trauben waren mannsgroß.
      Kunstwerke von Weltruf schmückten das Innere des Tempelhauses. Da war der Leuchter mit den sieben Armen, seine Lampen bedeuteten die sieben Planeten: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Da war der Tisch mit den zwölf Schaubroten, sie bedeuteten den Tierkreis und das Jahr. Da war das Gefäß mit den dreizehn verschiedenen Arten Räucherwerk, aus dem Meer, der unbewohnten Wüste, der bewohnten Erde, anzeigend, daß alles von Gott komme und für Gott da sei.
      Tief im Innern, an geschütztester Stelle, unterirdisch, lagen die Tresore des Tempels, die den Staatsschatz verwahrten, einen ansehnlichen Teil des Goldes und der Kostbarkeiten der Erde. Auch der Ornat des Erzpriesters wurde hier verwahrt, die heilige Brustbinde, die Tempeljuwelen, der goldene Reif, der den Namen Jahve trug. Es war um diesen Ornat ein lang

Weitere Kostenlose Bücher