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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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von Ungnade bemerkt, eher das Gegenteil. Für Würde hatte er nie viel übrig gehabt, und von jetzt an stellte er zielbewußt im höchsten Kollegium des Reichs, im Senat, mit unschuldiger Miene Anträge von so clownhafter Servilität, daß selbst diese abgebrühte Körperschaft nicht wußte, sollte sie lachen oder weinen. Jedenfalls hatte sie seine Anträge angenommen.
      Wenn er heute, nach so vielen Jahren, nachprüfte, was er getan und was er unterlassen hatte, konnte er sich keine Inkonsequenz vorwerfen. Er hatte Domitilla geheiratet, die abgelegte Freundin des Ritters Capella, und war durch die Schiebungen und Beziehungen dieses sehr geschickten Herrn mit dem Minister Narziß ins Geschäft gekommen, dem Favoriten des Kaisers Claudius. Das war ein Mann nach seinem Herzen. Mit dem konnte man gut lateinisch reden. Er verlangte Provision, aber er ließ einen tüchtigen Mann auch verdienen. Es waren gute Zeiten gewesen, als Narziß ihn als General nach dem unruhigen England schickte. Dort waren die Feinde nicht snobistische Höflinge, die einen mit dunkeln Intrigen bekämpften, sondern sehr reale Wilde, auf die man schießen und einhauen konnte, und es waren handgreifliche Dinge, Land, Küsten, Wälder, Inseln, die es zu erobern galt und die man eroberte. Das war die Zeit gewesen, wo er der Prophezeiung der heiligen Eiche am nächsten kam. Man konzedierte ihm, als er zurückgekehrt war, einen offiziellen Triumph und auf zwei Monate das höchste Ehrenamt des Staates.
      Der General hauchte sich die Finger an, um sie warm zu
    bekommen, rieb sich den Handrücken. Dann natürlich, nach diesen zwei Monaten, da er sehr hoch hinaufgeklettert war, war er um so tiefer heruntergestürzt. Das war nun einmal Bestimmung. Ein neuer Kaiser, neue Minister kamen, er fiel in Ungnade. Inzwischen war auch seine Mutter gestorben, und jetzt, da ihr energischer Glaube ihn nicht mehr spornte, hatte er gehofft, bis an sein Ende in tätiger Stille weiterzuleben. Behaglich hatte er sich aufs Land gesetzt, ohne Neid auf seinen Bruder Sabin, der hoch hinaufgelangt war und seine Höhe gleichmäßig wahrte.
      Da aber war die Dame Cänis in sein Leben getreten. Sie war von unten heraufgekommen, die Tochter von Leibeigenen, die Kaiserinmutter Antonia hatte das geweckte Mädchen ausbilden lassen und zu ihrer Sekretärin gemacht. Sie hatte Verständnis für das, was Vespasian vom Leben wollte, für seine Art. Wie er gab sie keinen Strohhalm für Feierlichkeit und Würde, dafür hatte sie wie er Spaß an derben Witzen und soldatisch grader Schlauheit; wie er rechnete sie rasch und nüchtern, wie er lachte sie und ärgerte sich über seinen steifen Bruder Sabin. In sie aber hatte sich auch, seufzend und beglückt mußte er das bald konstatieren, der starke Glaube seiner Mutter an seine Bestimmung gesenkt, sehr viel tiefer als in ihn selber. Sie hetzte ihn, bis er sich ächzend und fluchend nochmals aus seinem friedlichen Landleben in den lärmvollen Betrieb Roms hineinschmiß. Diesmal erraffte er sich das Gouvernement der Provinz Afrika. Ein Amt, das ihm unter den nicht spärlichen bösen Jahren seines Lebens das böseste brachte. Die reiche Provinz nämlich, die Massen nicht weniger als die snobistischen großen Herren, wollten einen repräsentativen Gouverneur haben, nicht ihn, den plumpen Bauern. Man sabotierte seine Maßnahmen. Wo er sich zeigte, kam es zu Krawallen. In der Stadt Hadrumet bewarf man ihn mit faulen Rüben. Er hätte die faulen Rüben nicht mehr übelgenommen als seinerzeit unter Kaiser Claudius die Pferdeäpfel, aber leider hatte diese Demonstration sehr spürbare praktische Folgen: er wurde abberufen. Ein harter Schlag, denn er hatte sein ganzes Vermögen in der Provinz investiert, in dunkeln Geschäften, aus denen der Gouverneur der Provinz sehr viel Geld hätte herausholen können, der Privatmann gar nichts. Da stand er mit seinem Finanztalent. Zurückgekehrt auf die Güter, die ihm und seinem Bruder gemeinsam gehörten, mußte er bei dem hochnäsigen Sabin eine riesige Hypothek aufnehmen, um die drückendsten Verpflichtungen loszuwerden. In jenem ganzen Jahr hatte der lustige Mann ein einziges Mal Anlaß zum Lachen. Die Provinz Afrika setzte ihm einen ironischen Denkstein: dem ehrlichen Gouverneur. Er schmunzelte noch jetzt, wenn er an dieses einzig positive Resultat seiner Tätigkeit in Afrika dachte.
      Seither war alles schiefgegangen. Er hatte das Speditionsgeschäft aufgemacht und sich, unterstützt von der

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