Der jüdische Krieg.
erfüllt, Rom ist gewesen, das Reich des Messias aber wird sein, es steigt herauf. Er wird kommen, heute, morgen; vielleicht ist er schon da. Es ist unausdenkbar, daß ihr, mit denen Jahve den Bund geschlossen hat, in diesem seinem Land die Geduldeten sein sollt und die Schweinefresser die Herren. Laßt sie ihre Legionen heranbringen auf Meerschiffen und durch die Wüste. Glaubt und kämpft. Sie haben ihre Kompanien und ihre Maschinen: ihr habt Jahve und seine Heerscharen.
Der Winter verging, ein herrliches Frühjahr strahlte über den Weinbergen, den Oliventerrassen, den Maulbeerfeigenhainen Galiläas. Der Strand des Sees Genezareth um die Stadt Magdala, wo Josef noch immer sein Hauptquartier hatte, war schwer von Blüte und Duft. Die Menschen atmeten leicht und gut. In diesen strahlenden Frühlingstagen kamen die Römer.
Erst lugten ihre Vorhuten ins Land, vom Norden her und von den Küstenstädten her, nicht mehr wichen sie den plänkelnden Vortruppen des Josef aus, und dann wälzte es sich heran, drei ganze Legionen mit Roß und Wagen und starken Kontingenten der Vasallenstaaten. Voraus Leichtbewaffnete, Schützenregimenter, Erkundungstruppen. Dann die ersten Abteilungen Schwerbewaffneter. Dann Pioniere, um höckerige Stellen der Straße abzutragen, schwierige Stellen zu ebnen, Buschwerk zu entfernen, auf daß die marschierende Truppe nicht behindert sei. Dann der Train des Marschalls und des Generalstabs, die Garde des Feldherrn und er selber. Dann die Kavallerie und die Artillerie, die gewaltigen Belagerungsmaschinen, die Widder, die vielbestaunten Geschütze, die Ballisten und die Katapulte. Dann die Feldzeichen, die göttlich verehrten Adler. Dann das Gros der Armee in Reihen zu sechs Mann. Schließlich die riesige Bagage der Truppen, ihre Proviantkolonnen, ihre Juristen und Kassenbeamten. Und ganz am Ende ein Troß von Zivilisten: Diplomaten, Bankiers, zahllose Kaufleute, Juweliere vornehmlich und Makler der Leibeigenen, Auktionatoren für die Beute, Privatkuriere für die Diplomaten und Großkaufleute des Reichs, Weiber.
Es wurde sehr still im Land, als die Römer heranrückten. Viele Freiwillige verliefen sich. Langsam, unausweichlich marschierte die Armee vor. Planmäßig säuberte Vespasian Galiläa, das Land, die Küste und das Meer.
Das Westufer des Sees Genezareth zu befrieden wäre eigentlich Sache des Königs Agrippa gewesen; denn dieser Landstrich mit den Städten Tiberias und Magdala gehörte ihm. Aber der elegante König war von bequemer Gutmütigkeit; es ging ihm gegen den Strich, die Gewalttaten, die die notwendige Züchtigung der Aufständischen mit sich bringen mußte, selber vorzunehmen. Vespasian erfüllte also die Bitte des befreundeten, Rom tatkräftig ergebenen Fürsten und übertrug seiner eigenen Armee die Strafexpedition. Tiberias unterwarf sich ohne Widerstand. Die wohlbefestigte Stadt Magdala versuchte, sich zu verteidigen. Aber sie konnte sich gegen die Artillerie der Römer nicht lange halten; Verrat im Innern tat das übrige. Viele der Aufständischen flüchteten, als die Römer in die Stadt drangen, hinaus auf den großen See Genezareth. Sie okkupierten die ganze kleine Fischerflotte, so daß die Römer gezwungen waren, sie auf Flößen zu verfolgen. Das war eine groteske Seeschlacht, bei der es auf seiten der Römer viel Gelächter, auf seiten der Juden sehr viele Tote gab; denn rings die Ufer waren besetzt. Die Römer brachten die leichten Kähne zum Kentern, und es gab interessante Jagden der schwerfälligen Flöße auf die Ertrinkenden. Die Soldaten beschauten sich mit Interesse das Gezappel der Schiffbrüchigen, sie schlossen Wetten ab, ob einer es vorziehe, im See unterzugehen oder sich von ihnen umbringen zu lassen. Und sollte man sie mit Pfeilen töten oder abwarten, bis sie sich doch an das Floß anklammern, und ihnen dann die Hände abhauen? Der schöne See, berühmt um seines Farbenspiels willen, war an diesem Tag einfarbig rot, seine Ufer, berühmt um ihres Wohlgeruchs willen, stanken viele Wochen hindurch nach Leichen, sein gutes Wasser war verdorben, seine Fische aber wurden fett in den nächsten Monaten und schmeckten den Römern gut. Die Juden hingegen, auch der König Agrippa, versagten es sich Jahre hindurch, Fische aus dem See Genezareth zu essen. Auch sang man später ein Lied unter den Juden, das begann: Weithin ist der See rot von Blut in der Nähe von Magdala, weithin ist der Strand voll Leichen in der Nähe von Magdala. Eine genaue
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