- Der Jünger des Teufels
bereits
geöffnet war. Der Zugang war durch ein stabiles Metallgitter gesperrt. Hinter
dem Gitter befand sich ein kurzer Gang; Stufen in der Farbe verblichenen
Elfenbeins führten in die Tiefe. Ich bekam feuchte Handflächen, als meine Klaustrophobie
zurückkehrte. Kalte Angst packte mich. Mein Gott, ich hatte keine Lust, mich
dem erneut auszusetzen. Musste das wirklich sein?
Als ich mich umdrehte, steckte Uzun sein Handy ein und warf
mir einen besorgten Blick zu. »Tut mir leid, aber aus unserer Besichtigung wird
nichts.«
Sein schroffer Tonfall überraschte mich. »Warum? Was ist los?«
»Kate, das war mein Chef«, erklärte Uzun ohne Umschweife.
»Er hatte gerade Lou Raines am Apparat.«
Mir schwand der Mut, und Röte stieg mir in die Wangen. Meine
Rechnung war nicht aufgegangen. »Was … was hat er gesagt?«
»Er weiß, dass Sie in Istanbul sind, und er will, dass wir
Sie verhaften.«
Mir fuhr der Schock in die Glieder. »Verhaften? Aus welchem
Grund?«
»Das hat mein Chef nicht gesagt. Nur, dass ich Sie in
Gewahrsam nehmen soll, falls nötig mit Gewalt. Und dann soll ich Sie in die
erste Maschine setzen, die in die USA fliegt. Was hat das zu bedeuten, Kate?«
»Hat Raines es Ihrem Vorgesetzten nicht erklärt?«
»Weiß ich nicht. Mir hat mein Chef nur gesagt, dass Sie
sich Befehlen widersetzt haben und ohne Erlaubnis des FBI nach Istanbul
geflogen sind.«
Woher wusste Lou, dass ich in Istanbul war? Hatte Josh mich
durchschaut und es ihm gesagt, oder war Lou von allein darauf gekommen? Ich
wurde wütend. »Rechtfertigt das eine Verhaftung?«
»Ich habe meine Befehle, Kate.«
»Brauche ich Raines’ Erlaubnis, um in Ihr Land zu reisen?«
»Sagen Sie es mir. Was hat das zu bedeuten?«
Ich seufzte. »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es
ist alles sehr sonderbar, Ahmet.«
Uzun legte eine Hand auf meine Schulter, wodurch ich den Eindruck
gewann, dass er versuchte, mir zu helfen. »Ich glaube Ihnen, aber warum
erzählen Sie mir nicht alles von Anfang an? Kommen Sie, wir setzen uns dorthin.«
Uzun führte mich zu einer Bank auf der anderen Straßenseite
gegenüber der Sophienkirche. In den nächsten Minuten versuchte ich, ihm alles
zu erklären. »Ich habe Ihnen ja gesagt, es ist sonderbar. Wollen Sie mich noch
immer verhaften?«
Uzun runzelte die Stirn. »Ich verstehe das alles nicht,
aber ich fürchte, ich muss Sie dennoch in Gewahrsam nehmen. Tut mir leid.«
»Ahmet, ich muss mit Yeliz sprechen. Das schadet
doch keinem. Wenigstens das könnten Sie mir erlauben.«
Ich sah, dass Uzun sich auf die Unterlippe biss, als würde
er seine Entscheidung überdenken. »Es gibt da noch eine Kleinigkeit, die ich
nicht erwähnt habe, Kate.«
»Und welche?«
»Ich habe meinem Chef nicht gesagt, dass ich Sie getroffen habe«,
gab Uzun zu. »Er hat mich nicht danach gefragt und ging wohl davon aus, Sie
hätten mich noch nicht kontaktiert. Darum haben Sie einen winzigen Vorsprung.«
Ich hatte das Gefühl, als wollte Uzun etwas Bestimmtes
andeuten. »Was heißt das genau, Ahmet?«
Er stand auf. »Wir haben uns nie getroffen, aber das muss
unter uns bleiben. Und ich an Ihrer Stelle würde Istanbul sofort ’
verlassen. Ich muss eine Fahndung nach Ihnen rausgeben, damit ich nicht selbst
in Schwierigkeiten gerate. Natürlich muss ich meine Leute im Rahmen einer Suche
nach Ihnen auch zum Versunkenen Palast schicken. Lou sagte, Sie würden sich
bestimmt den Tatort anschauen.«
»Zuerst muss ich mit Yeliz sprechen, dann will ich mir den Tatort
ansehen. Ich habe die lange Reise nicht umsonst auf mich genommen.«
»Das wäre verrückt, Kate. Damit gehen Sie das Risiko ein, verhaftet
zu werden, und dann kann ich nichts mehr für Sie tun.«
»Ich weiß, aber meine Entscheidung steht, Ahmet.«
Uzun seufzte. »Gut. Ich gebe Ihnen eine halbe Stunde, ehe ich
meine Leute auf Sie ansetze. Und keine Sekunde länger.«
»Danke.«
Uzun wies mit dem Kopf auf die Tür mit dem Metallgitter.
»Das ist der Eingang zur Basilika. Hinter der Tür ist ein
Wachraum, in dem sich zwei Wachmänner aufhalten. Ich könnte die beiden von
einem öffentlichen Telefon hier auf der Straße anrufen und sagen, dass ich aus
dem Präsidium bin, ohne meinen Namen zu nennen. Ich sage den Männern, dass Sie
eine ausländische Kommissarin sind, die sich für den Fall interessiert, und bitte
sie, Ihnen Zugang zum Tatort zu gewähren. Aber Sie müssen ohne mich gehen. Das
Risiko, in Ihrer Gesellschaft gesehen zu werden, ist mir zu
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