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- Der Jünger des Teufels

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Titel: - Der Jünger des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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zu vergewissern, dass wir die Treppe problemlos
allein finden würden. »Sie sagten, Sie seien schon mal hier gewesen. Finden Sie
den Weg zurück?«
    »Natürlich.« Sie zögerte. »Vielleicht … vielleicht sollte
ich Ihnen sagen, dass der Versunkene Palast einen besonderen Reiz auf meinen
Bruder ausübte.«
    Angesichts der bedrohlichen Atmosphäre überraschte mich das
nicht. »Kann ich mir gut vorstellen.«
    »Gerüchten zufolge sollen hier in byzantinischer Zeit
Ritualmorde verübt worden sein. Diese Geschichten haben meinen Bruder
fasziniert. Hier hat er zwei brutale Morde verübt, aber das wissen Sie sicher.«
    »Ja.«
    Ich wollte Yeliz gerade nach dem Anruf fragen, den sie
erhalten hatte, als sie auf die letzten Stufen zeigte. »Folgen Sie mir, aber
seien Sie vorsichtig, die Stufen könnten glitschig sein. Wir wollen ja nicht,
dass etwas passiert.«

78.
    Wir erreichten die letzte Stufe, und ich schaute
auf den beeindruckenden, lichtüberfluteten Palast zu unseren Füßen. »Erzählen
Sie mir etwas über die Kindheit Ihres Bruders«, bat ich Yeliz.
    Über Gemals Privatleben war nicht viel bekannt. Er hatte sich
geweigert, während der Verhöre und beim Prozess darüber zu sprechen. Die
spärlichen Informationen hatte das FBI den Ermittlungen Inspektor Uzuns zu
verdanken.
    Yeliz kniff die Lippen zusammen. »Ich habe Leute über
Constantine reden hören, als wäre sein Leben eine einzige Tragödie. Sie fragen
sich, wie ein so begabter Psychiater sich in einen sadistischen Killer
verwandeln könne. Aber das hat nichts mit einer Tragödie zu tun. Es gibt eine
einfache Erklärung dafür. Constantine hatte schon als Kind sadistische Züge. Es
begann damit, dass er kleine Tiere quälte und tötete, Frösche und Mäuse. Später
führte er scheußliche Rituale durch, bei denen er Katzen und Hunde
abschlachtete.« Sie schluckte. »Schließlich ermordete er meinen Vater und meine
Schwester. Ich glaube, mein Bruder hat deshalb Psychiatrie studiert, um sein
eigenes krankes Verhalten zu begreifen. Doch es half ihm nichts. Er änderte
sich nie.«
    Ich nickte bloß. Wir wussten nicht, warum Gemal seinen Vater
und seine Schwester getötet hatte. Seine Motive konnten niemals gänzlich
geklärt werden. Als wir uns dem Tatort näherten, überquerten wir mehrere
Holzstege, und unsere pochenden Schritte hallten von den alten Kalksteinmauern
wider. »Sie sagten, dieser Palast habe Ihren Bruder fasziniert?«
    Yeliz nickte. »Als er elf Jahre alt war, hat er ihn
zusammen mit meinem Vater besichtigt. Constantine gefiel die düstere
Atmosphäre. Er war schon damals vom Tod besessen und liebte dunkle,
unterirdische Orte. Kurz darauf schnappte er sich meinen kleinen Hund, kehrte
hierher zurück und schlachtete das Tierchen grausam ab. Ich dachte immer, der
Hund wäre weggelaufen, aber Jahre später erfuhr ich von Gemal die Wahrheit. Es
bereitete ihm sichtlich Freude, es mir zu erzählen. Ich habe ihn dafür gehasst.«
    Yeliz kniff die Lippen zusammen, als sie sich an den
Vorfall erinnerte. Dann bogen wir um eine Ecke, und ich erblickte das leuchtend
gelbe Absperrband, das rings um den Tatort gespannt war. Wir befanden uns in
einem dunklen, abgelegenen Teil des Versunkenen Palasts.
    »Haben Sie Ihrem Bruder jemals nahe gestanden?«, fragte ich.
    Yeliz schnaubte aufgebracht. »Nein. Er war ein Ungeheuer. Er
hatte immer schon eine perverse Freude daran, anderen Schmerzen zuzufügen.«
    »Warum, glauben Sie, hat er Ihren Vater und Ihre Schwester umgebracht?«
    Yeliz schüttelte den Kopf. »Zuerst glaubte ich, es hätte
damit zu tun gehabt, dass mein Vater ihn oft geschlagen hatte. Meine Mutter
starb, als wir klein waren, und dadurch wurde es natürlich nicht einfacher.
Doch ich bin überzeugt, dass Constantine von Geburt an ein Teufel in
Menschengestalt gewesen ist.«
    »War Ihr Vater ein brutaler Mann?«
    »Er war manchmal streng, aber er war kein schlechter Mensch,
im Gegensatz zu Constantine.«
    »Wie zeigte sich die Strenge Ihres Vaters?«
    »Wenn mein Bruder etwas angestellt hatte, sperrte mein
Vater ihn oft in den Kühlraum im Keller, wo das frisch geschlachtete Fleisch
gelagert wurde. Und Constantine … er schaute unserem Vater mit krankhafter
Faszination beim Schlachten zu. Es schien ihm perverse Freude zu bereiten.«
    Ich hatte von dem Kühlraum gehört, der zu den bedrückenden
Fakten gehörte, die Inspektor Uzun über Constantine Gemals Vergangenheit
ausgegraben hatte, doch ich lauschte interessiert, als seine Schwester

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