- Der Jünger des Teufels
Arzt?«
»Nein , Kriminalpsychologe«, klärte Frank den Captain
auf. »Ich frage mich, ob Sie mit Ihrem Erfahrungshintergrund es für möglich halten, dass technisch etwas schief gehen und eine
Hinrichtung misslingen könnte.«
Tate hob die
Achseln, nahm seine Dienstmütze ab und strich mit der Hand durch sein
schütteres Haar. »Es können viele Dinge schief gehen, Doktor, aber das passiert
selten. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein Delinquent eine Hinrichtung
überlebt.«
»Es könnte aber passieren?«, beharrte Frank.
»Es könnte, aber dann müsste schon eine Menge schief gehen.«
»Zum Beispiel, dass jemand sich an den Chemikalien zu schaffen
gemacht hat oder die falschen Stoffe benutzt wurden?«
Tate schüttelte
den Kopf und setzte den Hut wieder auf. »Das kann nicht passieren. Die bei der
Hinrichtung benutzten Chemikalien werden von der Strafvollzugsbehörde
geliefert. Sie sind versiegelt und werden bis zur Hinrichtung unter Verschluss
gehalten. Niemand kann sie austauschen oder sich daran zu schaffen machen.«
»Es werden drei Chemikalien eingesetzt, nicht wahr?
Natriumthiopental, Pancuroniumbromid und Kaliumchlorid, das zum Herzstillstand
führt.«
Tate nickte. »Sie
haben gut recherchiert, Doktor. Sobald dem Todeskandidaten die isotone
Kochsalzlösung injiziert und er bis zur Brust mit einem Tuch bedeckt wird,
werden ihm die Chemikalien gespritzt. Was genau wollen Sie wissen?«
Frank zog die Stirn in Falten und dachte über die richtige Formulierung
seiner Frage nach. »Ich frage mich ganz einfach, was passieren könnte, wenn man
dem Todeskandidaten zusammen mit der Salzlösung Gegengifte für die Chemikalien
verabreichen würde.«
Tate lächelte. »Sie
haben zu viele Krimis gelesen. Ich weiß nicht einmal, ob es für die Chemikalien
Gegengifte gibt. «
»Captain, glauben Sie mir, es gibt für fast alle toxischen
Chemikalien Gegenmittel. Selbst für die tödlichsten Nervengifte wie VX und Sarin.
Gifte, die so stark sind, dass ein Löffel davon ein ganzes Dorf auslöschen
kann.«
Tate dachte
darüber nach und zuckte die Schultern. »Ich muss Ihnen wohl glauben. Nun, falls
einem verurteilten Gefangenen irgendein Gegenmittel verabreicht würde, müsste
ein höherer Beamte innerhalb der Strafanstalt in die Sache verwickelt sein.«
Ȇber welche Position sprechen wir hier? Zum Beispiel die eines
Gefängnisdirektors, wie sie Clay innehat?«
Tate seufzte. »Ich
glaube, der Betreffende müsste sogar eine noch höhere Position innehaben. Es
gäbe auch noch die Möglichkeit, dass dem Todeskandidaten absichtlich die
falsche Droge gespritzt wird und der Tod deshalb nicht eintritt. Verstehen Sie,
was ich damit sagen will? Aber damit schweifen wir bereits in den Bereich der
Fiktion ab, Doktor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Bediensteter einer
Strafvollzugsanstalt so etwas tun würde. Der Gefängnisbeamte müsste schon einen
sehr triftigen Grund haben.«
»Was müsste passieren, damit etwas schief geht?«,
fragte Frank.
Tate überlegte
einen Moment. »Eine falsche Dosis vielleicht. Aber von so einem Fall habe ich
noch nie gehört. Oder wenn der Delinquent über eine sehr gute Konstitution
verfügt und irgendwie nicht auf die Gifte reagiert. Doch auch das ist höchst
unwahrscheinlich. Ich könnte mir nur die Möglichkeit vorstellen, dass die
Chemikalie Kristalle im Infusionsschlauch bildet und der Zufluss der Gifte
dadurch blockiert wird. Aber wir überprüfen die Infusionsschläuche vor jeder
Hinrichtung.«
»Und während der Hinrichtung? Wird überwacht, ob sich in den
Schläuchen Kristalle bilden?«, fragte Frank.
»Eigentlich nicht. Aber wir hatten noch nie so ein Problem.«
»Was könnte sonst noch schief gehen?«
Tate zuckte die
Schultern. »Jeder Gefangene hat ein anderes Körpergewicht und reagiert anders
auf die Chemikalien. Wenn ein Gefangener zum Beispiel lange Zeit Barbiturate eingenommen
hat, weist sein Körper eine höhere Resistenz gegen die Drogen auf. Daher
brauchen manche Gefangene eine höhere Dosis der Gifte als andere. Ich vermute,
es könnte Probleme geben, wenn der Vollstrecker die Dosis der Chemikalien
falsch berechnet. Aber auch in dem Fall könnte nichts passieren, denn der
Gefangene verlässt die Hinrichtungskammer erst, wenn sein Tod offiziell
festgestellt wurde. Wir würden ihn also immer weiter mit Giften voll pumpen,
bis das Todesurteil vollstreckt wurde.«
»Haben Sie schon mal von einem Apnoeisten gehört, Captain?«
»Einem was?«
»Ein Apnoeist
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