- Der Jünger des Teufels
war. Sind das nicht Beweise genug, dass ich die Wahrheit sage?
Wie Sie wissen, habe ich mich beim Töten stets sehr gewissenhaft an meine
Vorgaben gehalten. Okay, ich habe nicht jedes Opfer verbrannt, aber das lag am
Zeitmangel. Aber ich habe nie auf eines meiner Opfer geschossen. Ich habe es
immer vorgezogen, meine Messer zu benutzen.«
Ich atmete tief ein. Gemals Worte stießen mich ab und verwirrten
mich. »Wie kommt es, dass ich Ihnen kein Wort glaube?«
»Fragen Sie mich, wie ich beweisen kann, dass ich David und
Megan nicht getötet habe.«
»Wie können Sie beweisen, dass Sie David und Megan nicht getötet
haben?«
»Zu dem Zeitpunkt, als ich sie angeblich ermordet habe,
habe ich woanders getötet.«
Gemal sprach so nüchtern und gefühllos, dass ich weiche Knie
bekam. Er hatte nicht die Spur menschlicher Gefühle. Er durchbohrte mich mit
Blicken. »Sie glauben mir noch immer nicht? Es ist die Wahrheit. Es war an
demselben Thanksgiving Day und ungefähr zur selben Zeit, aber ich habe meine
Opfer in der Stadt getötet.«
»Sie lügen«, sagte ich.
»Glauben Sie wirklich?«
»Warum haben Sie das nicht Ihrem Anwalt gesagt?«
Gemal schlug die Hand in die Luft, um diesen Einwand zurückzuweisen.
»Der Mann taugte nichts. Ich war ihm nichts schuldig.«
»Und warum sagen Sie mir das jetzt?«
»Die Wahrheit? Weil ich Sie verabscheue, Kate. Weil es mich
wütend macht, dass Sie mich geschnappt haben. Und ich will, dass Sie dafür
bezahlen.«
Er musste irgendetwas damit bezwecken. Obwohl ich eine leise
Ahnung hatte, wusste ich nicht genau, was es war. »Und wie werde ich bezahlen?«
Gemal schaute mir ruhig in die Augen. »Sie werden bezahlen,
indem Sie die Höllenqualen noch einmal durchleben. Sie müssen den wahren Mörder
jagen und zur Strecke bringen, falls Sie es jemals schaffen. Sie müssen noch
einmal vor Gericht sitzen und auf die Verurteilung warten. Herrliche
Aussichten, finden Sie nicht? All die schlaflosen Nächte, all die versauten
Wochenenden, während Sie an dem Fall arbeiten. Die blank liegenden Nerven, die
Kopfschmerzen, die ständige Frage: Werde ich den Schuldigen schnappen? Aber
sehen Sie es mal positiv: Sie können sich auf unzählige Überstunden und viele
lange Flüge freuen.«
Wut stieg in mir auf, und ich hatte alle Mühe, nicht die
Beherrschung zu verlieren. Aber ich glaubte ihm nicht. Was führte er wirklich
im Schilde? »Ich nehme Ihnen Ihr Geständnis nicht ab, Gemal. Erstens sind Sie
ein Lügner. Und zweitens trugen die Morde an David und Megan Ihre typische
Handschrift.«
Gemal zuckte mit den Schultern. »Typische Handschrift? Was
soll der Blödsinn? Das beweist gar nichts. Ich sage die Wahrheit. Ich war es
nicht. Ich habe woanders getötet.«
Gemals kaltblütiges Geständnis löste einen Brechreiz bei
mir aus. »Wer waren Ihre Opfer?«
Er zuckte mit den Schultern. »Müll, den keiner vermisst, schon
gar nicht die Cops. Ein obdachloser Schwarzer und sein Kind. Es war elf oder
zwölf. Ich habe sie auf die übliche Weise getötet.«
Ich schluckte. »Wo?«
»In einem Tunnel in der Nähe der U-Bahn-Station Chinatown. Ich
hab sie dort vergraben. Ich hatte keine Zeit, sie zu verbrennen, wie es bei
einigen anderen auch der Fall war.«
»Warum nicht?«
»Weil ein paar Arbeiter aufgetaucht sind. Ich habe mich aus
dem Staub gemacht, ehe sie mich entdecken konnten.«
»Sagen Sie mir, wo genau in der U-Bahn.«
»Das müssen Sie schon selbst herausfinden. Oder Sie warten,
bis wir uns in einem anderen Leben wiedertreffen.«
»Warum haben Sie diese beiden Opfer ausgewählt?«
Gemal rutschte auf seinem Stuhl nach hinten. »Sie waren zum
falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Und ich habe sie aus demselben Grunde
getötet, aus dem ich acht Jahre zuvor wieder mit dem Töten angefangen habe. Es
war ein Test, um festzustellen, ob ich noch einmal ungeschoren davonkomme und
denselben Kick erlebe wie damals, als ich mit meiner Schwester und meinem alten
Herrn abgerechnet habe. Beantwortet das Ihre Frage, Kate?«
»Ich bin nicht sicher, ob es für Killer wie Sie ein anderes
Leben gibt«, sagte ich.
»O doch«, sagte Gemal. »Es gibt den Teufel wirklich. Ich weiß, dass es ein nächstes Leben für mich gibt.«
»Solange es in der Hölle ist.«
»Spotten Sie nicht über die Hölle. Die Reise dorthin ist den
Eintrittspreis wert. Wie der Schriftsteller sagt: ›Verglichen mit der
Unsterblichkeit des Teufels ist der Tod nur eine kleine, schmerzhafte
Angelegenheit.‹«
»Edgar Allen
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