Der Jüngling
fragte sie plötzlich, vielleicht nur, um etwas zu sagen.
»Ja, ich gehe zu ihm, nur gelange ich nicht zu ihm hin«, erwiderte ich lächelnd. »Ich gehe ins Haus hinein und wende mich dann nach links.«
»Selbst dem Fürsten ist es aufgefallen, daß Sie sehr oft zu Katerina Nikolajewna gehen. Er sprach gestern darüber und lachte«, sagte Anna Andrejewna.
»Worüber denn? Worüber lacht er denn?«
»Er scherzte, Sie kennen ihn ja. Er sagte, eine junge, schöne Frau rufe bei einem jungen Mann Ihres Alters immer nur ein Gefühl der Enttäuschung und des Zornes hervor ...«
Anna Andrejewna fing plötzlich an zu lachen.
»Hören Sie mal ... wissen Sie, das war eine sehr treffende Bemerkung von ihm!« rief ich. »Gewiß hat nicht er das geäußert, sondern Sie haben es zu ihm gesagt.«
»Warum denn? Nein, er hat es selbst gesagt.«
»Nun, wenn aber diese Frau dem Betreffenden ihre Aufmerksamkeit zuwendet, obwohl er noch ein so unbedeutender Mensch ist und im Winkel steht und sich darüber ärgert, daß er noch ein ›Kleiner‹ ist, und wenn sie ihn auf einmal dem ganzen Schwarm der sie umgebenden Verehrer vorzieht, was dann?« fragte ich plötzlich mit höchst kühner, herausfordernder Miene. Das Herz klopfte mir heftig.
»Dann bist du verloren«, rief Lisa lachend.
»Ich bin verloren?« rief ich. »Nein, ich bin nicht verloren. Anscheinend ist es nicht so. Wenn eine Frau sich mir in den Weg stellt, muß sie mir folgen. Man versperrt mir nicht ungestraft den Weg ...«
Lange Zeit nachher erinnerte sich Lisa einmal daran und sagte mir so obenhin, ich hätte diese Worte damals in einer höchst sonderbaren Weise herausgebracht, mit tiefem Ernst, und als wenn ich plötzlich in Gedanken versänke, aber zugleich so komisch, daß es nicht möglich gewesen sei, sich zu beherrschen; in der Tat fing Anna Andrejewna wieder an zu lachen.
»Lachen Sie nur, lachen Sie nur über mich!« rief ich wie trunken vor Entzücken, denn dieses ganze Gespräch und die Richtung, die es genommen hatte, gefielen mir außerordentlich. »Bei ihnen macht es mir nur Vergnügen, wenn Sie über mich lachen. Ich liebe Ihr Lachen, Anna Andrejewna! Sie haben eine eigene Art: Sie schweigen, und auf einmal fangen Sie an zu lachen, ganz plötzlich, so daß man es noch einen Augenblick vorher Ihrem Gesicht nicht ansehenkann. Ich habe in Moskau eine Dame gekannt, nur von weitem; ich beobachtete sie sozusagen nur aus dem Versteck: die war fast ebenso schön wie Sie, aber sie verstand nicht so zu lachen, und das Gesicht, das im übrigen ebenso originell war wie das Ihrige, verlor dadurch an Reiz; das Ihrige dagegen ist außerordentlich reizvoll ... eben durch diese Fähigkeit ... Ich wollte Ihnen das schon längst einmal sagen.«
Wenn ich da von einer Dame gesagt hatte, sie sei ebenso schön gewesen wie Anna Andrejewna, so war das nur ein listiges Manöver von mir: ich hatte so getan, als sei mir diese Bemerkung ganz zufällig entfahren, ohne daß ich es gewahr geworden wäre; ich wußte sehr gut, daß ein solches »achtlos entfahrenes« Lob von einer Frau höher geschätzt wird als ein noch so kunstvoll gedrechseltes Kompliment. Und wenn Anna Andrejewna auch errötete, so wußte ich doch, daß es ihr angenehm war. Und auch jene Dame hatte ich erfunden: ich hatte keine solche Dame in Moskau gekannt; ich hatte nur Anna Andrejewna etwas Schmeichelhaftes sagen und ihr ein Vergnügen bereiten wollen.
»Man kann sich wirklich vorstellen«, sagte sie mit einem allerliebsten Lächeln, »daß Sie sich in den letzten Tagen unter dem Einfluß irgendeiner schönen Frau befunden haben.«
Mir war, als flöge ich irgendwohin durch die Luft ... Ich hatte sogar die größte Lust, ihnen etwas zu entdecken ... aber ich beherrschte mich.
»Übrigens, wie kurze Zeit ist es her, daß Sie sich über Katerina Nikolajewna recht feindlich äußerten.«
»Wenn ich irgend etwas Schlechtes gesagt habe«, versetzte ich mit funkelnden Augen, »so war daran die ungeheuerliche Verleumdung schuld, daß sie Andrej Petrowitschs Feindin sei – eine Verleumdung, die sich auch gegen ihn richtete, insofern ihm nachgesagt wurde, er habe sie geliebt, ihr einen Heiratsantrag gemacht und dergleichen Absurditäten mehr. Diese Idee ist ebenso hirnverbrannt wie die andere Verleumdung, sie habe, als ihr Mann noch am Leben gewesen sei, dem Fürsten Sergej Petrowitsch versprochen, ihn zu heiraten, wenn sie Witwe geworden sei, habe aber dann ihr Wort nicht gehalten. Aber ichweiß aus erster Hand,
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