Der Jüngling
Tochter Anna Andrejewna – entschieden ein Mädchen mit festem Charakter. Eine Persönlichkeit von der energischen Art der Äbtissin Mitrofanija – selbstverständlich traue ich ihr keine verbrecherische Handlung zu; das wäre von meiner Seite eine Ungerechtigkeit. Wenn Sie mir jetzt sagen könnten, Arkadij Makarowitsch, daß diese Familie eine zufällige Erscheinung sei, so würde ich mich von Herzen freuen. Aber sollte nicht im Gegenteil die Annahme richtiger sein, daß schon eine große Menge solcher unzweifelhaft altadliger russischer Familien mit unwiderstehlicher Gewalt in die Gattung der zufälligen Familien übergehen und mit ihnen in allgemeiner Unordnung und Verwirrung zusammenfließen? Den Typ dieser zufälligen Familie zeigen zum Teil auch Sie selbst in Ihrem Manuskript. Ja, Arkadij Makarowitsch, Sie sind ein Mitglied einer zufälligen Familie , im Gegensatz zu den noch vor nicht allzu langer Zeit bei uns bestehenden legitimen adligen Typen, die eine von der Ihrigen so verschiedene Kinder- und Knabenzeit gehabt haben.
Ich muß gestehen, ich möchte kein Romanschriftsteller sein, dessen Held zu einer zufälligen Familie gehört.
Das ist eine undankbare Arbeit, und sie ermangelt der schönen Form. Und ferner sind diese Typen jedenfalls etwas noch im Werden Begriffenes und können darum nicht in künstlerisch vollendeter Weise dargestellt werden. Es besteht die Möglichkeit, daß man bedeutende Fehler begeht, dies und das übertreibt, dies und das übersieht. Jedenfalls erwüchse einem die Aufgabe, sehr vieles zu erraten. Aber was soll am Ende ein Schriftsteller tun, der keine Lust hat, nur im historischen Genre zu schreiben, und von Schmerz über die gegenwärtige Entwicklung erfüllt ist? Er muß zu erraten suchen und ... sich irren.
Aber solche ›Aufzeichnungen‹ wie die Ihrigen könnten,glaube ich, als Material für ein künftiges Kunstwerk, für ein künftiges Bild einer unordentlichen, aber bereits vergangenen Periode dienen. Oh, wenn der Zorn des Tages vorbei ist und die Zukunft anbricht, dann wird ein zukünftiger Künstler sogar für die Darstellung der vergangenen Unordnung und Verwirrung schöne Formen finden. Dann, dann wird man solche ›Aufzeichnungen‹ wie die Ihrigen nötig haben, und sie werden ein brauchbares Material liefern – trotz all ihrer Verwirrung und Zufälligkeit, wenn sie nur aufrichtig sind ... Es werden doch wenigstens ein paar richtige Züge darin stecken, so daß man aus ihnen erraten kann, was in der Seele manches Jünglings in der damaligen trüben Zeit verborgen lag – eine Kenntnis, die nicht ganz wertlos ist, denn aus denen, diesen Jünglingen, bilden sich die Generationen ...«
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