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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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in Ordnung bringen. Aber wie ist's? Wird sie ihm einen Korb geben, was meinst du?«
    »Leb wohl, ich habe keine Zeit mehr«, brach Lisa das Gespräch ab, und in dem Blick, mit dem sie mich streifte, sah ich auf einmal einen solchen Haß, daß ich vor Schreck ordentlich aufschrie:
    »Lisa, Liebste, warum bist du mir so böse?«
    »Ich bin dir nicht böse; hör nur auf zu spielen ...«
    »Ach so, wegen des Spiels! Ich werde es aufgeben.«
    »Du sagtest eben: ›wenn man sich glücklich fühlt‹; also bist du sehr glücklich?«
    »Furchtbar glücklich, Lisa, furchtbar glücklich! Mein Gott, es ist schon drei, schon drei durch! ... Leb wohl, Lisa! Sag mal, Lisotschka: darf man denn eine Frau warten lassen? Ist das erlaubt?«
    »Du meinst, bei einem Rendezvous, nicht wahr?« antwortete Lisa, unmerklich lächelnd, aber ihr lächelndes Gesicht hatte etwas Leichenhaftes und zuckte.
    »Gib mir deine Hand, damit sie mir Glück bringt!«
    »Damit sie dir Glück bringt? Meine Hand? Um keinen Preis gebe ich sie dir!«
    Sie entfernte sich schnell. Und die Hauptsache war: sie hatte das in so ernstem Ton gerufen. Ich warf mich in meinen Schlitten.
    Ja, ja, eben dieses »Glück« war damals die Hauptursache, weswegen ich wie ein blinder Maulwurf nichts außer mir selbst begriff und sah!

Viertes Kapitel
     
I
     
    Jetzt fürchte ich mich davor, es auch nur zu erzählen. All das liegt schon weit hinter mir; aber auch jetzt noch erscheint mir alles wie eine Luftspiegelung. Wie konnte eine solche Frau einem so garstigen Jungen, wie ich es damals war, ein Rendezvous geben? So mußte man die Sache doch auf den ersten Blick ansehen! Als ich mich von Lisa getrennt hatte und nun in meinem Schlitten dahinjagte, klopfte mir das Herz gewaltig, und ich dachte geradezu, ich würde den Verstand verlieren: der Gedanke, daß sie selbst mich zu einem Rendezvous eingeladen hatte, erschien mir auf einmal als eine so krasse Absurdität, daß es mir unmöglich war, daran zu glauben. Und dennoch zweifelte ich nicht im geringsten; ja noch mehr: je krasser die Absurdität schien, um so mehr glaubte ich daran.
    Der Umstand, daß es schon drei geschlagen hatte, beunruhigte mich: ›Wenn mir ein Rendezvous angesetzt ist, wie darf ich dann zu spät kommen?‹ dachte ich. Auch dumme Fragen huschten mir durch den Kopf, zum Beispiel die folgende: ›Was ist jetzt für mich vorteilhafter, Kühnheit oder Schüchternheit?‹ Aber all solche Gedanken konnten keinen Bestand haben, weil in meinem Herzen ein wichtigerer Gedanke vorhanden war, über den ich nicht recht ins klare kommen konnte. Am vorhergehenden Tag hatte sie so gesagt: »Morgen um drei Uhr werde ich bei Tatjana Pawlowna sein«, – das war alles gewesen. Aber erstens hatte sie mich auch bei sich, in ihrem Zimmer, immer allein empfangen, und sie konnte mir alles sagen, was sie wollte, ohne sich zu Tatjana Pawlowna zu begeben; also warum hatte sie dann einen andern Ort, bei Tatjana Pawlowna, bestimmt?
    Und noch eine andere Frage: würde Tatjana Pawlowna zu Hause sein oder nicht? Wenn es ein Rendezvous war, so durfte Tatjana Pawlowna natürlich nicht zu Hause sein. Aber wie sollte sie das erreichen ohne vorherige Verabredung mit Tatjana Pawlowna? Also war auch Tatjana Pawlowna in das Geheimnis eingeweiht? Dieser Gedankeschien mir äußerst seltsam und gewissermaßen unkeusch, beinahe sogar roh.
    Und schließlich konnte sie doch auch ganz einfach tags zuvor den Wunsch gehabt haben, Tatjana Pawlowna zu besuchen; das mochte sie mir ohne jede Nebenabsicht mitgeteilt haben; und ich hatte es falsch aufgefaßt. Und sie hatte es in der Tat nur ganz flüchtig, lässig und ruhig gesagt, nach einem sehr langweiligen Zusammensein, denn ich war die ganze Zeit, während ich tags zuvor bei ihr gewesen war, wie wirr im Kopfe gewesen: ich hatte dagesessen, irgend etwas gemurmelt, nicht gewußt, was ich sagen sollte, und war sehr ärgerlich und schrecklich verlegen gewesen; sie aber hatte, wie sich nachher herausstellte, irgendwohin fahren wollen und war sichtlich froh gewesen, als ich endlich aufbrach. Alle diese Überlegungen drängten sich in meinem Kopf. Ich faßte schließlich den Beschluß: ›Ich werde hingehen und klingeln; die Köchin wird öffnen, und ich werde fragen, ob Tatjana Pawlowna zu Hause ist! Ist sie nicht zu Hause, so ist dies ein Rendezvous.‹ Aber ich zweifelte nicht daran, ich zweifelte nicht daran!
    Ich lief die Treppe hinauf, und auf der Treppe, vor der Tür, verschwand all meine Furcht. ›Ach

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