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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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von mir verübten Betrug bekannt und ihr gestanden habe, daß ich zu Anna Andrejewna mit der Absicht gefahren war, ihr einen Antrag zu machen. Im Hinblick auf meinen letzten, bereits gefaßten Entschluß und auf ihre Liebe konnte ich das nicht auf meinem Gewissen behalten und entdeckte es ihr. Sie sagte, daß sie es mir verzeihe, mir alles verzeihe; aber ich glaubte ihr nicht, das war keine wirkliche Verzeihung; ich an ihrer Stelle hätte es nicht verzeihen können.
    Vergessen Sie mich nicht ganz!
    Ihr unglücklicher letzter Fürst Sokolskij .«
    Ich lag volle neun Tage lang bewußtlos.

Dritter Teil

Erstes Kapitel
     
I
     
    Jetzt von etwas ganz anderem.
    Ich kündige immer an: »von etwas anderem, von etwas anderem«, fahre aber dennoch fort, immer nur von mir selbst zu reden. Dabei habe ich schon tausendmal erklärt, daß ich durchaus nicht beabsichtige, mich selbst zu schildern, und ich hatte mir auch, als ich diese Aufzeichnungen begann, fest vorgenommen, das nicht zu tun: ich weiß recht wohl, daß der Leser sich für meine Person überhaupt nicht interessiert. Ich schildere – und das ist mein Wille und meine Absicht – andere Leute und nicht mich selbst, und wenn meine eigene Person doch immer wieder in den Vordergrund tritt, so ist das eben nur ein bedauerlicher Fehler, den ich trotz meines lebhaften Wunsches nicht vermeiden kann. Besonders ärgere ich mich darüber, daß ich durch den Eifer, mit dem ich meine eigenen Erlebnisse schildere, möglicherweise den Glauben erwecke, ich sei jetzt noch derselbe, der ich damals war. Der Leser erinnert sich übrigens, daß ich schon wiederholt ausgerufen habe: »Oh, könnte ich doch alles, was früher geschehen ist, rückgängig machen und alles ganz von neuem anfangen!« Einen solchen Wunsch vermöchte ich nicht auszusprechen, wenn ich nicht eine gründliche Umwandlung durchgemacht hätte und ein ganz anderer Mensch geworden wäre. Das ist ganz klar; und wenn sich jemand nur vorstellen könnte, wie widerwärtig mir all diese Entschuldigungen und Vorreden sind, die ich mich genötigt sehe alle Augenblicke mitten in meine Aufzeichnungen einzuschalten!
    Zur Sache!
    Nach neuntägiger Bewußtlosigkeit erwachte ich damals wie neugeboren, aber gebessert hatte ich mich dadurch nicht; meine Wiedergeburt war übrigens nur recht mangelhaft,wenn man den Ausdruck im weiteren Sinne nimmt, und wenn sie jetzt stattfände, so würde sie vielleicht anders aussehen. Meine Idee, das heißt die in mir vorhandene Gefühlsrichtung, bestand (wie schon tausendmal vorher) nur darin, von ihnen ganz wegzugehen, aber nunmehr unbedingt und nicht so wie früher, wo ich mir diese Aufgabe tausendmal gestellt hatte und sie doch nie hatte lösen können. Rächen wollte ich mich an niemandem – darauf gebe ich mein Ehrenwort –, obgleich ich von allen beleidigt war. Ich beabsichtigte, ohne Groll und ohne Verwünschungen wegzugehen; wonach es mich verlangte, das war eigene Kraft, wirkliche Kraft, die mich von ihnen und von jedermann in der ganzen Welt unabhängig machte; ich meinerseits hatte mich bereits mit allem auf der Welt beinahe ausgesöhnt! Ich schreibe diese meine damalige Träumerei nicht als einen Gedanken nieder, den ich mir zurechtgelegt hätte, sondern als meine damalige Empfindung, der ich nicht widerstehen konnte. Ich wollte diese Empfindung noch nicht formulieren, solange ich noch das Bett hüten mußte. Wie ich da krank und kraftlos in Wersilows Zimmer lag, in das sie mich einquartiert hatten, wurde ich mir mit Schmerz bewußt, in was für einem Zustand von Schwäche ich mich befand: was da auf dem Bette lag, war ein Strohhalm und kein Mensch, und nicht nur infolge der Krankheit – und wie mich das wurmte! Und da, da erhob sich aus der tiefsten Tiefe meines Wesens ein starker Protest dagegen, und ich konnte kaum atmen vor diesem Gefühl grenzenlos gesteigerten Hochmuts und Trotzes. Ich erinnere mich an keine Zeit in meinem ganzen Leben, wo ich von hochmütigeren Gefühlen erfüllt gewesen wäre als in jenen ersten Tagen meiner Wiedergenesung, das heißt, als der Strohhalm auf dem Bett lag.
    Aber vorläufig schwieg ich noch und nahm mir sogar vor, überhaupt keine Überlegungen anzustellen! Ich blickte immer nur in ihre Gesichter und suchte aus ihnen alles zu erraten, was ich wissen mußte. Offenbar wollten auch sie mich nicht ausfragen und keine Neugier zeigen, und sie sprachen mit mir nur von ganz nebensächlichen Dingen. Mir gefiel das, aber gleichzeitig ärgerte es mich; ich

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