Der Jüngstre Tag
Schaden begutachtete. »Meinst du, die Pflanzen könnten von einem Pilz befallen sein?«
Paul hatte schon eine Vorstellung, was passiert sein könnte. Sein Verdacht bestätigte sich, als er ein paar Plastikkanister fand, die neben den Stangenbohnen lagen. »Das Gemüse ist mit Insektiziden besprüht worden«, sagte er grimmig. »Das müssen die Chatfields gewesen sein. Sie haben das Beweismittel hier zurückgelassen, um uns daran zu erinnern, dass sie jederzeit zuschlagen können.«
Den Rest der Woche arbeitete die Gemeinschaft Tag und Nacht, um die ehemaligen Wiesen und Blumengärten innerhalb der Mauern von Haver in Gemüsegärten zu verwandeln und so viele Pflanzen umzusetzen, wie sie aus den Gärten draußen retten konnten.
Ein paar Tage später kam es zu einem noch viel schlimmeren Vorfall: Mitten in der Nacht hallten Schüsse durch den Park. Offenbar waren die Chatfield-Brüder nun bewaffnet. Auch diesmal machten sie keinen Hehl daraus, dass sie im Park waren, um zu unterstreichen, dass sie kommen und gehen konnten, wie es ihnen beliebte. Sie hatten mehrere Rehe geschossen, und die Innereien und das Fell liegen lassen.
»Was soll’s?«, sagte Duncan nervös. »Sie haben nur ein paar Rehe geschossen. Wir haben mehr als genug.«
»Das sind meine Rehe!«, schrie Diana wütend.
Eine Woche später hörten sie am helllichten Tag Schüsse, als sie auf der Farm arbeiteten. Die Angst ging um in der Gemeinschaft. Noch am selben Tag prallte eine Kugel vom Mauerwerk des West Gate ab, wo Bridget mit dem Maschinengewehr Wache hielt.
Alle hatten Angst, erschossen zu werden. Diana beunruhigte die Tatsache mehr, dass noch niemand tatsächlich erschossen worden war. Jasper war ein exzellenter Schütze. Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass er jemanden hätte töten können, wenn er gewollt hätte. Aber er hatte es nicht getan. Das konnte nur bedeuten, dass er vorhatte, wieder die Kontrolle in Haver zu übernehmen, und dass er keinen seiner zukünftigen Sklaven töten wollte.
Darüber sprach sie mit niemandem, nicht einmal mit ihrer eigenen Tochter. Diana war wild entschlossen, an ihrer Macht festzuhalten. Niemandem würde es gelingen, sie zu stürzen. Sie hielt sich für cleverer als die Chatfield-Brüder und gewiss für cleverer als die dummen Verwandten, über die sie in Haver herrschte.
So plötzlich, wie die Vorfälle begonnen hatten, hörten sie auf. Keine Schüsse waren mehr zu hören. Mit der Zeit entspannten sich alle; nur Diana blieb wachsam und sorgte sich umso mehr. Griff Jasper wieder auf seine alte Taktik zurück und wiegte alle in Sicherheit, um dann plötzlich zuzuschlagen?
35
Entgegen Pennys Erwartungen war die Reise von Brisbane nach Gulf Harbour recht angenehm, wenn auch sehr lang. Es wehte nur leichter Wind, und die Archangel segelte viele Stunden durch eine spiegelglatte See, sodass die Jacht kaum schwankte. Wenn Steven und Penny nachts alleine an Deck waren, sprachen sie über ihre Zukunft. Steven überlegte, was für ein Leben sie führen würden, wenn sie in Neuseeland blieben, und welche Probleme auf sie zukommen würden, wenn sie nach Haver zurückkehrten. Trotz seiner Argumente sah es nicht so aus, als würde Penny ihre Meinung ändern. Sie wollte zurück nach England.
Mark war erleichtert, als er die Archangel an der Südküste der Whangaparaoa Peninsula erblickte. Er hatte seinen Sohn schon vor drei Wochen zurückerwartet und war von Tag zu Tag unruhiger geworden. Jetzt schaute er ängstlich durch das Fernglas aufs Deck. Er zählte drei Erwachsene und ein Kind.
»Ich glaube, einer der Dalton-Jungen fehlt«, sagte er schließlich zu Fergus.
»Welcher?«
»Das kann ich von hier aus nicht erkennen.«
»Er schläft bestimmt.«
»Würdest du schlafen, wenn du in einem Land ankommst, in dem du nie zuvor gewesen bist?«, fragte Mark zynisch.
Als Steven mit Penny, Luke und Lee durch den Hafen und den Kanal ruderte, versammelten sich alle Mitglieder der Gemeinschaft, um sie zu begrüßen. Mark stand bei seinen Enkelkindern Zach, Nicole und Audrey. Allison hielt Gina und Holly, Christophers überlebende Enkel, an den Händen. Jessica hatte einen Arm um Fergus geschlungen. Dieser umklammerte Tommys Arm, um zu verhindern, dass der aufgeregte kleine Junge zu seinem Freund Lee rannte.
Nur Jane fehlte. Während seiner kilometerlangen morgendlichen Dauerläufe hatte Mark in jedem Winkel der Halbinsel wiederholt nach Spuren seiner Tochter gesucht. Er gestand es niemandem ein, doch jetzt war auch
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