Der Jüngstre Tag
auf die störungsfreie Funktion der Tiefkühltruhen verlassen konnten, ordnete Diana an, den größten Teil der zuvor eingefrorenen Lebensmittel zu konservieren. Auch hierzu wurde zusätzlich viel Arbeitskraft benötigt. Diana war gezwungen, ständig mit den Arbeitern zu jonglieren. Hätte sie nicht so ein ausgezeichnetes organisatorisches Talent gehabt und die Arbeitsstunden der Gemeinschaft nicht sofort drastisch erhöht, wäre Haver zusammengebrochen.
»Vielleicht kommen die Chatfield-Brüder niemals zurück«, meinte der erschöpfte Duncan im zweiten Monat nach ihrer Flucht. Die Gemeinschaft hatte das Gefühl, in einem Zustand ständiger Belagerung zu leben. Diejenigen, die keinen Wachdienst hatten, saßen im Großen Saal beim Abendessen.
»Warum sollten sie zurückkehren«, zischte Jennifer erbost. »Greg und Damian werden tun, was Jasper sagt. Und er hat das, was er wollte, mitgenommen.«
Paul sah sie verwirrt an, denn er verstand nicht, was sie meinte.
»Die Hure natürlich!«, schrie sie.
»Sprich nicht so über meine Tochter«, warnte Duncan sie.
»Es reicht«, mischte Diana sich ein.
Die Gemeinschaft lebte im Ausnahmezustand. Sie konnten weiterhin Cricket oder Fußball spielen, aber nicht mehr auf den Spielfeldern vor den Mauern von Haver. Jetzt spielten sie auf dem Lawn Court unter den wachsamen Augen der Wachposten, die auf den Brustwehren standen. Sie wagten sich nicht in den Park oder auf die verlassenen Straßen von Sevenoaks. Alle blickten ständig nervös über die Schultern. Immer wieder mussten die Mitglieder der Gemeinschaft zu Übungen antreten. Haver war wieder ein Gefängnis geworden.
Im September und Oktober fielen weitere Arbeitskräfte aus, da die jüngeren Frauen Babys zur Welt brachten. Von den sieben geborenen Babys war nur eines ein Junge. Das einzige Sperma, das Diana nun noch zur Verfügung stand, war das von Duncan. Sie fragte sich nicht nur besorgt, wie fruchtbar sein Sperma war, sondern auch, wie lange er noch leben würde. Wenn Diana mit Theresa allein war, schimpfte sie immer wieder wütend, wie egoistisch es von Mark gewesen sei, Haver so vieler männlicher Gene zu berauben.
Fünf Monate waren seit der Flucht der Chatfield-Brüder vergangen, als Paul Anfang November bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Er hielt oben auf dem West Tower Wache, und es sah so aus, als fehlten mehrere Kühe der Herde im Tal. Diana befahl, im Schutz des Karrens die Weiden zu überprüfen. Die Patrouille kehrte zurück, als im Großen Saal das Mittagessen serviert wurde.
»Es fehlt eindeutig ein halbes Dutzend unserer besten Rinder«, bestätigte Duncan.
Alle am Tisch gerieten in Aufregung. Die meisten hatten angenommen, dass die Chatfield-Brüder weit weggezogen oder gestorben waren. Jetzt wussten sie, dass das nicht der Fall war.
»Das ist ein gutes Zeichen. Versteht ihr das nicht?«, sagte Theresa, die versuchte, die trübe Stimmung zu vertreiben.
»Was ist gut daran, wenn wir die Hälfte unserer Herde verlieren?«, fragte Paul. Er übertrieb zwar, hatte aber nicht ganz unrecht.
»Es bedeutet, dass sie nicht versuchen, Haver zurückzuerobern. Offenbar geben sie sich damit zufrieden, woanders ihre eigene Gemeinschaft aufzubauen.«
»Als würden die sich mit irgendetwas zufriedengeben! Das werden sie niemals tun, bis wir wieder für sie schuften. Denk an meine Worte.«
»Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn sie die Herrschaft über Haver zurückerobern würden«, sagte Bridget seufzend. »Sie werden sich an uns allen rächen, weil Diana ihren Vater umgebracht hat.«
»Sie werden die Kontrolle nicht übernehmen!«, fuhr Diana sie an. Passte sie jetzt nicht auf, wurde sie ganz schnell von der Heldin zum Sündenbock. »Wir sind in der Überzahl, und wir sind bewaffnet, organisiert und diszipliniert. Ihr müsst nur das tun, was ich euch sage.« Wie Nigel früher sprach auch sie mit ihnen, als wären sie ungezogene Kinder. »Ich möchte, dass die Herde auf Wiesen in der Nähe des Hauses weidet. Die Tiere müssen jeden Abend auf den Stable Court getrieben werden.«
»Die Anführerin hat recht«, sagte Theresa, um die Autorität ihrer Mutter zu stärken. »Solange wir ihren Befehlen Folge leisten, wird uns nichts zustoßen.«
In der ersten Dezemberwoche bemerkte Cheryl, dass ein großer Teil des wertvollen Wintergemüses – Lauch, Rüben und Wirsing – einging.
»Ich kann mir das nicht erklären«, sagte sie zu ihrem Vater, als sie mit ihm durch die Gärten schritt und den
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