Der Jüngstre Tag
fuhr fort. »Morgen ziehen wir nach Fisherman’s Cove in der Army Bay und richten uns dort ein.«
»Warum?«
Penny mischte sich ein. »Sieh das ganze doch mal aus Lees Perspektive. Er weiß, dass er für den Tod all der Menschen in Australien und für den der kleinen Zoë verantwortlich ist. Was glaubst du wohl, wie er sich fühlt? Du behandelst ihn mit deinem Absperrband wie einen Aussätzigen.«
»Das ist für alle sicherer.«
Steven griff das Argument seines Vaters auf. »Genau. Und darum ist es für die anderen viel sicherer, wenn wir nach Fisherman’s Cove ziehen. Penny kann sich um Lee kümmern, und ich und Luke beginnen mit den Bauprojekten. Wir halten uns von den anderen fern.«
»Ich möchte, dass Luke in unsere Gruppe kommt.«
Luke öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch Steven war schneller. »Du weißt nicht genau, ob Luke nicht auch die Krankheit in sich trägt. Sicher, es ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Wenn du ihn in deine Gruppe integrieren willst, musst du die ganze Prozedur mit den Kindern noch einmal durchziehen.«
»Ich will nicht in die andere Gruppe integriert werden«, sagte Luke trotzig. »Ich will zurück nach England.«
»Das geht auf gar keinen Fall.«
»Ich brauche Hilfe bei den Bauprojekten«, unterbrach Steven seinen Vater. »Luke wird mein Lehrjunge sein. Er kann vorerst mit uns in Fisherman’s Cove wohnen.«
»Ich denke darüber nach«, sagte Mark, ehe er sich umdrehte und ging.
Als er zur Farm stürmte, beruhigte er sich allmählich wieder. Im Augenblick war jede weitere Diskussion zwecklos. Er redete sich ein, dass Steven seine Meinung ändern würde, sobald er mit den Bauprojekten begann. Vielleicht war es gar keine so schlechte Idee, wenn sie sich in Fisherman’s Cove niederließen. Es war ein wunderschöner Ort. Sie konnten sich ein Haus am sonnigen Strand aussuchen, wo sie nur das Plätschern der Wellen hörten. Mark war sicher, dass es schöner war als alles, was Penny von England kannte. Sie würde ihre Meinung bald ändern. Was auch immer geschah, er würde Luke auf keinen Fall erlauben, nach England zurückzukehren.
Die Gemeinschaft stürzte sich in Arbeit. Fergus trug die Verantwortung für die Lebensmittelproduktion. In den Gärten wurde so viel wie möglich angepflanzt, auf den Feldern Getreide gesät und Korn wurde gemahlen. Nutzvieh, das sie woanders fanden, brachten sie mit zur Farm. Fische wurden geräuchert, getrocknet und gesalzen.
Steven und Luke konzentrierten sich auf die Bauprojekte. Es gab viel zu tun. Sie arbeiteten zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche. Offenbar wurde sofort ein neues »wichtiges« Projekt auf die Liste gesetzt, sobald eins fertiggestellt war.
Mark unternahm weiterhin seine Beutezüge. Er war sich bewusst, dass künftige Generationen wegen der wenigen Arbeitskräfte nur in sehr begrenztem Umfang Neues erschaffen konnten. Gebäude waren zum Teil schon jetzt vollkommen von Pflanzen überwuchert, die das Mauerwerk beschädigten. Innerhalb weniger Jahre würden Häuser einstürzen und wichtige Dinge unter ihren Trümmern begraben. In wenigen Jahrzehnten würde die Natur es bereits schwierig machen, selbst große Städte zu verorten.
Mark suchte Material, Geräte und Werkzeuge, die Steven und Luke für ihre Bauprojekte brauchten. Zudem war er entschlossen, so viele nützliche Dinge zu sammeln, zu reparieren und zu katalogisieren wie möglich. Als seine Sammlung immer größer wurde, baute er weitere Häuser auf dem Rücken des Marina Hill zu Lagerhäusern um. Marks Ehrgeiz grenzte an Besessenheit.
Obwohl Penny ihr Leben mit Lee in der idyllischen Landschaft von Fisherman’s Cove genoss, quälte sie das Heimweh.
»Wann fahren wir nach England?«, fragte sie Steven am ersten Weihnachtstag.
Seit ihrer Rückkehr nach Gulf Harbour waren drei Monate verstrichen. Weihnachten mit Steven, Luke und Lee am Strand in der Sonne zu sitzen und zu grillen, war für Penny befremdlich. Sie vermisste den Tannenbaum, den Schnee und das Feuer, an dem sie sich wärmen konnte. Sie vermisste ihre Familie.
»Jetzt können wir wohl kaum aufbrechen, nicht wahr?«, scherzte Steven. Er zwinkerte Luke zu und tat so, als würde er ihre Frage auf die leichte Schulter nehmen. »Schau mal, wie dick du geworden bist!«
Penny war mittlerweile im sechsten Monat.
»Du bist genauso schlimm wie dein Vater. Du weichst meiner Frage aus.«
Natürlich hatte sie recht. »Ich habe meinem Vater versprochen, dass ich ihn und den Rest der
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