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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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das Wort ab. »Hättest du mich sofort angerufen, hätte ich in den Zug einsteigen und ihn zurückhalten können. Oder? Oder ich hätte jemanden angerufen. Die Polizei gefragt. Irgendwas.«
    Er wusste nicht, was er antworten sollte. Daran hatte er nicht gedacht. Er hatte bis zur letzten Minute warten wollen, bis er etwas sagte. Warum? War er feige? Wollte er Bertil für immer los sein? Warum? Weil der Kerl ein Schwein war? War er selbst auch ein Schwein?
    »Ich hab versucht ihn zurückzuhalten«, sagte Johnny.
    Elisabeth stand auf und verließ rasch das Zimmer. Er hörte den Wasserhahn in der Küche laufen. Es war ein hohles Geräusch. Er hatte die Dichtung ausgetauscht. Elisabeth war ins Bad gegangen, als sie in die Wohnung kamen. Ihre Augen waren rot und blank gewesen, als sie wieder herauskam.
    Er hörte sie im Flur.
    »Himmel, Johnny«, sagte sie hinter seinem Rücken.
    »Was soll ich tun?« Sie ging durchs Zimmer und setzte sich wieder. »Ich kann doch vor Lennart nicht so tun, als ob nichts wäre. Jemand anders könnte ihn ja auch gesehen haben. Lennart könnte es … hintenrum erfahren oder wie man es ausdrücken soll. Es könnte in der Zeitung stehen.«
    »Wir reden gemeinsam mit ihm darüber«, sagte er, »mit Lennart. Du und ich und … Lennart.« Er versuchte ihren Blick einzufangen, aber ihre Augen waren im Schatten.
    »Schließlich hab ich ihn getroffen.«
    »Herr im Himmel, ich ziehe dich wirklich in Probleme hinein!«
    Er antwortete nicht, er hätte antworten sollen: Ich hab mich selbst reinmanövriert.
    »Das ist schon … okay«, sagte er schließlich.
    »Bist du an so was gewöhnt?«
    »Nicht auf diese Art.«
    »Auf welche Art denn?«
    »Tja … es ist sonst nicht persönlich. Wenn ich mich mit jemandem im Café unterhalte.«
    »Aber jetzt ist es persönlich?«
    Ist es das?, dachte er.
    »Wie ist es denn für dich, Elisabeth?«
    »Du beantwortest eine Frage mit einer neuen Frage.«
    Der Wind hatte sich gelegt. Er war nur vorbeigezogen. Das Licht hielt wieder still. Es näherten sich die frühen Morgenstunden, in denen sich draußen nicht viel bewegte. Es würde noch ein Weilchen dauern, ehe die Milchwagen zu fahren anfingen. Die Traktoren. Die Taxen. Das Land würde zu neuem Leben erwachen. Die Stadt würde zu neuem Leben erwachen. Die verkaterten Markthändler würden ihre Planen öffnen, in einigen Stunden begann der Markttag, und der Pferdehandel würde in der Dämmerung beginnen. Für jene, die nicht gewieft genug waren, war es ein brutales Geschäft. Aber selbst wenn man es beherrschte, war es brutal.
    Die Dunkelheit dort draußen enthielt jetzt einen grauen Spritzer Dämmerung. Wenn er das Fenster öffnete, würde es anders riechen.
    »Bald beginnt der Markttag«, sagte er. »Musst du nicht ein wenig schlafen, Elisabeth?«
    »Du hast schon wieder eine Frage gestellt.«
    »Das ist doch noch gar nichts gegen all die anderen Fragen, die in dieser Wohnung gestellt werden«, antwortete er, »vor allem von Lennart.«
    »Ja, ich brauche Schlaf«, sagte sie. »Oder Ruhe. In den letzten vierundzwanzig Stunden ist allerhand passiert.«
    Draußen zischte ein Moped vorbei, vielleicht eine Svalan oder eine Prior, jedenfalls war es ein Sachsmotor in miesestem Zustand. Johnny dachte an den jungen Zurückgebliebenen, Mats, mit seiner glänzenden Rex. Das Moped draußen wurde runtergeschaltet und dann wieder rauf und wieder runter, zwei Gänge, und das war alles, was man brauchte. Es verschwand in der Ferne, surrend wie ein Insekt, das schließlich doch noch einen Ausweg gefunden hatte.
    »Ich hab gestern einen Jungen mit einem Moped getroffen«, sagte er. »Er war ein wenig zurückgeblieben.«
    »Woher weißt du das?«
    »Irgendwas war komisch mit ihm«, sagte er. »Aber das war es nicht … oder doch … ich weiß nicht, ich muss immer wieder an ihn denken.«
    »Warum? Was ist passiert?«
    »Nichts.« Johnny versuchte ein Bein zu strecken, das eingeschlafen war. »Es war nur so ein Gefühl. Dass etwas … das war kein Zufall. Als ich wegfuhr, hab ich es gefühlt.« Er beugte sich wieder über sein Bein. »Dass es etwas zu bedeuten hat.«
    »Für wen?«, fragte sie. »Für dich? Oder für ihn?«
    »Das weiß ich nicht.« Jetzt streckte Johnny das andere Bein aus. Es war auch eingeschlafen. »Vielleicht für beide.«
    Er lächelte, wusste aber nicht, ob sie es sah. »Ich hab ihm das Radio und den Plattenspieler gezeigt.« Er spürte, wie in sein Bein langsam wieder Gefühl zurückkehrte, ein prickelndes

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