Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
gesehen.«
    »Ich hab sie auch kaum gesehen.« Er strich sich über die Stirn. Hinter seinem linken Auge begann es zu klopfen, nur die schwache Wahrnehmung eines Schmerzes, der kommen könnte. »Was ist eigentlich passiert?« Er suchte ihren Blick über dem Tisch. »An jenem Abend.«
    »Warum willst du das wissen?«, fragte sie.
    »Nur so.« Er rieb sich über den Augenbrauen.
    Sie stand plötzlich auf.
    »Ich glaube, ich habe Lennart rufen hören«, sagte sie.
    Er hatte nichts gehört.
    »Ich geh mal nachsehen«, sagte sie.
    »Er kommt sicher raus, wenn was ist«, entgegnete Johnny. »Er kann doch schon gehen.«
    »Ich schau lieber nach.«
    Rasch verließ sie die Küche. Er erhob sich, ging zum Fenster und beugte sich hinaus. Es war immer noch ein Sommerabend, obgleich es schon nach Mitternacht war. Er nahm Düfte in der Nachtluft wahr, die bald in den Herbstwinden verschwinden würden.
    Es ist das letzte Wochenende der Saison. Er holte tief Luft. Montag wird es windig sein.
    Die Schatten überzogen den Duett mit schwarzen und weißen Streifen. Wäre er in einem Zoo geparkt, könnte man ihn für ein Zebra halten, wenn das Licht schlecht genug war.
    Er dachte daran, dass dies das einzige richtige Zuhause war, in dem er sich in den letzten drei oder vier Jahren aufgehalten hatte. Sein eigenes war kein richtiges Zuhause. Sjögrens Vertreterzimmer erst recht nicht. Bodils Motel war dann schon eher so etwas wie ein Heim. Der Duett auch. Und die Wohnwagen damals während seiner Jahrmarktzeit auch. Und die Wohnungen der Frauen. Aber viel hatte er davon nicht gesehen, er war meistens am frühen Morgen gegangen und fast nie zurückgekehrt.
    Er spürte die Kühle der Nacht im Gesicht. Draußen war er mehr zu Hause als irgendwo anders. Was ist das für ein Leben, dachte er und drehte sich um. Aber Elisabeth war noch nicht zurückgekommen, obwohl er ihre Schritte irgendwo gehört hatte. Er wandte sich wieder der Nacht der Kleinstadt zu. Soll ich in die Hauptstadt fahren? Dort gibt es einen Ort, wo ich möglicherweise hingehöre, dort, wo ein verdammtes Telefon steht, das niemand abnimmt. Vielleicht ist es auch kein Zuhause mehr, nur ein Aufbewahrungsort. Für Seved. Vielleicht ist er wie ich. Er ist nicht da, er ist immer woanders. Wenn es ihn noch gibt. Vielleicht gibt es ihn gar nicht mehr. Vielleicht bin ich ganz allein.
    Jetzt hörte er wieder Schritte und drehte sich um. Elisabeth war wieder da.
    »Er schläft wie ein Stein«, sagte sie. »Wahrscheinlich hab ich von draußen was gehört.«
    »Da draußen ist alles tot«, sagte er. »Die Leute sind vermutlich immer noch auf dem Jahrmarkt.«
    »Möchtest du … einen Spaziergang machen?«, fragte sie.
    »Nur einen kurzen.«
    »Und Lennart?«
    »Ich hab ihm einen Zettel geschrieben für den Fall, dass er wach wird.« Sie nickte in die Nacht hinaus. »Wir gehen nur einmal um den Block.«
     
    Der Block bestand aus acht Mietshäusern. Alle Fenster waren dunkel, außer einem im dritten Stock. Jemand dort drinnen hatte leise ein Radio laufen, die Musik senkte sich auf sie herab, als sie vorbeigingen, es war Elvis, und Johnny hörte den Text, oder er bildete sich ein, ihn zu hören, da er ihn kannte. Er nahm Elisabeths Duft neben sich wahr, aber sie gingen nicht so nah nebeneinander her, dass sie sich berührten. Sie roch nach Vanille, vielleicht Vanilleherzen, dieser Duft verschwand nicht über Nacht.
    Es gab Düfte und Gerüche, die folgten einem durchs Leben. Plötzlich dachte er an den Geruch in Sjögrens Vertreterzimmer, der ihn immer an etwas erinnerte, woran er nicht erinnert werden wollte.
    Er spürte Elisabeths nackten Oberarm an seinem, nur eine halbe Sekunde lang. Sie waren wieder vor der Haustür.
    »Ich hol eben die Dichtung«, sagte er und überquerte die Straße. Elisabeth folgte ihm.
    »Wie findest du da drinnen überhaupt etwas wieder?«, fragte sie.
    »Das ist doch mein Zuhause«, sagte er.
    »Da liegen deine Platten.« Sie nickte zu einem Karton, der rechts stand.
    »Einige von ihnen.«
    »Können wir nicht was spielen?«
    »Jetzt?« Er sah sich um. »Hier?«
    »Ich hab doch keinen Schallplattenspieler.«
    »Aber die Leute schlafen.«
    »Wir brauchen ja nicht so laut zu stellen.«
    »Alles in Ordnung, Elisabeth?«
    Sie hatte diesen besonderen Glanz in dem einen Auge.
    »Es ist der letzte Sommerabend«, sagte sie. »Morgen soll es kühler werden.«
    »Was möchtest du hören?«
    »Musst du mich das überhaupt fragen?«
    »Es gibt viel Auswahl.« Er ging um das

Weitere Kostenlose Bücher