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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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hatte eine Leiter dabei, die er gegen die Wand hinter sich lehnte.
    Der Duett war schon nach dem dritten Versuch angesprungen. Er hatte nicht aussteigen und die Kühlerhaube öffnen müssen. In seinem Kopf war Leere, nachdem die Schmerzen nachgelassen hatten. Der Dorn, der hinter seinem rechten Ohr gesessen hatte, war weg. Der Regen fegte über die Schotterstraße. Auf der Fahrbahn hatten sich Kuhlen gebildet. Der Duett rumpelte durch die Pfützen, und er musste an die Kinder denken, die er heute Morgen vom Fenster aus gesehen hatte.
    Er war mit Seved durch Pfützen gestampft. Das war eine frühe Erinnerung, kein Traum. Es war eine der ersten Erinnerungen. Mama hatte ihn an der Hand gehalten, aber Seved wollte nicht an der Hand gehen. War er drei Jahre alt gewesen? Er muss mindestens drei gewesen sein. Seved war mindestens sechs. Die erste Erinnerung war diese Wasserpfütze. Das erste Mal, das erste Bild, das er dreißig Jahre später sah, wie einen Film oder ein Foto.
    Die Kopfschmerzen kehrten zurück. Er war jetzt niedergeschlagener als beim Aufwachen, wie üblich, wenn er getrunken hatte. Daran musste er immer denken, wenn die Schmerzen wie eine hämmernde Kupferschmiede in seinem Schädel zu wüten anfingen. Warum trinkst du? Warum bist du traurig?
    Papa war auch traurig gewesen. Nachdem Mama fort war, hatten die Behörden beschlossen, dass Papa nicht mehr Papa sein durfte wie früher. Und dann verschwand er. Papa war immer traurig gewesen, und Mama hatte ihm geholfen, es zu verbergen. Als er dann allein war, kam die Traurigkeit zurück und er versteckte sie nicht mehr.
     
    Auf der geraden Strecke kurz vor der Stadtgrenze begann der Duett zu stottern. Weil die Benzinanzeige nicht funktionierte und er morgens nicht ganz bei sich gewesen war, hatte er vergessen, es zu kontrollieren, und er hatte den Verdacht, dass der Benzintank leer war.
    Da vorn lag die Esso-Tankstelle. Es war eine kleine Stadt, aber groß genug, dass es an allen drei Ausfahrten Tankstellen gab.
    Am Hügel lagen ein Motel und ein Café. Er ging hinüber, während der Tankwart das Auto auftankte und die Scheiben putzte.
    Die Frau, die im Café an der Kasse saß, das gleichzeitig die Rezeption des Hotels war, arbeitete schon lange hier. Sie hieß Bodil Fyhr und war ungefähr zwanzig Jahre älter als Johnny, schätzte er. Ihr Café gab es fast schon genauso lange wie die Tankstelle. Die vier Hotelzimmer befanden sich in einem Anbau neben dem Lokal, der letztes Jahr gebaut worden war. Auf dem Parkplatz standen zwei Autos. Johnny hatte eine dunkelhaarige Frau in rotem Kleid die Tür zu einem der Zimmer hinter sich schließen sehen, das zweite von links. Sie hatte ihm einen Blick zugeworfen, als sie das Zimmer betrat, einen sehr kurzen Blick. Ihr Gesicht kannte er nicht. Er war beim Duett stehen geblieben und meinte, die Gardine im Fenster des Zimmers, das sie betreten hatte, habe sich ein wenig bewegt.
    Bodil saß auf ihrem Stuhl, den Blick auf die Tür gerichtet, als ob er erwartet würde. Sie strickte an etwas Rotem.
    »Da bist du ja, Johnny.«
    Er winkte ihr zu.
    »Ist schon wieder ein Monat vergangen?«
    Sie drehte sich um, als wollte sie einen Blick auf einen Kalender werfen, der hinter ihr an der Wand hätte hängen können.
    »Mehr als ein Monat«, sagte er.
    »Die Zeit vergeht, das ist mal sicher.«
    Er stand an der anderen Seite des Tresens. Sie legte ihr Strickzeug hin.
    »Der Kaffee ist frisch aufgebrüht.«
    »Danke, den kann ich jetzt brauchen.«
    »Setz dich schon mal, ich komm gleich mit dem Kaffee. Möchtest du etwas dazu?«
    Er musterte das Gebäck hinter dem Glastresen. Es gab keine große Auswahl. Alles sah trocken aus, wie mit Sand überpudert.
    »Ich nehm das da.« Er zeigte auf die Korinthenplätzchen.
    »Die sind von gestern«, sagte sie.
    »Aber von diesem Jahr?«
    »Willst du, dass ich dich zum Kaffee einlade, oder willst du selber bezahlen?«
    »Wenn du keinen Spaß verstehst, muss ich wohl selber zahlen«, antwortete er.
    Sie nahm eine Zange und legte drei Plätzchen auf einen Teller.
    »Du siehst ziemlich verlottert aus«, sagte sie.
    »Es ist ein langer Tag gewesen.«
    »Wohl eher eine lange Nacht, Johnny.«
    Sie stand auf, um in die Küche zu gehen und den Kaffee zu holen.
    »Was meinst du damit?«, fragte er.
    Sie drehte sich wieder zu ihm um, ohne ihn jedoch anzusehen.
    »Ach, nichts.«
    »Was weißt du von heute Nacht, Bodil?«
    Sie nickte zur offenen Tür und weiter in Richtung Tankstelle und darüber

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