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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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hinaus.
    »Heute Vormittag waren zwei Gestalten hier, die haben dich gestern beim Tanz im Lunden gesehen.«
    »Das haben sie dir erzählt?«
    »Ja.«
    »Kannten die mich?«
    »Auf jeden Fall haben sie dich erkannt. Jukebox-Johnny, wie sie dich nannten.«
    »Wer war das?«
    »Irgend so ein paar Typen.«
    »Was haben sie noch erzählt?«
    Sie antwortete nicht. Jetzt sah sie ihn an. In ihrem Blick war kein Vorwurf. Sie wirkte müde, plötzlich müde, als wäre eine Erinnerung aufgetaucht, die schwer zu ertragen war. Aber vielleicht war es auch nur das Licht hier drinnen, eine elektrische Lichtquelle, die dem Gesicht Schatten und Linien an den falschen Stellen verlieh.
    »Dann ist man also bekannt«, sagte er.
    »Du reist nun schon seit mehreren Jahren in der Gegend herum, Johnny. Du kommst und gehst, da erkennen dich die Leute natürlich. Selbst wenn du nicht alle kennst, sie kennen dich.«
    »Scheint so.«
    »Sei vorsichtig«, sagte sie und wiederholte es noch einmal. »Sei vorsichtig.«
    Plötzlich hallte es in ihm wider, als ob ihre Worte genau in diesem Augenblick, als er dort stand, ein flüsterndes Echo fänden, sei vorsichtig, Johnny, sei vorsichtig, Johnny, und er hörte noch eine andere Stimme, die nicht ihre war.
    Hinter ihm kam jemand zur Tür herein. Er drehte sich um, es war ein Mann, den er noch nie gesehen hatte. Der Mann trug ein Jackett und einen grauen Filzhut, der nicht in den Sommer passte, nicht einmal in einen unbeständigen wie diesen.
    Er nickte ihnen wortlos zu und betrat den Caféraum.
    »Einer meiner beiden Gäste«, sagte Bodil, als der Mann hinter den Milchglasscheiben verschwunden war. Er war nur noch ein schwacher Schatten durch das milchweiße Glas.
    »Wir sind halb belegt.« Bodil lächelte Johnny an. »Das heißt halb leer.«
    »Oder halb voll«, sagte er und lächelte zurück. »So kannst du es auch sehen.« Der Schatten hinter den Fenstern bewegte sich. Er hatte noch nie überlegt, wie die Leute dort drinnen aussahen, wenn man hier stand. Von hier aus konnte Bodil nur die Schatten sehen. »Aber besser, es wäre voll besetzt«, fuhr er fort. »Es ist ja noch Urlaubszeit.«
    »Hier nicht«, antwortete sie. »Bis hierher kommt der Urlaub nicht.«
    »Dann müsst ihr wohl einen Supermarkt aus dem Hotel machen«, sagte er.
    »Was hat das mit Urlaub zu tun?«
    »Der wird dann das Ausflugsziel der Städter.«
    Bodil schaute zum Caféraum und der Gestalt dort drinnen, ohne zu antworten.
    »Ich muss ihn bedienen.« Sie drehte sich um, ohne jedoch zu gehen, als führte sie nur ein paar unsichere gymnastische Bewegungen aus.
    »Ich … passe auf«, sagte er und befingerte eines der Korinthenplätzchen. Eine verbrannte Rosine hatte sich gelöst und lag wie eine tote Fliege auf dem Teller. »Das weißt du.«
    »Ich weiß.«
    »Gestern war eine Ausnahme, im Lunden .«
    »Das ist gut, Johnny.«
    »Du weißt es.«
    »Ich weiß, Johnny, ich weiß. Was machst du übrigens heute Abend? Übernachtest du im Motel?«
    Ihre Frage erinnerte ihn daran, dass er ein Geschenk kaufen musste.
     
    Bei Eisen-Milton begann das Personal zusammenzupacken. Er war der letzte Kunde. Wenn er den Laden verließ, würden sich die Jalousien vor den großen Schaufenstern senken, in denen jetzt Tischlerwerkzeug, Campingausrüstung und Jagdkappen ausgelegt waren. Ein Geschenk. Auf dem Weg von der Esso-Tankstelle hierher hatte er sich für eins entschieden. Er kannte die Leute bei Milton und wusste, dass er Kredit bekommen würde. Auch diesmal klappte es. Als er wieder draußen stand, merkte er, dass der Kasten leichter war, als er geglaubt hatte. Er war leicht unterm Arm zu tragen.
    Der Wind in den Straßen hatte sich gelegt. Es war ein verhangener Abend. Johnny hörte, wie der Verkäufer hinter ihm die schwere Tür abschloss.
    Der Kasten war lang, passte aber auf den Rücksitz, ohne dass er eine Rücklehne hinunterklappen musste.
    Er überquerte die Straße und kaufte eine Flasche Vichywasser im Konsum. Es schmeckte salzig, als er davon trank. Auf dem Rückweg zum Duett zündete er sich eine Zigarette an.
    Er fuhr über die Bahngleise, umrundete die neue Anpflanzung und hielt vorm Wirtshaus. Die Würstchenbude daneben war schon erleuchtet, und das Licht verstärkte den Eindruck von Abend. Da waren Schatten, die es um diese Tageszeit noch nicht geben durfte.
    Die Wurlitzer in der Wirtshausbar war stumm. Es war eine 1600 AF, seine älteste Box. Nicht seine erste, aber seine älteste. Dies Modell war dreiundfünfzig gebaut worden,

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