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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Laken dufteten immer noch frisch gelüftet und gemangelt. Er schlug die Decke zurück und richtete sich im Bett auf. Licht sickerte seitlich des Rollos herein, aber auch durch den dünnen Stoff, und dadurch wirkte es wie ein Sternenhimmel.
    Er hörte Regen gegen die Scheiben klopfen und stand auf, um das Fenster zu schließen.
    Dort unten sah er eine leere Straße und seinen Duett unter einer Zwillingstanne. Der Duett starrte mit finsteren Lampen zu ihm herauf. Ein Tanklaster der Molkerei fuhr vorbei und spritzte Wasser und Schotter auf den asphaltierten Gehweg. Die Straße war noch eine Schotterpiste, als ob der Etat der Kommune ausgeschöpft gewesen wäre, nachdem die Gehwege asphaltiert waren.
    Er kratzte sich an den Bartstoppeln am Kinn, was ein lautes Geräusch in seinen Ohren verursachte. Unwillkürlich drehte er sich um, um zu sehen, ob er jemanden geweckt hatte. Dann kehrte er zur Couch zurück und legte sich wieder hin.
    Irgendwo im Haus wurde die Toilettenspülung betätigt, das Wasser schien durch alle Wände der alten Bude zu zirkulieren, bevor es in irgendeinem Abfluss da draußen verschwand.
    Er schloss die Augen, wusste jedoch, dass er an diesem Morgen nicht noch einmal einschlafen würde. Dennoch fühlte er sich erstaunlich ausgeruht, als ob diese Couch eine Kraft enthielt, die den Körper nach nur wenigen Stunden Schlaf stärkte. Vielleicht war es auch das duftende Bettzeug oder die Stickerei unter seinem Kinn. Der Buchstabe E, mit viel Sorgfalt gestickt. Das hatte sicher lange gedauert.
    »Johnny?«
    Eine schwache Stimme, leiser noch als ein Flüstern.
    Er hob den Kopf.
    »Mir schien, du bist auf«, sagte sie immer noch leise. Sie trug einen Morgenmantel, der im Morgenlicht ganz farblos wirkte.
    »Ich kann nicht mehr schlafen«, sagte er. »Aber daran ist nicht das Sofa schuld.«
    »Ich kann auch nicht schlafen«, sagte sie.
    Er streckte sich nach seinem Unterhemd.
    Sie hörten beide Lennarts Stimme durch den Flur, rasch aneinander gereihte unverständliche Worte.
    »Er hat angefangen, im Traum zu sprechen«, sagte sie.
    »Vielleicht tut er nur so. Vielleicht will er nur, dass wir den Mund halten und wieder ins Bett gehen.« Johnny richtete sich auf. »Aber dafür ist es jetzt wohl zu spät.«
    »Dich hat doch nicht die Straßenkehrmaschine geweckt, oder?«
    »Nein, nein.«
    Er zog seine Hose an. Er hatte in Unterhosen geschlafen.
    Elisabeth wollte den Raum verlassen.
    »Ich habe den Buchstaben bewundert, den deine Großmutter in das Laken gestickt hat«, sagte er zu ihrem Rücken, sie blieb stehen und drehte sich um. »Was für ein schönes Muster das ist. Einfach und … fein.«
    »Ja«, antwortete Elisabeth und schaute zum Sofa. Sie schien plötzlich eine Idee zu haben, in ihrem Auge blitzte es auf, anders als sonst. »Wenn sie noch eine Ziffer hinzugefügt hätte, dann wäre etwas Besonderes daraus geworden, nicht wahr?«
    »Dafür hatte sie wohl keinen Sinn«, antwortete er.
    »Wie zum Beispiel … E7«, sagte Elisabeth, »zum Beispiel E7.«
    »Sprichst du jetzt von der Box in Lisas Café ?«
    »Zum Beispiel.«
    » In Dreams «, sagte er. »Roy Orbison.«
    Sie machte wieder einen Schritt auf die Tür zu. Einen Augenblick kam es ihm so vor, als gehe sie wie im Schlaf, als spreche sie im Schlaf.
    »Ich kann uns was zu trinken machen«, sagte sie jetzt, und in der Stimme war nichts Schläfriges mehr. »Hast du Lust auf Schokolade?«
    »Schokolade?«
    »Kakao, heiße Schokolade.«
    »So was habe ich schon lange nicht mehr getrunken«, antwortete er.

8
    Elisabeth öffnete das Küchenfenster einen Spalt. Johnny hörte einen Zug, ein schwaches Geräusch, das sich entfernte. Elisabeth holte die Milchflasche und das Kakaopäckchen hervor. Auf dem Tisch stand eine Zuckerschale. Sie goss Milch in eine Kasserolle und zündete die Gasflamme an. Als sie sich über den Herd beugte, fiel ihr eine Locke in die Stirn. Plötzlich musste er denken, dass sie wie eine Mutter aussah. Und dann, dass er ihr Sohn sein könnte. Der Gedanke kam ihm sehr merkwürdig vor.
    »Misch dir den Kakao selber«, sagte sie und reichte ihm eine Tasse, die die Farbe von frischem Eigelb hatte.
    »Ich weiß nicht, wie man das macht«, sagte er.
    »Hat dir deine Mutter das nie gezeigt?«
    »Nein.«
    »Entschuldige.« Sie suchte seine Augen. »Das war wirklich dumm von mir.«
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Elisabeth.«
    »Ich hatte es vergessen«, sagte sie.
    »Pass auf, dass die Milch nicht überkocht.« Er nickte zum Herd.

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